Süßer Mond - Süßer Mond - Dark Guardian - 01 Moonlight
was du heute erfahren hast.«
Was du nicht sagst! Ich schüttelte den Kopf, dann nickte ich. Ich war immer noch völlig durcheinander. Mein Gehirn funktionierte nicht richtig. »Was meintest du, als du gefragt hast, ob ich überleben wollte?«
Sanft strichen seine Fingerspitzen über meine Wange. Seine Haut war rau und schwielig. Ich mochte nicht daran denken, dass seine Finger manchmal auch Krallen hatten, die mein Gesicht zerfetzen konnten. »Die erste Wandlung ist schmerzhaft wie eine Geburt. Eigentlich ist das nicht verwunderlich. Die Verwandlung ist wie die Geburt des inneren Wolfs. Deshalb brauchst du deinen Gefährten, der dich leitet.«
»Meinen Gefährten?« Meinte er das ernst?
»Fühlst du es nicht?«, fragte er. »Die Anziehungskraft zwischen uns beiden?«
Redete er von dieser Sache, die mich in helle Panik versetzte?
Ich trat einen Schritt von ihm weg. »Ich will das nicht!« Ich durchschritt den schmalen Zwischenraum zwischen den Bäumen. »Ich habe nicht darum gebeten!« Ich blieb abrupt stehen. »Und woher kommt es? Wurde ich irgendwann gebissen?«
»Es ist genetisch, genau wie Keane vermutet hat.«
»Du willst also sagen, dass ich die Fähigkeit mich zu verwandeln geerbt habe? Von meinen Eltern? Dass auch sie …«,
ich geriet ins Stocken und hielt inne, um die Tragweite des Sachverhalts zu erfassen. »Dass sie Wölfe waren?«
Er sah mich nur an.
»Das ist verrückt! Das hätten sie mir gesagt.« In einem Erinnerungsblitz sah ich Wölfe vor mir. Ich ignorierte es. »Und du irrst dich. Ich bin nicht eine von euch.«
Er zuckte die breiten Schultern. »Dann bist du es eben nicht. Aber du solltest besser in meiner Nähe bleiben - nur für den Fall, dass ich doch Recht habe. Außerdem wird Dr. Evil ahnen, dass du mir geholfen hast zu entkommen, und ich glaube, er ist sehr nachtragend.«
Ich runzelte die Stirn. »Woher weißt du, dass ich ihn so nenne?« Ich wich zurück. »Oh, mein Gott! Kannst du etwa Gedanken lesen?«, fragte ich zornig und vorwurfsvoll. Er machte sich nicht die Mühe, es abzustreiten. Wusste er alles, was ich dachte?
»Nur in meiner Wolfgestalt«, sagte er. Er nahm die Taschenlampe, schaltete sie aus und gab sie mir zurück. »Wir sollten besser nicht rumposaunen, wohin wir laufen.«
Er nahm meine Hand und zog mich tiefer in den Wald. Ich wollte nicht mitgehen, aber er hatte Recht. Leider. Ich musste bei ihm bleiben, bis ich eine andere Alternative gefunden hatte.
Meine Augen gewöhnten sich an die mondbeschienene Landschaft. Ich blieb Lucas so dicht auf den Fersen, dass ich praktisch in seine Fußstapfen trat. Er hielt meine Hand mit festem Griff. Er war so groß und breitschultrig, und seine Finger umschlossen meine Hand so kräftig, dass ich mich fragte, ob er von Natur aus so war oder ob er sich erst nach
seiner ersten Verwandlung in einen Wolf so entwickelt hatte. Von Natur aus war wohl das falsche Wort, dachte ich. Andererseits war die Verwandlung für ihn etwas Natürliches. Sich nicht zu verwandeln war in seinen Augen sonderbar.
Er war eine verdrehte, kranke Welt, in die ich plötzlich geraten war.
Ich hatte Unmengen von Fragen, aber da wir so leise wie möglich sein wollten, bis wir unseren Bestimmungsort, wo auch immer er sein mochte, erreicht hatten, behielt ich all meine Fragen für mich. Außerdem lief er so schnell, dass ich Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. Ich hatte gedacht, ich sei recht gut in Form, aber ich keuchte wie ein Hund, der hinter fliegenden Frisbeescheiben herjagt. Hund, Wolf - ich musste damit aufhören, ständig an Tiere zu denken.
Mir blieb nicht viel Zeit, einen Weg zu ersinnen, meine Verwandlung in ein wildes Tier zu verhindern - wenn ich mich tatsächlich verwandeln sollte, was ich immer noch bezweifelte. Würde man es nicht tief im Inneren wissen, wenn man etwas vom Wolf in sich hätte? Es schien so unbegreiflich. Aber wenn es bald passieren würde, gab es doch sicher einen Weg, es zu verhindern. Wenn ich dagegen ankämpfte - mein Geist würde über die Materie siegen. Oder in diesem Fall der Geist über den Wolf. Ich wollte es einfach nicht akzeptieren.
Denn wenn ich es akzeptierte, musste ich dann auch Lucas als meinen Gefährten akzeptieren? Sollte ich in dieser Beziehung nicht eine Wahl haben?
Er hatte mich gefragt, ob ich die Anziehungskraft zwischen uns spüren würde. Ich konnte nicht leugnen, dass dies der Fall war. Und dass es mich in Panik versetzte.
Es war nicht wie eine Schwärmerei - als würde man einen
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