Süßer Tod
Gesicht: ›Was für eine Schande, dass wir diese süße …‹«
Sie verstummte, sie konnte nicht weiterreden. Raley drückte ihre Hand. Vielleicht wäre er doch fähig, jemanden zu erschießen, dachte er. Falls er je mit einer Waffe in der Hand auf einen dieser Drecksäcke treffen sollte, würde er ihn töten. Ohne Gewissensbisse.
Britt wandte den Blick ab, sah aus dem Beifahrerfenster und erzählte leise: »Sein Freund lachte die ganze Zeit, während er das machte. Wahrscheinlich habe ich ihn deshalb sofort erkannt. Ich kann mich an sein Grinsen und an sein obszönes Lachen erinnern. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, nicht sofort
loszuheulen, als er in Fordyces Haus trat. Wahrscheinlich wusste ich einfach, dass wir sofort verschwinden mussten. Mir war klar, dass wir sterben würden, wenn wir es nicht schafften. Aber wenn ich ihn mit dieser Vase nicht umgebracht habe, habe ich ihn hoffentlich richtig schmerzhaft erwischt. Jedenfalls erklärte ihm damals sein Partner, dass er nicht weiter gehen dürfte. ›Ein Spritzer, der nicht von diesem Typen stammt, und der ganze Plan fliegt auf.‹«
»Sie waren schlau genug, keine DNA-Spuren zu hinterlassen.«
»Wahrscheinlich hat mich das davor bewahrt, vergewaltigt zu werden. Mit Sicherheit war es keine Gewissensentscheidung.«
»Wurde Fordyce namentlich erwähnt? Oder McGowan?«
»Nein, da bin ich ziemlich sicher. Diese Profis wussten, dass das unvorsichtig gewesen wäre.«
»Was war mit Jay? Was machte der währenddessen?«
»Er lag auf dem Rücken neben mir. Er wehrte sich nicht. Ich könnte mir vorstellen, dass er schon bewusstlos war, nachdem sie ihm fast eine ganze Flasche Scotch eingeflößt hatten.« Sie seufzte und sah Raley wieder an. »Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich am folgenden Morgen aufwachte und dachte, ich hätte den schlimmsten Kater in der Menschheitsgeschichte, aber bis Fordyce diesem sadistischen Schwein die Tür öffnete, war meine Erinnerung wie ausgelöscht.«
»Du hattest beim ersten Mal erzählt, dass Jay dir den Rücken zugewandt hatte, als du aufgewacht bist.«
»Ich nehme an, sie haben ihm das Kissen aufs Gesicht gedrückt, sobald ich in Ohnmacht gefallen war, und danach alles so hergerichtet, dass es aussah wie ein Streit unter Liebenden, der in einen Totschlag ausartete.« Sie stoppte die Aufnahme und schaltete die Kamera aus, ließ den Camcorder aber eingesteckt, um die Batterie aufzuladen.
Raley wäre am liebsten umgekehrt und hätte den Marmorboden abwechselnd mit Britts Angreifer und dem Attorney General gewischt, aber das wäre eine persönlich motivierte, rachsüchtige
und dumme Aktion gewesen. Stattdessen musste er sich darauf konzentrieren, was sie jetzt tun sollten. Wie konnte er Fordyces Verrat an die Öffentlichkeit bringen, bevor Fordyce sie eliminieren lassen konnte? Sie fuhren einen Wagen, den ihre Verfolger kannten. Sie hatten nur ein paar Minuten Vorsprung.
Fordyce hatte zudem Gehilfen auf seiner Gehaltsliste, die ihm jederzeit zur Verfügung standen. Es waren zumindest vier. Sie schlugen schnell und tödlich zu und tauchten dann wieder ab. Sie hatten nicht einmal einen Tag gehabt, um Jays Exekution zu orchestrieren, und den Plan dennoch perfekt durchgeführt.
Wenn Britt den Mann heute Morgen nicht wiedererkannt und prompt reagiert hätte, wären sie jetzt schon tot. So oder so hätte man sie postwendend beseitigt. Fordyce hätte sich ein Märchen aus den Fingern gesogen, wie sie zu Tode gekommen waren, und man hätte ihm geglaubt. Er hätte behaupten können, sie hätten ihn angegriffen und ihm sei nichts anderes übrig geblieben, als sie in Notwehr zu erschießen. Oder dass sie ihn bedroht hätten und geflüchtet wären, als er sich zur Wehr gesetzt hatte, und seither verschwunden seien.
Welche Geschichte er sich auch ausgedacht hätte, man hätte ihm geglaubt. Candy und Pat Wickham junior mussten nach den Gesprächen mit ihnen den Eindruck haben, dass sich Raley und Britt an allen, die sie ihrer Meinung nach hintergangen hatten, zu rächen versuchten. Man hätte angenommen, dass sie in ihrer Paranoia jeden Realitätsbezug verloren hatten und völlig durchgedreht waren, als sie in das Haus des Attorney General gestürmt waren.
Vielleicht würde Lewis Jones Verdacht schöpfen und Krach schlagen, wenn sie starben oder einfach verschwanden. Genau wie Delno Pickens. Aber wer würde schon auf die beiden hören, den rechtsradikalen Vater eines Berufsverbrechers und Brandstifters und
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