Sukkubus 02 - One Way Ticket in die Hoelle
Das muss einen doch wütend machen.«
»Du machst dir keine Vorstellung.« Er lehnte sich in seinem Thron zurück, als würde Er darin Zuflucht suchen. »Endlich so belohnt zu werden, wie es mir von Anfang an zustand, nur damit ich ständig seinen Namen zu hören bekomme …« Er bleckte Seine Zähne, die ebenso weiß schimmerten wie Seine nackte Haut. »Was muss ich tun, um mich endlich von ihm zu befre i en?«
Für einen Erzengel strotzte er geradezu vor Sünde – Neid, Stolz, Eifersucht … sogar Lust: eine Lust nach Anerkennung, eine verzehrende Gier nach Selbstverwirklichung. Ich sagte: »Nur Euer Bestes, Herr.«
Seine Augen sprühten grünes Feuer. »Das tue ich. Und dennoch wird mir nichts als Kritik entgegengebracht. Von Alekto, deren Vergleiche schmerzlicher stechen als Skorpione. Vonseiten der Könige, die sich stets nur dem Gejammer ihrer stillen Ford e rungen und unerhörten Ambitionen hingeben. Von allen Seiten.«
»Es muss schwierig sein, derart viel Geduld aufzubringen«, sagte ich, während ich daran dachte, wie er Asmodäus dafür vernichtet hatte, dass er ein Narr war. Nein, Schluss damit – keine He u cheleien. Glaube deinen eigenen Worten! »Niemand wird sich jemals ein Bild davon machen können, welcher Druck auf dem König der Hölle lastet.«
»Niemand«, sagte Er zustimmend.
»Ihr seid nicht ohne Grund zum König ernannt worden«, sagte ich. »Was andere Geschöpfe tun oder sagen, kann doch siche r lich keine Rolle spielen, wenn der Allmächtige persönlich an Eure Fähigkeiten glaubt.«
»Der Allmächtige.« Er bedeckte Seine Augen mit einer bleichen Hand. »Der Allmächtige spricht nicht mit mir; er gibt mir ke i nerlei Rat oder Lob. Er äußert nicht einmal Kritik. Er hat mich einfach in die Hölle geworfen und mich dann im Stich gelassen.«
Ich runzelte die Stirn. »Herr, ich verstehe nicht. Ihr habt gesagt, Ihr wurdet endlich so belohnt, wie es Euch seit Langem zusteht. Wollt Ihr denn nicht König der Hölle sein?«
»Wollen? Ich will, was ich schon immer wollte. Ich will, dass der Allmächtige all das würdigt, was ich für ihn getan habe.«
»Was, Herr?«
»Ich habe Abraham davon überzeugt, den Widder zu opfern anstelle seines Sohns, und ich habe seinen Enkel nicht nur ei n mal, sondern gleich zweimal gerettet. Ich lehrte Adam, die Erde zu bestellen, und ich lehrte Moses die Gesetze. Ich war der erste der Engel, der sich vor den Menschen verneigte«, sagte Er mit einem Knurren, »der erste, der die Weisung des Herrn befolgte, die Menschen als uns übergeordnet anzuerkennen, da sie aus eigenem Willen handeln. Ich bin der heilige Michael, Erzengel und Vizekönig des Himmels.«
Seine Stimme hallte durch den Saal, während ich die Worte in mich aufnahm. Ich musste zugeben, Er hatte schon eine ve r dammt beeindruckende Vita. Und genügend persönliche Pro b leme, um einen Psychiater mindestens drei Menschenleben lang mit Arbeit zu versorgen.
»Das Einzige, was ich mir je gewünscht habe«, sagte Michael, »war seine Liebe. Doch der Allmächtige sparte sich seine Liebe für einen anderen auf, für mich blieb nichts übrig.«
»Vielleicht hat er Euch seine Liebe auf eine andere Weise g e zeigt«, sagte ich. »Immerhin hat er Euch zum König der Hölle ernannt.«
»Richtig, auf Geheiß des Allmächtigen tauschten der Morge n stern und ich die Rollen. Nun ist er der Psychopompos, der Seelenbegleiter, und ich bin der König der Verdammten.« Er lachte, ein bitteres Geräusch, das mich unendlich an Luzifer erinnerte. »Ich bin ein Erzengel. Was weiß ich schon von Ve r dammnis?«
Vielleicht war es dieses Lachen, das irgendetwas in mir zum Klingen brachte; vielleicht waren es Seine Worte. Vielleicht war es die Erinnerung an Luzifers Rat. Aus welchem Grund auch immer, ich wusste plötzlich, was ich zu tun hatte.
Ich stand auf, ging einen Schritt auf das Podest zu. »Ihr lernt noch, Herr. Alles braucht seine Zeit.«
»Zeit, die ich nicht habe.« Er seufzte, ein schwermütiger Klang, der die kühle Luft des Thronsaals erfüllte. »Alekto hat dir von ihren jüngsten Prognosen berichtet, nicht wahr? Der Namenlose regt sich. Ganz gleich, was ich tue, es ist nicht genug.«
Mein Fuß berührte den Rand des Podests. »Herr, Ihr seid immer noch neu in Eurer Position. Ihr erprobt neue Möglichkeiten, tut Dinge, die sich Euer Vorgänger nicht einmal hätte vorstellen können.« Wie etwa die Grenzen zwischen den Sünden aufz u weichen. Oder wie Verführerinnen durch jungfräuliche Heili g
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