Süßer die Glocken (German Edition)
Victorias Spur nach, die ihr Fahrzeug im Schnee hinterlassen hatte.
Nicks Herz wummerte wild gegen seinen Brustkorb. Was, wenn sie ihn zurückwies? Wie sollte er Victoria dann noch ins Gesicht sehen können? Nick wollte so lange wie möglich auf der Wetterstationarbeiten und würde ihr noch viele Male begegnen. Der Job wurde gut bezahlt und nach Hause trieb ihn auch nichts. Ihm gefielen die arktische Tundra, die Eisberge und das raue Klima. Sogar an die ewige Nacht hatte er sich gewöhnt. Er träumte davon, Victoria zu fragen, ob sie fest mit ihm zusammen sein wollte. Als seine Freundin.
Der Kuss von eben ging ihm nicht aus dem Kopf. Bisher hatte er gedacht, sie könne eine Lesbe sein, aber so leidenschaftlich küsste nur eine Frau, die auf Männer stand. Obwohl der Gedanke, sie wäre homosexuell, nicht abwegig war. Nick hatte mit Alan und Greg das beste Beispiel täglich vor Augen. Er selbst war der einzige »freie« Mann in Victorias Nähe – und ohne eingebildet zu sein: Er fand sich nicht hässlich – und sie ergriff die Gelegenheit nicht beim Schopf? Er hatte ihr in den letzten Wochen immer wieder unterschwellige Signale gegeben. Zu mehr hatte er sich nicht getraut, was ihn beinahe zur Verzweiflung getrieben hatte, zumal sie ihn nur scheu angelächelt hatte. Früher hatte er schließlich auch nichts anbrennen lassen.
Früher … Er war nicht nur älter, sondern endlich mal weiser geworden. Nikolaj sehnte sich nach einer festen Beziehung und irgendwann wollte er auch Kinder haben.
Grinsend dachte er an Victoria. Ihre Kinder würden wie putzige Kobolde aussehen, mit Stupsnasen und Kulleraugen, da war er sich gewiss.
Nein, er machte jetzt keinen Rückzieher! Er würde nachsehen, ob sie gut zu Hause angekommen war und vielleicht bat sie ihn ja herein. Er könnte ein wenig verfroren tun – da müsste er nicht einmal spielen. Alles andere würde sich ergeben. Nick hoffte auf eine Gelegenheit, Victoria endlich besser kennenzulernen. Dabei meinte er nicht nur ihren Körper. Außerdem konnte er sich nichts Schöneres vorstellen, als mit ihr Weihnachten zu feiern.
Nikolaj gab mehr Gas, obwohl er vor Dunkelheit und Schneetreiben kaum die Hand vor Augen sah. Die Kälte kroch unter seine Mütze, in die Handschuhe und sogar unter seinen Parka. Heute war es besonders kalt.
Er wischte sich die Schneeflocken von der Brille, um Victorias Spur besser zu erkennen. Plötzlich entdeckte er ihr gelbes Gefährt vor sich im Licht der Scheinwerfer und bremste abrupt ab. Neben ihrem Schneemobil kam er schlitternd zum Stehen. Von Victoria fehlte jede Spur.
»Shit«, murmelte Nick unter seinem Gesichtsschutz und stieg ab. Dann versuchte er das andere Fahrzeug zu starten. Es ging nicht an.
Jetzt bekam er es wirklich mit der Angst zu tun. »Victoria!«, schrie er gegen das Schneetreiben an und versuchte, ihre Fußspuren im Licht zu erkennen. Sie waren kaum noch zu sehen. Daneben erkannte er andere Spuren, die eines Tieres. Oh Gott, was war, wenn ein Wolf sie angefallen hatte?
Verdammt, verdammt, verdammt
, dachte Nick, während er durch den Schnee stapfte. Er würde sich noch verirren, wenn er nicht aufpasste. Wenigstens hatte er sich sein Satellitentelefon eingesteckt.
Er stieg wieder auf sein Fahrzeug und fuhr grob in die Richtung, in die sie gelaufen war. Es begann immer heftiger zu schneien und er hatte kaum noch Hoffnung, sie zu finden, als plötzlich direkt vor ihm ein Rentier auftauchte.
Nicks Herz blieb von dem Schock beinahe stehen und er konnte gerade noch ausweichen. Erleichtert stieß er die Luft aus, als er Victoria neben dem riesigen Tier bemerkte, das viel größer war als sie.
»Du bist vom Kurs abgekommen«, war das Erste, das er zu ihr sagte, als er abstieg.
Himmel, eine blödere Begrüßung ist dir nicht eingefallen
, ärgerte er sich. Er war jedoch so froh sie zu sehen, dass er sie am liebsten in seine Arme gerissen hätte.
Victoria zog sich die Maske vom Gesicht. »Klaus hat mich angerufen, gerade als ich von der Station losgefahren bin. Dancer ist mal wieder ausgebrochen.« Sie tätschelten dem Rentier den Hals. Es war ein besonders schönes Geschöpf mit einem fast weißen Fell, das dicht und lang war.
»Du willst dich wie immer vor der Arbeit drücken, stimmt’s?«, sagte sie zu dem Ren, das an ihrem Rucksack herumkaute. Liebevoll drückte sie es an der Schnauze von sich. »Ach so, du wolltest mich abholen, weil mein Schneemobil liegen geblieben ist?« Sie lachte. »Du drehst es dir auch immer so
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