Süßer Tod
sechsunddreißig Stunden im Tran. Miranda hatte recht; das machte keinen guten Eindruck.
»Wenn du eine Pille brauchst, damit du ihn für deine neue, junge Freundin hochkriegst, bist du noch erbärmlicher, als ich dachte.«
Sie versuchte nach besten Kräften, ihn in Rage zu bringen, um einen Streit anzuzetteln oder eher um ihren alten Streit fortzuführen. Normalerweise wäre er sofort in den Ring gestiegen und hätte ihr Kontra gegeben, bis sie irgendwann gewonnen hatte. Miranda gewann jedes Mal.
Aber heute war ihm nicht nach diesen Spielchen. Ihm gingen andere Dinge im Kopf herum, Fragen von Leben und Tod, die weit gewichtiger waren als ihr ständiger Wettstreit, wer dem anderen die schmerzhafteren Wunden zufügen konnte.
»Wir sind beide erbärmlich, Miranda.«
Er trat ans Fenster und zog den Vorhang zurück, der zweifellos geschlossen worden war, damit sie und Drake es romantischer hatten. Von seinem Beobachtungsposten im ersten Stock aus konnte George auf den Rasen hinter dem Haus sehen, wo eine ganze Gärtnertruppe mit Mähen, Jäten und Schneiden beschäftigt war. Eine Natursteinmauer trennte den gepflegten Garten von den Ländereien dahinter, die sich wie eine grüne Schürze vor ihm ausbreiteten. Ein weißer Holzzaun umschloss die Weide, auf der ihre Rennpferde grasten.
Er konnte das Dach der Mehrfachgarage sehen, in der die Oldtimersammlung seines Schwiegervaters und seine eigene Autoflotte untergebracht waren. Jedes einzelne Gefährt war durchgecheckt, blank poliert und vollgetankt, um ihn jederzeit überallhin zu bringen.
George McGowan stammte aus einer Arbeiterfamilie. Geld, beziehungsweise das fehlende Geld, war in seiner Kindheit ein immerwährendes Thema gewesen. Um die siebenköpfige Familie zu versorgen, hatte sein Vater zahllose Überstunden in der Conway Concrete and Construction Company geschoben. Die heiße, staubige Arbeit hatte ihn viel zu früh ins Grab gebracht. Eines Nachmittags im August war er während einer Sonderschicht tot umgekippt. Der Arzt hatte ihnen versichert, er hätte nichts gespürt.
Wer hätte damals gedacht, dass sein ältester Sohn George irgendwann Miranda Conway ehelichen würde, die einzige Tochter des Firmenbesitzers, das begehrteste Mädchen weit und breit, weil sie nicht nur wunderschön, sondern auch sündhaft reich war? Sie war Debütantin, Schönheitskönigin und Unternehmenserbin zugleich. Sie hätte jeden Mann haben können. Sie hatte George McGowan gewollt.
»Ich kann es nicht ungeschehen machen«, sagte er leise, während er die auf der Weide grasenden Vollblüter beobachtete, die ihr privilegiertes Leben für gottgegeben hielten. Genau wie Miranda. »Selbst wenn ich es könnte, würde ich es nicht tun. Gott helfe mir, ich könnte das hier nicht mehr aufgeben.« Er ließ den Vorhang fallen und drehte sich zu ihr um. »Und dich könnte ich auch nicht aufgeben.«
Sie warf das Haar zurück und sah ihn verärgert an. »Sei keine solche Heulsuse, George. Mein Gott. Jay Burgess starb im Bett neben einer nackten Frau. Glaubst du nicht, dass er lieber so gestorben ist als an Krebs?«
»So wie ich Jay kenne, ja, unbedingt.«
Sie schenkte ihm ihr Lächeln, jenes Lächeln, für das jeder Mann seine Seele verkauft hätte. »Braver Junge. Mein Held. Mein starker, schöner George.« Sie stand auf, kam mit katzengleicher Grazie auf ihn zu und löste dabei den Gürtel ihres Bademantels, der sofort von ihren Schultern glitt.
Als sie vor ihm stand, schmiegte sie ihren weichen Körper an seinen und begann ihn durch seine Hose hindurch zu massieren. »Bist du traurig, Baby? Machst du dir Sorgen? Ich weiß, was wir dagegen machen können. Bei mir hast du noch nie Viagra gebraucht, oder?«
Sie streichelte ihn mit einer Fingerfertigkeit, die sie nur durch lange Übung erreicht haben konnte. Sehr lange Übung. Er biss die Zähne zusammen und versuchte den Blutstrom einzudämmen, der auf ihre streichelnde Hand zufloss, aber ihr widerstehen zu wollen war utopisch. Er verfluchte sie in die tiefsten Höllenschlunde, aber sie zog nur lachend den Reißverschluss seiner Hose auf.
»Georgie Porgie, im Winter kann’s schneien. Du küsst die Mädchen und bringst sie zum…« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, schlang ein langes Bein um seine Hüfte, knabberte an seinem Ohrläppchen und hauchte: »Bring mich zum Schreien.«
Seine Seele war ohnehin verloren, unwiderruflich, ohne Hoffnung
auf Erlösung. Was zum Teufel wollte er sich also beweisen?
Wütend drang er in sie
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