Süßer Mond - Süßer Mond - Dark Guardian - 01 Moonlight
einem Busch.
»Was hast du …« Etwas landete in meinem Gesicht. Ich zog es weg. Es war seine Hose. »Lucas?«
»Alles klar. Ich werde mich jetzt verwandeln. Als Wolf bin ich trittsicherer. Du kletterst auf meinen Rücken, dann kommen wir besser voran.«
»Du bist kein Pferd.«
»Vertrau mir. Nur so gelangen wir dorthin, wo wir in Sicherheit sind.«
Ich konnte ihn nicht deutlich sehen. »Ich vertrau dir zwar, aber …«
Der Wolf trat hinter dem Busch hervor.
»Mit dieser Show könnten wir in Las Vegas auftreten«, murmelte ich.
Er knurrte leise, und es klang fast wie ein Kichern. Konnten Wölfe lachen?
Er stupste meinen Oberschenkel.
»Ich glaube, ich kann das nicht.«
Er leckte meine Hand.
»Na schön. Wenn dir so viel daran liegt.« Ich schlang mir die Hose um die Taille und verknotete die Hosenbeine. Dann setzte ich mich rittlings auf Lucas’ Rücken und grub meine Finger in sein Fell, um mich festzuhalten. Ich streckte die Beine zurück und legte die Füße auf seinen Rücken, damit sie nicht über den Boden schleiften. Ich klammerte mich an ihm fest, als er sich in Bewegung setzte. Er war so kraftvoll. Ich fragte mich, ob ich ebenso kräftig sein würde. Trainierte er ständig, oder war seine Konstitution genetisch bedingt? Er hatte so einen heißen Kör-
Ich gebot meinen Phantasien Einhalt, da mir einfiel, dass er in seiner jetzigen Daseinsform meine Gedanken lesen konnte. Ich versuchte, an belanglose Dinge zu denken. Seine Fähigkeit war ein Eingriff in meine Privatsphäre, und wir würden Regeln aufstellen müssen, aber bis es so weit war, räumte ich in Gedanken meinen Schuhschrank auf. Meine Mom war verrückt nach Schuhen, weshalb ich über mehr als fünfzig Paare sinnieren konnte, während Lucas über das unebene Terrain und durch enge Schluchten kraxelte. Irgendwann blieb er stehen und schüttelte sich ein wenig. Ich kletterte von seinem Rücken. Er trottete hinter einen Busch.
»Wirf mir die Hose rüber«, sagte er und richtete sich auf, sodass Kopf und Schultern sichtbar wurden.
»Du machst das wirklich schnell.« Ich warf ihm die Hose zu.
»Das wirst du auch, wenn du dich daran gewöhnt hast und die Tricks kennst.«
Erstens würde ich mich niemals daran gewöhnen. Zweitens war ich ganz und gar nicht überzeugt, dass mir ein Fell wachsen würde. Drittens hatte ich keine Lust, irgendwelche Tricks zu lernen.
Lucas kam hinter dem Busch hervor. »Schuhe? Hast du wirklich so viele Schuhe?«
Ich lachte befangen. »Kannst du das abschalten? In meinen Kopf zu schauen?«
»Es gibt die Möglichkeit, Gedanken stumm zu schalten. Ich werde es dir beibringen.«
»Gut. Denn es ist nicht fair, wenn du alles weißt, was ich denke, während du deine Gedanken vor mir abschirmst.«
»Es gibt nichts, was du nicht wissen dürftest.« Er nahm meine Hand. »Es ist nicht mehr weit.«
Wir gingen ein Stück bergab und bogen nach rechts ab. In einiger Entfernung hörte ich Wasser rauschen.
Plötzlich stolperte ich über irgendetwas und verlor das Gleichgewicht.
Lucas fing mich auf, bevor ich zu Boden stürzte. Wie konnte er sich so schnell bewegen? Wenn er Recht hatte, was meine Zukunft anging, würde ich dann auch so gute Reflexe haben? Wollte ich sie haben?
»Wir sind schon fast da«, sagte er, während er mir half, wieder Tritt zu fassen.
»Was meinst du mit ›da‹?«
»Ein Versteck.«
Wenn ich an ein Versteck dachte, kam mir ein kleiner, dunkler Schlupfwinkel in den Sinn. Ein Ort, an dem man sich zitternd verkroch. Ich freute mich nicht darauf. Besonders da ich dicht an dicht neben Lucas hocken würde. Ich fragte mich, ob ich meinem Verlangen widerstehen könnte.
Wir traten aus dem Wald auf eine kleine Lichtung. Der Mond tauchte uns in silbriges Licht. Das rauschende Wasser, das ich gehört hatte, war ein Wasserfall, der von einem Felsabhang herunterstürzte. Lucas ließ meine Hand los. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass ich mich alleingelassen fühlte. Fast hätte ich nach seiner Hand gegriffen. Nicht weil ich Angst hatte, sondern weil ich die Verbindung zwischen uns nicht aufheben wollte.
»Wow, das ist atemberaubend.« Für einen Moment hatte ich vergessen, dass wir von Dr. Evil und seiner Truppe verfolgt
wurden. »Ich habe nicht geahnt, dass es so etwas Wunderschönes hier in der Gegend geben könnte.«
»Wir haben viele ähnliche Plätze in diesem Wald.«
»›Wir‹? Du sagst das, als ob euch der Wald gehört.«
»Offiziell ist es ein Staatsforst, aber es stimmt, er gehört
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