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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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all ihre Argumente parat und in der richtigen Reihenfolge. Kate kannte sie schon im voraus, mußte deren Überzeugungskraft aber trotzdem bewundern. Die Argumente der Gegenseite ließen leider jede Schlagkraft vermissen. Den Grund dafür vermutete Kate darin, daß es den bestellten Befürwortern feministischer Studiengänge entweder an Interesse oder an Kenntnissen fehlte. Nicht zum ersten Mal wunderte sie sich über die Bereitwilligkeit, mit der Akademiker das hehre Ziel wissenschaftlicher Objektivität fahren ließen, wenn ihre eigenen, tiefverwurzelten Überzeugungen auf dem Spiel standen. Die Altphilologin vom vergangenen Abend war zugegen, und ihre Verdammung feministischer Studiengänge, mit scharfer, nüchterner Stimme vorgetragen, war wahrhaft verheerend. Für die Gegenseite sprach ein Dekan, der jedem Argument gegenüber völlig gleichgültig blieb, jedoch durch alle Vorschläge, die sich auf die Neuimmatrikulationen auswirken könnten, in höchste Aufregung versetzt wurde. Außerdem gab es noch eine ältere Professorin für Psychologie, die völlig unsicher war, was ihren eigenen Standpunkt betraf, und beinahe offen zugegeben hätte, daß Professor Geddes ihr Verhaltensinstruktionen gegeben hatte. Kate sagte nichts, nahm sich aber vor, bis zur nächsten Sitzung genauer über das Thema informiert zu sein. Patrice, sagte Kate zu sich, wärst du hier dabei gewesen? Was wird dein Tod für dieses Frauencollege bedeuten? Und zum ersten Mal wurde Kate klar, daß sie jenes nächtliche Hinausschwimmen in den See, die mit Steinen gefüllten Taschen, ernsthaft anzweifelte.
    Die Forschungsgruppe war zu einem Lunch im Studentenheim geladen, aber Kate verzichtete darauf, um ihre Sachen zu packen und sich auf den Weg zu machen. Sie hatte Archer versprochen, den Zwei-Uhr-Flug zu nehmen. Als sie mit 54

    ihrem Koffer die Treppe hinunterkam und auf die Tür zuging, rief die Empfangsdame ihr zu, Professor Geddes sei am Telefon. Kate sprach vom Empfangstresen aus mit ihm.
    »Tut mir leid, daß Sie uns so schnell schon wieder verlassen«, sagte er. »Ich hatte gehofft, Sie zum Lunch zu mir nach Hause locken zu können. Wir wohnen in einem der hübschen Fakultätshauser am See. Patrice war oft bei uns. Können Sie wirklich keinen späteren Flug nehmen? Wenn es schon wärmer wäre, könnten Sie sich sogar mit einem Bad erfrischen.«
    »Im See?«
    »Himmel, nein! Niemand schwimmt im See. In unserem Swimmingpool. Aber da muß man leider bis zum Frühling warten.«
    »Bis dahin wird die Forschungsgruppe ja bestimmt noch tagen.«
    »Gut. Ich nehme es als Versprechen«, sagte er. Kate legte auf, verabschiedete sich von der Frau am Empfang und ging hinaus zum Taxi, das sie gerufen hatte.
    »Sie bleiben nicht zum Lunch?« fragte die Altphilologin, die auf ihrem Weg zum Speisesaal an Kate vorbeirauschte. »Statt über Antigone könnten wir uns darüber unterhalten, was wir wirklich von den Griechen wissen«, fügte sie in einem Ton hinzu, den sie zweifellos für reizend hielt.
    »Das werden wir bei nächster Gelegenheit nachholen«, sagte Kate, nicht ganz ohne Ernst. Allmählich hatte sie das Gefühl, als gäbe es an diesem hübschen ländlichen College noch eine Menge zu klären. Bis jetzt, dachte Kate, habe ich noch niemanden hier getroffen, der glücklich ist, zumindest keine Frau. Professor Fiorelli ist glücklich, weil er so beschränkt ist, und auch Professor Geddes wirkt nicht unglücklich. Selbst Bertie scheint sich ganz wohl zu fühlen – abgesehen davon, daß er Patrice vermißt. Aber alle Frauen, die ich getroffen habe, von der Rektorin abwärts, wirken verdrossen oder verstört. Was spricht eigentlich noch für Frauencolleges? Und während der Wagen sich vom Campus entfernte und Kate dem Callahan Tunnel näherbrachte, nahm sie sich vor, bei ihrem nächsten Besuch hier ein viel längeres Gespräch mit Madeline Huntley zu führen.

    55

Sieben
    Nur wenige Frauen, fürchte ich, konnten sich mit so viel Grund wie ich sagen, daß es der mittleren Jahre zuliebe wert war, die langen, traurigen Jugendjahre zu durchleben.

    George Eliot

    Als Kate aus dem Flugzeug stieg, wartete Reed auf sie, und nicht Archer. Bei seinem Anblick machte ihr Herz einen Sprung – ja, dachte sie, es war nicht einfach ein abgenutztes Klischee, ihre Herz war wirklich gehüpft, zuerst aus Freude, ihn so unerwartet zu sehen, ihn nach der Trennung wiederzuhaben, und dann aus Angst, irgend etwas könne nicht stimmen. Aber er stand ja vor ihr – was sollte

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