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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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einzuführen, oder soll das Forschungsprojekt dazu dienen, genau dies zu verhindern?«
    »Den Gedanken, wir würden ein Forschungsprojekt ins Leben rufen, dessen Ergebnisse in irgend einer Weise vorherbestimmt sind, muß ich weit von mir weisen. Trotzdem, ich verstehe, worauf Sie mit Ihrer Frage hinauswollen.
    Schließlich haben Sie schon in einigen Komitees mitgewirkt.«
    »In sehr vielen«, sagte Kate, als Rektorin Norton nicht weitersprach. »Und ich will nicht bestreiten, daß in vielen ernsthaft geforscht wurde, aber doch waren bei den meisten die Ergebnisse mehr oder weniger vorprogrammiert. Natürlich nicht immer, denn so ganz steuerbar sind die Menschen, dem Himmel sei Dank, doch nicht. Aber all meine Erfahrungen haben mich ernüchtert, vielleicht sogar zynisch gemacht. Und deshalb meine Vermutung: Entweder wollen Sie feministische Studiengänge einführen und brauchen als Rechtfertigung das Forschungsprojekt, oder Sie haben sich dagegen entschieden und benutzen das Forschungsprojekt als Vorwand, um sagen zu können, Ihre Entscheidung sei das Ergebnis der sorgfältigen Untersuchungen vieler hervorragender und qualifizierter Leute. Wenn ich raten darf – ich würde auf letzteres tippen.«
    »Wie ich sehe, kommen Sie gern gleich zur Sache, kein Reden um den heißen Brei, keine Vorwände.«
    »Unsinn«, sagte Kate. »Ich kann genauso um den Brei reden wie jeder andere, wenn es meinen Zielen dient. In diesem Fall komme ich direkt zum Punkt, weil ich, wie man so schön sagt, kein Eigeninteresse habe. Ob Sie feministische Studiengänge einrichten oder nicht, ist mir höchst gleichgültig, denn was an Ihrem College geschient, liegt mir nicht besonders am Herzen. Wollen wir jetzt zu unserem weit problematischeren Punkt, nämlich Patrice Umphelby, übergehen?
    Wenn wir darüber gesprochen haben, kommen Sie möglicherweise zu dem Schluß, daß Sie mich gar nicht in Ihrem Forschungsprojekt haben wollen.«

    31

    »Das«, sagte Rektorin Norton traurig, »halte ich für sehr unwahrscheinlich.
    Und, wenn ich mich einmal so direkt ausdrücken darf wie Sie«, fügte sie mit der ersten Spur Humor hinzu, die Kate an ihr entdecken konnte. »Ich will Sie nicht hier haben, aber ich brauche Sie. Irgend jemand muß der Sache auf den Grund gehen, und Sie scheinen die Geeignete zu sein – die einzige. Ich kann allerdings nicht behaupten, daß mich das Ganze mit kindlicher Vorfreude erfüllt.«
    »Nun«, sagte Kate. »Ich bin froh, daß alles gesagt ist.«
    »Wenn ich richtig verstehe, kannten Sie Patrice Umphelby nicht?«
    »Wir sind uns einmal auf einem Flughafen begegnet und haben über Gott gesprochen. Und diese Begegnung hat in gewisser Weise die Bedeutung einer Synekdoche und Metonymie gewonnen und die ganze Kraft des Paradigmatischen.«
    »Soll das irgend etwas bedeuten, und wenn ja, was?«
    »Bedeutung ist heutzutage nicht mehr angesagt. Wir eifern den Franzosen nach und streben nach Theorien, um größeren Eindruck zu schinden. Ich war ziemlich gut, finden Sie nicht? Aber alle paradigmatische Bedeutung einmal beiseite – ich habe Patrice Umphelby nicht gekannt und sie mich genauso wenig. Von ihren beiden Biographen weiß ich jedoch einiges über sie.«
    »Ja, die beiden scheinen Sie zu bewundern.«
    »Wissen Sie«, Kate wurde plötzlich milder als bisher, »Sie müssen mich nicht bewundern, um meine Hilfe zu bekommen. Sie brauchen mich nicht einmal zu mögen. Aber Sie müssen mir vertrauen, bis zu einem gewissen Grad jedenfalls.
    Glauben Sie, daß Sie das können? Wenn nicht, kann ich Ihnen von keinerlei Nutzen sein und werde mich, ohne jedes bittere Wort, verabschieden und Sie Ihrem Forschungsprojekt überlassen und all den Umphelby-Gespenstern, die hier herumschwirren.«
    Rektorin Norton erhob sich und begann, nervös auf und ab zu gehen. Ihre Maske von Gelassenheit schien plötzlich zu fallen. Wäre ich Juristin, dachte Kate, hätte ich mir auch eine Maske zugelegt. Und sie – als Juristin und Rektorin – wird ohne wohl einfach nicht auskommen. Im Augenblick stand ihr jedoch schlicht die Furcht davor im Gesicht, etwas enthüllen zu müssen, das möglicherweise für sie und ihr College despektierlich war. Kate wartete schweigend. Wenn die Frau sprechen wollte, mußte sie es tun, wenn sie soweit war.
    »Es ist wirklich seltsam«, sagte Rektorin Norton. »Ich habe mir eingeredet, daß Sie in dem Forschungsprojekt weiter keinen Schaden anrichten könnten. Ob ich Sie dann wirklich in der Umphelby-Geschichte zu Rate ziehen

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