Süßer Tod
zu dem Sofa zu gelangen, auf das Jones zeigte. Es war völlig verdreckt, doch Britt setzte sich, ohne zu zögern. Raley nahm eher widerwillig neben ihr Platz.
Neben dem Sofa, das so breit wie der ganze Wohnwagen war, gab es noch einen runden Couchtisch mit einer farbenfrohen
Tischdecke im Hawaiimuster sowie als Trennung zwischen Wohnbereich und Küche einen an die Wand geschobenen Esstisch mit zwei Stühlen.
Kein Fernseher, wie Raley bemerkte. Keine Zeitungen. Was erklärte, warum Jones nicht reagiert hatte, als Britt ihren Namen genannt hatte.
Tatsächlich schien sich der Mann vollkommen von der Außenwelt abgeschottet zu haben. Alle Fenster waren mit schwarzer Fotopappe verdunkelt. Die Pappe war so gründlich mit den Wänden verklebt, dass kein natürliches Licht hereindrang. Es gab nur eine einzige Deckenlampe in Form einer nackten gelben Glühbirne, in deren Schein sie alle fahl aussahen. Sie schien direkt auf Jones’ rasierten Schädel, auf dem mehrere Tage alte Stoppeln sprossen.
Er trug an den Knien abgeschnittene Militärhosen, deren Taschen unter den ungesäumten Beinen heraushingen. Seine schwarzen Kampfstiefel glänzten, aber die Schnürsenkel waren offen, und er trug keine Socken. Das olivgrüne, ausgewaschene Trägerunterhemd, das den Aufzug vervollständigte, gab den Blick auf seine muskulösen Arme und den Brustkorb sowie auf eine ganze Galerie kunstvoller Tätowierungen frei.
Größtenteils stellten sie tödliche Waffen oder Todessymbole dar. Das ausgefeilteste Tattoo bedeckte seinen Bizeps und die Schulter. Es zeigte den Sensenmann mit feixendem Totenschädelgesicht, der in der einen Hand eine ausgefranste Konföderiertenfahne schwang und in der anderen einen bluttriefenden Säbel hielt.
Jones hakte einen Kampfstiefel um das verchromte Bein eines Stuhles, schleifte ihn über den buckligen Linoleumboden, bis er direkt vor dem Sofa stand, und ließ sich darauf fallen. Er verschränkte die Arme über der Brust, wobei die Silberkette mit den Hundemarken, die er um den Hals trug, zu scheppern begann, und starrte sie an.
Britt eröffnete die Konversation mit der höflichen Frage: »Waren Sie in der Armee, Mr Jones?«
»Nicht in der offiziellen.«
»Ich verstehe.«
Es war nicht zu übersehen, dass Jones einer paramilitärischen Gruppierung angehörte. Fotos bedeckten beinahe jeden Zentimeter der Wand, der nicht mit schwarzer Fotopappe beklebt war. Sie zeigten Männer in Tarnanzügen, Männer mit schwarzen Sturmhauben, mit angeleinten, bösartig aussehenden Hunden mit Stachelhalsbändern, Männer über ausgeweideten Rotwildkadavern, bis an die Zähne bewaffnete Männer.
Zerlesene und eselsohrige Waffenkataloge lagen teils verstreut, teils aufgestapelt herum. Nur ein aus Betonsteinen und Sperrholz errichtetes Regal mit drei Fächern bildete eine Oase der Ordnung inmitten des Chaos. Die Bretter waren mit Filz überzogen. Auf ihnen lag, zur Schau gestellt wie in einer Museumsvitrine, eine reichhaltige Kollektion von Handfeuerwaffen, Gewehren mit Zielfernrohr, einer abgesägten Schrotflinte, Messern, Bajonetten, MG-Stützen, einem vollen Patronengurt und, was am verstörendsten wirkte, mehrere Granaten. Alle Feuerwaffen waren auf Hochglanz poliert und strahlten im gelben Licht. Der Geruch nach Waffenöl durchdrang den ganzen Wohnwagen.
»Mein Beileid wegen Ihres Sohnes, Mr Jones«, versuchte Britt erneut ein Gespräch anzuknüpfen.
Jones betrachtete sie zweifelnd. »Haben Sie Cleveland gekannt?«
»Nein«, gab sie zu.
»Was wollen Sie dann hier?«
»Ich bin nur eine Freundin von Mr Gannon und arbeite mit ihm zusammen.« Er schien ihr die nächste Frage stellen zu wollen, doch sie kam ihm zuvor. »Ein Kind zu verlieren ist eine schreckliche Tragödie.«
Er zuckte mit den Achseln. »Cleveland war kein Kind mehr. Er war alt genug, um auf sich selbst aufzupassen. Wir haben uns nicht gesehen, seit … hm … vielleicht einem Jahr, bevor er gestorben
ist. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hab, hab ich ihm gesagt, dass ich mit ihm fertig bin, nichts mehr mit ihm zu tun haben will und dass ich ihn nicht mehr raushau. Schätze, er hat mich beim Wort genommen, denn ich hab erst wieder von ihm gehört, als sie mich angerufen und mir erzählt haben, dass er bei dem Brand auf der Polizeiwache gestorben ist.«
»Das war bestimmt ein schrecklicher Schock für Sie.«
Er verstand sie falsch. »Kann ich nicht sagen. Ich hab irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft der Bursche im Knast saß.«
Britt sah
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