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Sueßer Tod

Sueßer Tod

Titel: Sueßer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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daß ihre Lungen mit Seewasser gefüllt waren. Das heißt sie ertrank im See. Jemand, der bewußtlos ins Wasser geworfen wird, ertrinkt anders, jedenfalls aus medizinischer Sicht. Aber verlaß dich nicht auf mein Wort. Vielleicht hast du ja recht.«
    »Nein, wahrscheinlich hast du recht. Darauf hätte man bei der Autopsie bestimmt geachtet. Zuallererst müssen sie doch nach Anzeichen gesucht haben, ob sie ohnmächtig oder schon tot war, als sie im See ertrank. Aber einen Moment lang habe ich geglaubt, wir hätten des Rätsels Lösung.«
    »Kate, warum nicht einfach der Tatsache ins Gesicht sehen, daß sie wahrscheinlich Selbstmord begangen hat? Vom Standpunkt des Analytikers aus ergibt das durchaus Sinn. Noch bis vor kurzem kursierte das Märchen, daß Leute, die mit Selbstmord drohen, ihn nie begehen, aber das ist Unsinn. Das Gegenteil ist der Fall. Denk nur an Plath, Woolf und Sexton – sie alle hatten schon Selbstmordversuche hinter sich. Plath schrieb sogar ein Gedicht darüber. Vielleicht wollte sie nicht um jeden Preis sterben, und vielleicht ging es Patrice genauso. Es 117

    war ein turbulenter Abend, überall wimmelte es von Menschen, vor allem älteren Ehemaligen, die um den See spazierten und zweifellos an ihren ersten ekligen Kuß dachten. Es muß deprimierend wie die Hölle gewesen sein.«
    »Du meinst, weil sie über den Tod nachdachte, ihn hofierte und über ihn schrieb, ist es leichter, an ihren Selbstmord zu glauben? Zugegeben. Aber Tatsache ist, daß ihre Einstellung zum Tod, die ja niemandem ein Geheimnis war, es ihrem Mörder um so leichter machte: jeder würde genau das sagen, was du gerade gesagt hast. Und außerdem, Madeline, gibt es noch andere Gründe, über die ich nicht sprechen darf, die auf Mord hinweisen, oder zumindest auf Mordpläne.«
    »Gib dich so rätselhaft, wie du willst, aber fang nicht an zu brüten, jedenfalls nicht jetzt, wo ich dich gerade zu einer Crème brûlée überreden will. Lassen wir es am besten dabei: wenn du noch Fragen hast, komm einfach wieder zu mir.
    Einverstanden?«
    »Natürlich.« Kate lächelte sie an. »Willst du wirklich deine Kündigung schreiben?«
    »Der Brief ist schon so gut wie fertig. Bis zum 15. Juni bleibe ich noch und keinen Tag länger.«
    »Was ist am 15. Juni?«
    »Die Abschlußexamen. Aus irgendeinem Grund ist das immer der heißeste Tag des Jahres, wenn es nicht gerade wie aus Kübeln schüttet, so zumindest behauptet man. Mein Vertrag läuft natürlich bis zum 1. Juli, aber den Rest des Junis werde ich nur noch herumtrödeln und meine Büropflanzen verschenken. Wie lange bleibst du noch in der Gegend?«
    »Nur bis übermorgen. Wenn ich mich nicht doch noch entschließe, das Wochenende dranzuhängen, was ich aber nur tun werde, falls sich etwas Neues ergibt; was ich jedoch bezweifle.«
    »Die Forschungsgruppe hat also ihre Arbeit getan?«
    »Ja, am Donnerstag. Und es sieht ganz so aus, als würde sie ein Versuchsprogramm für feministische Studiengänge empfehlen, für einen begrenzten Zeitraum natürlich. Und dann wird die Rektorin entweder vor Entsetzen hysterisch werden oder es von vornherein abwürgen. Ich schließe meine Wette auf beide Möglichkeiten ab.«
    Am Donnerstag stellte sich heraus, daß Kate nur bis zu einem gewissen Grad recht gehabt hatte. Die Forschungsgruppe empfahl zwar kein ausgesprochenes Versuchsprogramm für feministische Studiengänge, aber, probeweise Kurse mit Frauenthemen in bestimmten Fachbereichen anzubieten. Außerdem schlug sie vor, gedrängt von Kate und jenen mittlerweile mutig gewordenen Mitgliedern, die der ganzen Idee nicht völlig ablehnend gegenüberstanden, allen Dozenten, die bereit wären, Kurse mit Frauenthemen auszuarbeiten, Unterstützung in Form von Subventionen und Befreiung von ihren sonstigen Lehraufgaben zu gewähren. Da hast du dein Fett, dachte Kate mit Blick auf die Altphilologin, die auf das eine wie 118

    das andere kein Anrecht hatte. Aber ohne Zweifel, sagte Kate zu sich selbst, wird sie eine totale Kehrtwendung machen und Geld beantragen, damit sie beweisen kann, daß es im alten Griechenland überhaupt keine Frauen gab: Wie boshaft ich geworden bin. Kein Wunder, daß Patrice Todesgedanken wälzte. Im Gegensatz zu mir konnte sie nicht einfach aufstehen und gehen.
    Was die Rektorin betraf, so hatte Kate sich allerdings geirrt. Diese zeigte sich hocherfreut über die Empfehlungen der Forschungsgruppe und lud alle für den Donnerstag abend zu einer Cocktailparty ein, um das Ergebnis

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