Süßer Tod
Fordyce aufgetaucht ist, und noch einem, den wir bis jetzt nicht gesehen haben. Insgesamt vier, die paarweise zusammenarbeiten.«
»So sieht es aus«, sagte sie. »Den Vierten könnte ich wahrscheinlich identifizieren, wenn ich ihn wiedersehe, denn inzwischen habe ich wieder klar vor Augen, wie er sich über mich beugt …«
Als sie unvermittelt verstummte, sah Raley sie entsetzt an. »Klar vor Augen, wie er sich über dich beugt … und was? Hat er dich vergewaltigt?«
»Nein, nur …« Sie schauderte, überlegte kurz und stöpselte dann den Camcorder in den Zigarettenanzünder. »Ich sollte das aufzeichnen, falls mir, falls uns etwas zustößt.«
Es war ein ernüchternder Gedanke, aber Raley nickte schweigend.
Sie begann. »Jay und ich gingen in seine Wohnung. Ich setzte mich auf sein Sofa, er setzte sich zu mir. Er bot mir einen Scotch an, aber ich sagte, es ginge mir nicht gut, der Wein hätte mir ziemlich zugesetzt. Er sagte, er würde die Drinks auch spüren, und schob das auf seine Medikamente. Wir lagen mehr oder weniger ausgestreckt nebeneinander und hatten die Köpfe zurückgelegt.
Er nahm meine Hand und erklärte mir noch einmal, dass er
eine Story für mich hätte, die ein Riesenloch in das Police Department und ins Rathaus sprengen würde. Ich weiß noch, dass ich zu ihm sagte, ich müsste noch meinen Notizblock aus der Handtasche holen, bevor er anfing, aber dass mir irgendwie die Kraft dazu fehlte.
Er sagte: ›Du brauchst dir nichts aufzuschreiben, das wirst du garantiert nicht vergessen.‹ Ich widersprach nicht. Ehrlich gesagt war mir zu schwummrig, als dass ich noch professionell arbeiten konnte. Jay zog mir die Sandalen aus, legte meine Füße auf seinen Schoß und begann sie zu massieren. Er fragte, ob ich bequem sitzen würde, denn es sei eine lange Geschichte.
Ich erklärte ihm, dass ich fast zu bequem sitzen würde, schließlich konnte ich kaum die Augen offen halten. Er lachte und sagte: ›Wie wär’s mit einem letzten Matratzentango, nur um der alten Zeiten willen?‹ Ich antwortete: ›Nein danke.‹ Er sagte: ›Auch gut, ich glaube, ich würde ihn sowieso nicht mehr hoch bekommen.‹ Und ich erwiderte: ›Das wäre mal was Neues, oder?‹
Wir lachten immer noch, als die beiden Männer ins Zimmer traten. Der eine, den wir bei Cobb Fordyce gesehen haben, und noch einer. Sie kamen über die Terrasse auf der Rückseite des Hauses herein. Urplötzlich standen sie vor uns, als hätten sie sich durch die Terrassentür gebeamt.
Mein erster Gedanke war, warum sie in einer so warmen Nacht Handschuhe angezogen hatten. Dann fiel mir auf, dass es Latexhandschuhe waren, aber das erschreckte mich nicht besonders. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich Angst gehabt hätte. Im Gegenteil, ich hatte überhaupt keine Angst . Ich war euphorisch und völlig gelassen.
Aber Jay war nüchtern genug, um sich Sorgen zu machen. Er stand auf und stellte sie zur Rede. ›Wer sind Sie? Was wollen Sie?‹ Der aus Fordyces Haus sagte: ›Eine Party feiern‹, und schubste ihn aufs Sofa zurück.
Sie befahlen ihm, uns jeweils ein Glas Scotch einzuschenken.
Sie zwangen uns, es auszutrinken. Dann noch eines. Ich weiß noch, dass mir speiübel war. Mich ließen sie danach in Ruhe, aber Jay musste weitertrinken, bis die Flasche fast leer war.«
Sie hörte zu reden auf. Raley sah kurz zu ihr hinüber; sie hatte die Augen geschlossen. Er streckte die Hand aus und nahm ihre. »Den Rest kannst du dir für die Behörden aufsparen. Mehr brauchst du nicht zu erzählen.«
»O doch.« Sie lächelte ihn schwach an und hob den Camcorder, um ihm ins Gedächtnis zu rufen, dass die ganze Geschichte aufgezeichnet werden musste. »Seit jener Nacht habe ich mir immer wieder ausgemalt, was mir wohl Schreckliches angetan wurde. Ich bin froh, dass ich mich endlich erinnere. Es war schlimm, aber es hätte viel, viel schlimmer sein können.
Wir mussten uns ausziehen, erst Jay, dann ich. Sie mussten uns beiden helfen. Wir konnten beide nicht mehr stehen. Danach fehlen mir ein paar Minuten, die wahrscheinlich für immer verloren sind, denn ich weiß nicht mehr, wie wir vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer kamen, aber ich weiß noch, dass ich irgendwann nackt auf dem Bett lag.
Dann begann mich der eine – nicht der, der bei Fordyce war, sondern der andere – zu betatschen. Zwischen den Beinen. Seine Berührung hatte nichts Sexuelles, es war … eine unsagbar gemeine Beleidigung. Er glotzte mich lüstern an und sagte mir offen ins
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