Süßer Tod
Wagen. Schwerer von der Straße abzudrängen.« Trotz dieser aufmunternden Worte sah sie die tiefe Sorge in seinem Gesicht, als er aus der Kabine kletterte, ohne den Motor abzustellen.
»Ich schaffe das schon«, sagte sie.
»Willst du mich oder dich beruhigen?«
»Uns beide«, gab sie zu. »Aber wenn ich erst dort bin, bin ich in Sicherheit. Zwar in Handschellen, könnte ich mir vorstellen, aber in Sicherheit.«
Er legte die Hände auf ihre Schultern und sah sie lange und eindringlich an. »Britt …«
Sie lächelte leise und legte den Finger auf seine Lippen. »Du brauchst nichts zu sagen, Raley Gannon. Ich weiß, dass du mich magst, und zwar mehr als nur ein bisschen.«
Er zog sie an seine Brust, küsste sie lang und sehnsüchtig, ließ sie dann plötzlich los und erklärte mit rauer Stimme: »Pass auf dich auf. Versprich mir das.«
»Versprochen.«
Bevor er seine Meinung ändern konnte, hob er sie in die Fahrerkabine des Pick-ups.
Er folgte ihr in dem anderen Wagen vom Flugfeld zur Hauptstraße und dann noch ein paar Meilen, bis sich ihre Wege trennten. Sie winkte ihm aus dem Seitenfenster zu. Er zeigte ihr den erhobenen Daumen, aber gleich nachdem sie sich getrennt hatten, musste er fünf Minuten lang gegen die Versuchung ankämpfen, ihren Plan in den Wind zu schießen, umzukehren und ihr hinterherzufahren. Er hätte sie lieber im Auge behalten. Er wäre viel lieber mit ihr zusammen durch dick und dünn gegangen.
Aber er hielt sich an ihren Plan. Jeder hatte einen Auftrag zu erfüllen, und nur gemeinsam konnten sie Erfolg haben. Die Videoaufnahme von Fordyce verlieh Britt Macht. Solange sie das Band besaß, war sie bis zu einem gewissen Grad geschützt und hielt das Heft in der Hand. Raley war unbewaffnet, abgesehen von dem Camcorder, der aber im Grunde nur ein Requisit für seine Rolle war. Er hoffte, dass George McGowan sich davon blenden ließ.
Er wollte George zur Rede stellen, bevor er Zeit hatte, die Polizei oder seinen Anwalt anzurufen oder sich Antworten auf Raleys Anschuldigungen zurechtzulegen. Raley wollte ihm auch keine Gelegenheit geben, Les und Miranda zu Hilfe zu rufen. McGowan sollte allein und ohne Rückendeckung mit ihm sprechen.
Aber zuerst musste er herausfinden, wo er steckte.
Er hielt an einer Tankstelle und rief von einem Münztelefon bei Conway Concrete and Construction an. Als die Dame am Empfang antwortete, erklärte ihr Raley unter einem fiktiven Namen, dass er mit George McGowan über ein mögliches Projekt sprechen wolle. Raley wollte sich nur überzeugen, dass George in seinem Büro war, und wieder auflegen, sobald er die Bestätigung bekommen hatte.
Stattdessen eröffnete ihm die Dame am Empfang, dass Mr McGowan wegen Wetterfühligkeit nach einem kurzen Zwischenstopp
im Büro heimgefahren sei und erst morgen wieder in die Firma komme.
Umso besser, dachte Raley.
Er dankte der Dame und wollte schon auflegen, als sie ihm flüsternd offenbarte: »Ehrlich gesagt glaube ich, dass ihm die Sache mit dem Attorney General an die Nieren gegangen ist.«
Raleys Hand erstarrte in der Bewegung. Genau genommen erstarrte alles in ihm in einer schrecklichen Vorahnung. »Attorney General Fordyce? Was ist mit ihm? Was ist passiert?«
»Ach, Sie wissen es noch gar nicht?« Plötzlich klang sie heimlich erregt und sensationslüstern. »Es ist so schrecklich . Auf Cobb Fordyce wurde heute Morgen geschossen, und zwar in seinem eigenen Haus.«
Raley sackte das Herz in die Hose.
»Seine Frau fand ihn, als sie von einer Besorgung zurückkam. Sie war natürlich völlig hysterisch, aber sie hat der Polizei erzählt, sie hätte das Pärchen gesehen, das ihren Mann erschossen hat. Die beiden standen unangemeldet vor der Tür, aber er hat sie trotzdem ins Haus gelassen. Mrs Fordyce hat gleich Misstrauen geschöpft, aber er hat ihr erklärt, es sei alles okay und sie solle die Söhne zum Baseballtraining fahren. Sie wird sich nie verzeihen, dass sie ihn mit den beiden allein gelassen hat, das steht mal fest. Und sie ist fast hundertprozentig sicher, dass die Frau Britt Shelley war. Sie kennen doch die Reporterin, die plötzlich verschwunden ist? Genau die.«
Raley kniff die Augen zusammen und stützte sich an der Wand ab. »Sie haben gesagt, dass auf ihn geschossen wurde. Ist er tot?«
»Es wurde noch nicht offiziell bekannt gegeben, aber so gut wie. Er wurde in den Kopf getroffen, sein Zustand ist kritisch.«
R aley hängte den Hörer ein und schnitt der redseligen Empfangsdame das Wort
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