Sueßer Schmerz
»Das ist großartig. Dagegen fühle ich mich ganz unbedeutend. Du wirst Ärztin. Das erfordert einen besonderen Charakter.«
Kelly spürte den starken Drang davonzulaufen. Seine Worte erinnerten sie an ihr eigentliches Ziel. Ihre Karriere stand über ihrem Sexleben. Sie durfte sich nicht von ihrem Ziel ablenken lassen. Dieser Mann war leicht dazu in der Lage. Aus der Spur zu geraten und wie ihre Mutter zu werden war das Letzte, was Kelly wollte.
»Ich muss los.« Sie schob die Decken zur Seite, suchte nach ihren Kleidern und bemühte sich nicht daran zu denken, dass sie völlig nackt war. Leider befand sich alles, was sie oberhalb der Taille getragen hatte, in der Küche.
»Was?«, fragte er und klang erschrocken. »Was ist mit dem Frühstück?«
Sie schüttelte den Kopf, fand sein Hemd und zog es sich über den Kopf. »Ich muss los«, sagte sie noch einmal.
Er fasste ihr Handgelenk und zog sie zu sich. »Ich möchte dich kennenlernen, Kelly.«
Sie wollte ihn auch gern kennenlernen, aber was, wenn sie sich und ihre Ziele dabei verlor? In den seltensten Fällen war die Realität so schön wie die Fantasie. Und das hier
war
eine Fantasie. »Ich kann das nicht. Es war ein Fehler, herzukommen.«
Er starrte sie eine ganze Weile an, dann ließ er die Hände aufs Bett sinken. Er sagte kein Wort mehr. Stattdessen stand er auf und ging zum Kleiderschrank.
Aus dem Augenwinkel sah sie, dass er sich anzog, während sie dasselbe tat. Bevor sie sich wieder zusammenreißen konnte, ging er aus dem Zimmer und ließ sie allein mit der Frage, weshalb sie das gesagt hatte. Wäre sie doch nur anders mit der Situation umgegangen.
Sie sank auf die Bettkante und kämpfte mit den Tränen. Mit einem Fremden zu schlafen, egal wie wundervoll er sein mochte, passte nicht zu ihr. Ein solches Verhalten hatte ihr immer Angst gemacht. Sie wollte nicht wie ihre Mutter werden, eine Frau, die sich in jeden Mann verliebte, mit dem sie schlief.
Sie holte tief Luft. Aber sie war nicht wie ihre Mutter. Mark war ein netter Kerl. Sie holte noch einmal tief Luft. Es ängstigte sie, welche Gefühle Mark in ihr weckte. Dass sie bei einem One-Night-Stand etwas anderes als nur körperliche Anziehung empfand, war verrückt.
Spontan hatte das Gefühl, dass sie Mark wirklich mögen könnte, in ihr einen Fluchtreflex ausgelöst. Jetzt saß sie hier und war sich nicht mehr so sicher, ob sie richtig gehandelt hatte.
Vielleicht sollte sie es sich noch einmal überlegen und ihm sagen, dass sie gern bleiben würde.
Mark bat den Portier, Kellys Wagen vorzufahren, und legte den Telefonhörer auf. Er konnte kaum glauben, dass er sich so zum Affen gemacht hatte. Wie hatte er sich einreden können, dass sowohl Kellys als auch seine Gefühle deutlich über einen One-Night-Stand hinausgingen?
Offensichtlich dachte Kelly ganz anders darüber.
Noch nie war er derjenige gewesen, der aus seinen Verabredungen etwas Ernstes werden ließ. Nicht, weil er eine Abneigung dagegen gehabt hätte. Es hatte ihn einfach noch keine Frau wirklich berührt. Diese Frau allerdings schon, doch sie hatte ihn knallhart abblitzen lassen.
Erst kürzlich hatte er darüber nachgedacht, wie es wäre, eine eigene Familie zu haben. Vielleicht war er jetzt so weit. Möglicherweise hatten sich seine Gefühle dadurch verändert, dass er ein bisschen unter Heimweh litt und sich allein fühlte. Aber irgendwie schien es mehr als das zu sein. Es hatte Zeiten in seinem Leben gegeben, in denen er sich nach mehr gesehnt hatte und dennoch niemandem begegnet war.
Diese Frau, Kelly, hatte ihn auf einzigartige Weise berührt. Ja, wie eigentlich? Er fuhr sich durch die Haare und ging zum Kamin. Dort legte er eine Hand auf das Sims und ließ den Kopf hängen.
Alles was er wusste, war, dass sie bislang unbekannte Gefühle in ihm geweckt hatte.
Er vernahm ein leises Geräusch, Kelly räusperte sich. Er drehte sich um und sah sie an. Sie stand im Flur und wirkte verwirrt und ein bisschen nervös.
Und sie sah verdammt schön aus. Nachdem sie sich letzte Nacht so wild geliebt hatten … falsch … nachdem sie letzte Nacht so wilden
Sex
gehabt hatten, fielen ihr die langen blonden Haare wirr ins Gesicht. Ihre großen Augen leuchteten. Aber er würde nie die Geheimnisse ergründen, die sich dahinter verbargen.
Weil sie das nicht wollte.
Der Gedanke schmerzte. Und er machte ihn wütend. Auf sich. Und auf sie. »Dein Wagen steht unten bereit. Ich habe angerufen und ihn vorfahren lassen.«
Einen kurzen
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