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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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mir nur deshalb die Frage nach Gott gestellt, weil sie wissen wollte, ob sie allein dastand mit ihrer schrecklichen Ungläubigkeit gegenüber dem Heiligtum Vergangenheit. Durchaus denkbar, daß sie meinte, nur jemand, der an Gott glaubt, könne der Zukunft oder sogar dem Tod mit Hoffnung, mit Freude entgegensehen. Auf dem verdammten Flughafen damals hätte sie mich einfach fragen sollen, ob ich nostalgisch bin.
    Reed kam am Abend mit zwei Flaschen französischem Champagner und einer Dose russischem Kaviar nach Hause. »Grund zu feiern«, verkündete er. »Im nächsten Jahr wirst du mit einem Professor für Strafrecht an der Columbia Universität verheiratet sein. Ich bin gespannt, was sich seit meinen Tagen an Harvards juristischer Fakultät verändert hat. Ich stelle die Flaschen in den Kühlschrank, damit sie richtig kalt werden, und dann werden wir den Kaviar löffeln und gründlich ausschweifen.«
    »Jedenfalls gibt es heute mehr Studentinnen dort als damals«, sagte Kate.
    »Das ist immerhin ein Segen. Und wenn der flüchtige erste Eindruck, den ich heute von den Studenten bekam, nicht trügt, so kommen die Männer heute wenigstens nicht mehr mit Anzug und Weste zu den Vorlesungen. Sie tragen nicht einmal mehr Hemd und Schlips. Wenn sie nach dem Studium bei Debevoise & Plimpton einsteigen und auf einen Schlag eine vollkommen neue Garderobe brauchen, muß das ein schrecklicher Schock für sie sein. Kate, stimmt irgend etwas nicht? Eine der vielen wunderbaren Eigenschaften sowohl von Champagner wie 79

    auch Kaviar ist, daß sie sich ungeöffnet lange halten. Ist dir nach dem Gegenteil von Feiern?«
    »Doch, mir ist nach Feiern… wie nie zuvor. Ich bin froh, daß deine Midlife-Krise so gut ausgegangen ist. Ich habe mir schon Sorgen gemacht, besonders, weil es Patrices bedurfte, bis du darüber reden konntest.«
    »Und du brütest über Patrice, unsere große Spezialistin in Sachen Krise der Lebensmitte?«
    »Nein, brüten nicht gerade, Reed. Ich stelle mir Fragen. Wie wenig wir voneinander wissen, das habe ich schon so oft gesagt, ohne daß mir richtig bewußt geworden wäre, wie sehr das stimmt. Wie reagierte sie auf den gewaltsamen Tod ihres Mannes? Ich weiß es nicht. Mir ist noch nicht einmal in den Sinn gekommen, ihre Tochter Sarah danach zu fragen, die ich heute besucht habe: aber das ist eine andere Geschichte. Und dann dieser Prozeß. Ich meine, man liest ständig von Leuten, die behaupten, ihnen seien ihre Ideen gestohlen worden. Archer belehrte mich, daß es eine regelrechte Fallsammlung hierzu gibt. Und wie soll man all die heftigen Gefühle am Clare ihr gegenüber verstehen? Starke Menschen lösen starke Gefühle aus. Trotzdem ist es erstaunlich, daß jemand, der, wenn auch unter dramatischen Umständen, in einem See ertrunken ist, nach so langer Zeit die Gemüter noch so beschäftigt. Nachdem Archer und Herbert sie mir wieder ins Gedächtnis gerufen hatten, erinnerte ich mich zwar sehr lebhaft an sie, aber bis zu dem Zeitpunkt hatte ich nie mehr an sie gedacht. Verstehst du?«
    »Das würde ich nicht behaupten«, sagte Reed. »Und ich bin mir auch nicht sicher, ob du es verstehst. Da liegt das Problem, nicht wahr? Meinst du, Champagner könnte helfen?«
    »Schaden kann er auch nicht, oder? Reed, ich freue mich, daß du Professor wirst. Welche eigenartigen und wundersamen Wege das Leben geht.«
    »Was für Patrices Leben ganz gewiß auch zutrifft«, rief Reed ihr über die Schulter zu, während er in die Küche verschwand, um den Champagner zu holen.
    Auf eine Art, von der sie wußte, daß sie ihre Schwägerin in einen hysterischen Anfall versetzen würde – nicht, daß es dazu viel bedurft hätte –, begann Kate, den Kaviar zu löffeln, köstlich, keine Frage, aber wer aß Kaviar schon pur? »Eines geht mir nicht aus dem Kopf«, sagte sie, während sie sich mit ihrem Champagner zurücklehnte, »Patrices Gefühl, frei zu sein zum Segeln.«
    »Zum Segeln?« fragte Reed. »Ist sie etwa beim Segeln ertrunken?«
    »Entschuldige«, sagte Kate. »Hab Geduld, mein Kopf wird allmählich klarer.
    Es geht um ein Motto von Isak Dinesen, das Patrice gefiel: ›Es ist notwendig zu segeln, zu leben ist nicht notwendig‹. Stammt von irgendeinem Römer, jedenfalls ist das Original in Latein.«
    »Weißt du, was mir immer die größten Sorgen bereitet?« sagte Reed. »Wenn dein Kopf klar wird.«
    Kate grinste ihn an. »Sarah erwähnte, daß Patrice gern Geheimnisse für sich 80

    behielt, ein Merkmal ihrer

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