Süßer Tod
dabei angeberisch die Bizepse an. »Am Mittwoch wieder, Mrs McGowan?«
»Dann kommen Sie aber neunzig Minuten statt der üblichen sechzig.«
Er lächelte schleimig. »Ich komme, wann und wie es Ihnen gefällt.«
George war die Zweideutigkeit der Bemerkung nicht entgangen. Genauso wenig wie der heiße Moschusgeruch, der den Raum durchdrang, oder das zerwühlte Doppelbett. Drake hatte sein Arbeitsfeld nicht auf den Massagetisch beschränkt, das verriet auch der scheele Blick, den er George zuwarf, als er sich an ihm vorbeidrückte.
Eigentlich hätte er der Schmierfresse nachrennen, dem Kerl die Kniescheibe zertrümmern, die Handknochen zerschlagen,
das Gesicht zu Brei prügeln und ihn ein für alle Mal um sein Geschäft bringen sollen. Der ölige, südländisch aussehende Stenz hatte zwar ordentlich Muskeln aufgepackt, aber George wäre jederzeit mit ihm fertiggeworden. Auch wenn er um die Mitte herum etwas Speck angesetzt hatte, konnte er immer noch dafür sorgen, dass sich dieser Kerl wünschte, seine Vorfahren wären in Sizilien geblieben oder wo zum Teufel sie auch hergekommen waren.
Stattdessen schloss George kraftvoll die Schlafzimmertür und sah seine Frau finster an. Sein stillschweigender Rüffel verpuffte allerdings, weil sie ihn ignorierte. Sie saß inzwischen an ihrem Frisiertisch, wo sie die Bürste durch ihre kastanienbraune Mähne zog und dabei ihr Spiegelbild bewunderte.
Sie wartete nur darauf, dass er ihr eine Szene machte, weil sie in ihrem gemeinsamen Schlafzimmer den Masseur gebumst hatte. Doch diese Befriedigung würde er ihr keinesfalls gönnen. Außerdem gab es Wichtigeres.
»Das musst du dir ansehen.« Er öffnete die Türen des hohen Schrankes und schaltete den eingebauten Fernseher ein. »Britt Shelley gibt eine Pressekonferenz wegen der Sache mit ihr und Jay.«
»Das klingt interessant.«
»Ist es auch. Sie behauptet, sie sei unter Drogen gesetzt worden.«
Miranda McGowans erhobener Arm erstarrte mitten in der Bewegung. Sie senkte ihn ganz langsam. »Von Jay?«
George zuckte mit den Achseln, drehte den Ton lauter und bekam zu hören, wie die bekannte Reporterin eine Frage nach ihrer Beziehung zu dem verstorbenen Jay Burgess beantwortete. »Wir waren befreundet.«
»Und wie!« Miranda war vom Frisiertisch aufgestanden und setzte sich auf das Fußende des zerwühlten Bettes.
»Pst!«
»Du hast mir nicht den Mund zu verbieten!«
»Bist du jetzt still und hörst zu?«
George blieb stehen, hielt die Fernbedienung in der Hand und war ganz und gar auf den Plasmaschirm und die Großaufnahme von Britt Shelley konzentriert, die eben beteuerte, dass sie sich nicht mehr an die Ereignisse vor Jays Tod erinnern könne. »Ich kann mich vage entsinnen, dass ich zusammen mit ihm sein Haus betreten habe. Danach fehlt mir alles.«
»Wollen Sie Jay Burgess beschuldigen, er hätte Sie unter Drogen gesetzt?«, fragte ein Reporter.
»Nein. Aber ich glaube, dass man mir eine sogenannte Vergewaltigungsdroge verabreicht hat. Meine Erlebnisse decken sich mit denen anderer Frauen, denen solche Drogen gegeben wurden.« George drehte sich um und sah seine Frau an. Sie wandte den Blick vom Fernseher ab und sah ihm in die Augen, ohne dass einer ein Wort gesagt hätte.
George wandte sich wieder dem Fernseher zu, in dem jetzt Britt Shelleys Anwalt auf eine Frage antwortete. Der Mann hielt sich die Faust vor den Mund und räusperte sich. Als ehemaliger Polizist wusste George, dass diese Geste auf tiefe Verunsicherung schließen ließ. Entweder würde der Mann gleich versuchen, sich um die Antwort herumzuwinden, oder er würde schlicht und ergreifend lügen.
»Ms Shelley hat eine Urinprobe abgegeben, die zurzeit auf verschiedene Substanzen analysiert wird. Leider sind diese Drogen nur sehr kurzfristig nachweisbar. Je nachdem, welches Mittel Ms Shelley verabreicht wurde, ist es möglich, dass schon zu viel Zeit verstrichen ist, um es noch nachweisen zu können.«
Eine Reporterin in der ersten Reihe meinte: »Sie können also nicht beweisen, dass sie unter Drogen stand.«
»Ich kann zu dieser Frage erst Stellung nehmen, wenn die Urinanalyse vorliegt.«
»Bedauerlicherweise habe ich alles falsch gemacht«, warf Britt Shelley zum Entsetzen ihres Anwalts ein, der sie sofort mit einem strengen Blick zum Schweigen brachte.
Ehe sie noch mehr sagen konnte, warf er sich in die Bresche. »Ms Shelley begriff erst später, dass sie Opfer eines Verbrechens geworden war. Andernfalls hätte sie nicht geduscht und
Weitere Kostenlose Bücher