Süßes Spiel der Sehnsucht
mühte sich nach Kräften, ihn zu ignorieren und sich der fade aussehenden Suppe zu widmen, die aus einer fettigen Hühnerbrühe mit wenigen welken Gemüsestücken zu bestehen schien. Am ersten Löffel wäre sie beinahe erstickt, denn die Suppe war nahezu ungenießbar salzig.
Marcus seinerseits warf ihr einen fragenden Blick zu, nachdem er gekostet hatte, und legte dann seinen Löffel ab. Folglich war sie genötigt, in aller Unschuld weiterzulöffeln.
»Also, erzähl mir mehr über dieses Institut, das ihr betreibt«, sagte Marcus und klang sogar interessiert.
»Warum willst du etwas darüber wissen? «
»Weit ich es faszinierend finde. Und weil ich alles von dir wissen will, was mir bei meinem Werben von Nutzen sein könnte.« Als sie mit einem Hauch von Verdrossenheit reagierte, lächelte er bloß. »Du sagtest, euer Institut wäre eine Art Pensionat? Wie kam es zur Gründung?«
Weil das Thema unverfänglich war, erklärte Arabella ihm gern alles. »Eigentlich brachte Lady Freemantle mich auf die Idee. Wir freundeten uns an, nachdem meine Schwestern und ich hierher nach Chiswick zogen. Winifred ist die Tochter eines vermögenden Industriellen, aber sie heiratete weit über ihrem Stand und wurde stets von den Angehörigen und Freunden ihres Gatten abgelehnt. Eines Tages gestand sie mir, wie schwierig es für sie war, die Frau eines Barons zu sein und all die Schmähungen und Spitzen zu ertragen. Sie wünschte sich, sie hätte vor der Heirat gelernt, wie sie sich in den feinen Kreisen verhalten sollte, um in Sir Ruperts Umfeld zu bestehen. Mir kam der Gedanke, dass es mehr junge Damen geben müsste, die in einer vergleichbaren Situation waren. Die meisten Töchter reicher Kaufleute werden buchstäblich an Adlige verkauft, die vermögende Gattinnen brauchen, genau wie es Winifred widerfuhr.«
»Und dann schlugst du die Gründung des Instituts vor? «
»Nicht gleich. Zunächst regte ich an, einigen der jungen Damen behilflich zu sein, sie zu beraten, wie sie sich in die Hautevolee einfügten und sich darin bewegten. Ich dachte daran, ein oder zwei Schülerinnen in meine Obhut zu nehmen. Aber dann kam Winifred die Idee, ein Institut zu eröffnen, und sie bot an, die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen. «
»Aber ihr führt es doch nicht allein, oder? «, fragte Marcus.
»Nein, wir haben durchaus Unterstützung. Ich konnte zwei Freundinnen überreden, bei diesem Unternehmen mitzumachen, und eine von ihnen übernahm die Stellung der Direktorin. Die beiden beaufsichtigen die Schülerinnen die meiste' Zeit, während meine Schwestern und ich mindestens einen Kurs täglich geben.«
»Hoffentlich nicht die üblichen Fächer. «
»Nein. Die meisten unserer Schülerinnen wurden bereits von Gouvernanten unterrichtet und beherrschen daher Grundfertigkeiten im Rechnen oder in Geographie, bevor sie zu uns kommen. Ebenso sind sie im Musizieren, Zeichnen und Sticken vorgebildet. Woran es ihnen mangelt, sind die Grazie und Eleganz einer Lady. Also instruieren wir sie in den zwei Jahren vor ihrer ersten Saison in guter Haltung, angemessenem Auftreten und Etikette. Dar-über hinaus führen wir sie in die Kultur und die Feinheiten dessen ein, was sie antreffen werden, wenn sie in den Adel einheiraten.«
»Offensichtlich hat dein Institut großen Erfolg. Meine Anwälte ließen mich wissen, dass du über zwei Dutzend Schülerinnen hast und es eine lange Warteliste für Anwärterinnen gibt. «
Arabella lächelte. »Ja. Der Erfolg übertrifft unsere kühnsten Erwartungen. Wohlhabende Händler und Kaufleute sind bereit, große Summen zu zahlen, um ihre Töchter in feine junge Damen verwandeln zu lassen. Aber das Institut kommt auch uns selbst zugute. Es beschert uns nicht bloß eine sinnvolle Beschäftigung und ein Einkommen. Es ist außerdem ein gutes Gefühl, wenn wir unseren Schülerinnen helfen, sich in der feinen Gesellschaft zu bewegen. Ich persönlich empfinde es als höchst befriedigend, jungen Damen mehr Mitbestimmung über ihr Schicksal zu ermöglichen. Ihre Abstammung oder Bildung mag nicht von höchster Güte sein, aber sie wissen sich sehr wohl in den elitärsten Kreisen zu behaupten. Und mit der entsprechenden Vorbereitung treten sie auch ihren Verehrern selbstbewusster entgegen und sind mithin ihren Gatten nicht von Anfang an unt erlegen. «
»Ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass dir das gefällt«, murmelte er.
Als Arabella ihm einen misstrauischen Blick zuwarf, gab Marcus sich sofort wieder unschuldig,
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