Süßer Tod
Vater gab zu, dass er ein Dieb gewesen war, ein Räuber, Schläger und Vergewaltiger.
Aber ging es hier wirklich um seinen Charakter? Er war im Polizeigewahrsam gewesen, als er gestorben war. Und jeder Polizist musste einen Eid leisten, dass er jedes Mitglied der Gesellschaft schützen würde, selbst wenn dieser Mensch noch so abstoßend
und sein Verbrechen noch so abscheulich war. Bis die Gesellschaft diese Regel änderte, galt sie, doch offenbar war sie gebrochen worden.
Allerdings war es wenig wahrscheinlich, dass Lewis Jones ihm helfen konnte, das zu beweisen. Er schien nicht mehr über die Verhaftung seines Sohnes zu wissen als Raley.
»Der Polizist, der Sie später besucht hat«, setzte er an. »Hat er Ihnen erzählt, was die Autopsie ergeben hat – dass Cleveland nicht an einer Rauchvergiftung oder Verbrennungen, sondern an einem Schädelbruch gestorben ist?«
»Stimmt. Er sagte, Cleveland hätte sich den Schädel bei einer Rauferei eingeschlagen, kurz bevor sie ihn verhaftet haben. Dann hat er gesagt, die Polizisten, die ihn reingebracht haben, hätten nicht gewusst, wie schwer seine Verletzungen waren, bis er anfing, sich komisch aufzuführen. Sie wollten ihn ins Krankenhaus bringen und seinen Kopf röntgen lassen, aber dann hat er das Feuer gelegt. Wenn ihn der Schädelbruch nicht umgebracht hätte, wäre er trotzdem gestorben.« Er massierte sein Kinn. »Ehrlich gesagt war ich froh, dass er einfach die Augen zugemacht hat und nicht lange leiden musste. Außerdem musste er sich nicht mehr dafür rechtfertigen, dass er das Feuer gelegt hat und so viele Menschen gestorben sind. Das ist echt ernste Scheiße.«
Nach längerem Schweigen fragte Raley: »Wo liegt Cleveland jetzt?«
Jones stand auf und fasste an Britt vorbei in ein Wandregal. Auf dem Brett standen eine kleine Jesusstatue mit blutenden Handflächen und Stichwunde, ein aufrecht stehendes Rohr mit angeschweißtem Hakenkreuz und ein Pappkarton wie von einer Eisschachtel.
»Cleveland.«
Raley und Britt starrten den runden Karton an, den Jones ihnen vors Gesicht hielt. Raley sagte: »Sie haben seinen Leichnam einäschern lassen.«
»Nicht ich. Der Bulle hat gesagt, es sei nicht viel von ihm übrig gewesen, vor allem nach der Autopsie, und im Police Department wollten sie sich dafür entschuldigen, dass er gestorben war, nachdem sie ihn verhaftet hatten, darum würden sie sich um die Beisetzung kümmern, wenn ich nichts dagegen hätte, sie wollten auch alles bezahlen. Klar war ich einverstanden. Ich hab unterschrieben, dass es in Ordnung ist, wenn sie ihn einäschern. Ein paar Tage später hat mir der Bulle das hier gebracht.«
Raley sah Britt an; sie sah ihn an. Beide hatten durchaus etwas zu dieser Information zu sagen, aber erst, wenn sie allein waren.
Lewis Jones stellte Cleveland an seine letzte Ruhestätte zurück und setzte sich. Raley sagte: »Ich konnte meine Ermittlungen, was den Tod Ihres Sohnes angeht, nie abschließen, Mr Jones.«
»Warum nicht?«
»Ich musste den Fall umständehalber abgeben. Aber inzwischen liegen neue Beweise vor.«
»Was für Beweise?«
»Ich kann noch nicht darüber sprechen, nicht bevor ich alle Fakten zusammengetragen habe.«
»Darum haben wir Sie so überfallen«, sagte Britt. »Wären Sie bereit, Mr Gannon noch einige Fragen zu beantworten, vor allem Fragen über Clevelands Verhaftung?«
»Ich hab schon gesagt, ich weiß gar nix. Haben Sie die Bullen gefragt? Müssten die nicht irgendwelche Unterlagen darüber haben?«
Raley wich dieser Frage mit einer Gegenfrage aus. »Kennen Sie irgendwelche Freunde von Cleveland?«
»Nein.«
»Feinde?«
Jones schnaubte. »Davon hatte er bestimmt mehr als genug, aber die hab ich auch nicht gekannt.«
»Sie wissen also nicht, mit wem er an jenem Tag gekämpft haben könnte oder wer ihn so brutal niedergeschlagen hat, dass er ihm den Schädel zertrümmerte?«
»Nein.«
»Hat man Ihnen das nicht erzählt?«
Er rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. »Hab ich das nicht gerade gesagt?«
Raley stocherte weiter. »War er irgendwo angestellt?«
»Unwahrscheinlich.«
»War er mit einer Frau zusammen?«
»Wahrscheinlich jede Nacht und sonntags mit zweien«, antwortete Jones mit stolzem Grinsen. »Aber mit keiner davon fest. Nicht soweit ich weiß.«
»Wissen Sie, wo er wohnte?«
»Nein.«
Sackgassen. Wieder schwiegen sie. Schließlich sagte Britt: »Sie haben gesagt, alle seine Habseligkeiten seien verbrannt.«
»Komplett. Alles, was sie ihm aus den
Weitere Kostenlose Bücher