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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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ausfindig machen, der mich in all die Finessen einweiht. Du bist also wirklich qualifizierter, Strafrecht zu lehren als ich, Vorlesungen über englische Romane oder das 19. Jahrhundert zu halten, wo ich weder aktiv mitgewirkt noch praktische Erfahrungen habe: ein ernüchternder Gedanke. Reed, ich freue mich.«
    Er drückte ihre Hand, danach bog Kate nach rechts und fuhr auf die Triborough Brücke. Während sie in der Schlange warteten, um die Brückengebühr zu zahlen, lachte Kate in sich hinein. »Als Bettlektüre fürs Clare hatte ich mir einen Roman von Stevie Smith mitgenommen«, sagte sie, »darin stieß ich auf eine wundervolle Passage. Die Hauptfigur liest zufällig in der Zeitung über einen Scheidungsprozeß, bei dem keine Scheidung ausgesprochen wurde. Die Zeitung berichtet, der Richter habe gesagt, er habe zwar volles Verständnis für die Klägerin, aber die Unfähigkeit, ein Gespräch zu beginnen oder aufrechtzuerhalten, sei kein ausreichender Grund für eine Scheidung. Welch ein Glück! Nach allem, was ich von anderen höre, gäbe es sonst verdammt wenig Ehen. Unsere, gottlob, gehört dazu.«
    »Fahr rechts ran, laß mich ans Steuer und erzähl mir alles über das Collegeleben in Neuengland.«
    »Das kann ich auch beim Fahren«, sagte Kate. »Das Collegeleben in Neuengland deprimiert mich. Zum Beispiel gibt es da eine Altphilologin, die Patrice den letzten Lebensnerv geraubt haben muß. Nicht, daß sie auf ihre Art nicht tüchtig wäre; und in einer anderen Zeit wäre sie vielleicht sogar eine recht annehmbare Kollegin gewesen. Es ist so, wie Virginia Woolfs Mrs. Dalloway über Miss Kilman sagt: ›Wären die Würfel anders gefallen, das Schwarze zuoberst und nicht das Weiße, hätte sie Miss Kilman geliebt! Aber nicht auf dieser Welt.
    Nein!‹«
    »Dir ist klar, daß ich keine Ahnung habe, wovon du sprichst, oder? Aber wir sind sowieso gleich zu Hause. Wirst du Archer sofort anrufen müssen?«

    59

    »Archer glaubt bestimmt«, sagte Kate, während sie an einer Ampel hielt, »der Verkehr wäre viel schlimmer gewesen. Wir hätten Stunden brauchen können.«
    Später, als Reed zu seiner Sitzung gegangen war, trafen sich Kate und Archer zum Dinner. Herbert, der Arme, hatte einen Abendkurs zu halten, aber Kate spürte seine Anwesenheit, obwohl sie, eingedenk Veronicas, froh war, nicht über seine Hosen nachdenken zu müssen. Archer war wie immer: makellos von Kopf bis Fuß.
    Der Kopf sah allerdings besorgt aus.
    »Wir sind auf neue Dinge gestoßen«, sagte er düster. »Einen weiteren Teil des Tagebuchs; aber noch etwas hat sich ergeben, etwas, das uns große Sorgen macht.
    Die Tochter hat mich besucht. Sie würde Sie übrigens gern kennenlernen. Wußten Sie eigentlich, daß Sie zu der Sorte Menschen gehören, von denen die Leute sagen:
    ›Die würde ich gern kennenlernen‹.«
    »Nein, wußte ich nicht«, sagte Kate. »Aber weit besser, ein Mensch wie Sie zu sein, den die Leute kennenlernen und sagen: ›Mit ihm wäre ich gern befreundet, am liebsten für immer.‹ Veronica sagt, sie wäre in Sie verliebt gewesen.«
    »Veronica ist ein heikler Punkt.«
    »In Ordnung, bleiben Sie Gentleman, und wahren Sie Diskretion. Ich werde mich wie eine Dame benehmen und nicht in Sie dringen. Wie dem auch sei, Veronica ist jedenfalls davon überzeugt, daß Patrice sich nicht das Leben genommen hat. Die Frage ist nur: Wie objektiv ist Veronica?«
    »Die Frage ist weit komplizierter. Veronica hat allen Ernstes einmal einen Prozeß gegen Patrice geführt, in dem sie ihre Mitautorenschaft an einem von Patrices Büchern einklagte. Früher oder später wären wir ohnehin darauf gestoßen, aber es erstaunt mich, daß sie mir nie davon erzählt hat. Das Ganze liegt allerdings lange zurück. Damals kannte ich Veronica noch nicht. Und von solchen Dingen spricht man wohl auch nicht unbedingt, wenn man einen lockeren Abend miteinander verbringt.«
    »Was warf sie Patrice denn vor?« fragte Kate.
    »Sie behauptete, sie hätte Patrice bei einem ihrer Bücher geholfen und sogar Teile davon geschrieben. Sie wollte als Co-Autorin genannt und an den Einkünften beteiligt werden.«
    »Und all das haben Sie aus dem neuen Tagebuchteil?«
    »Nein. Merkwürdigerweise weiß ich das von Patrices Tochter, die es eher beiläufig erwähnte, als wir über Veronica sprachen. Die Sache endete mit einem Vergleich. Die Tochter erinnerte sich, daß Patrice damals sagte, was Veronica ihr in Wirklichkeit vorwerfe, sei mangelnde Zuneigung.«
    »Mir

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