Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer
war verständlich. Die Menschen fürchteten sich vor dem, was sie nicht verstanden.
In flehentlichem Ton fuhr er fort: »Aber es steckt noch so viel Musik in mir. Ich brauche nur etwas mehr Zeit, um herauszufinden, wie ich ihr Ausdruck verleihen kann, wie ich sie aus meinem Kopf zu Papier bringen kann. Wie ich sie in Realität verwandeln kann.«
Ich umfasste sein Kinn und drehte sein Gesicht zu mir, damit ich ihm tief in die Augen blicken konnte. »Wirklich?«
»Ja, Herr. Selbst in diesem Augenblick höre ich die Klänge einer Oper – Eurer Oper«, sagte er voller Inspiration. »Mein gesamtes Werk habe ich Euch zu verdanken, aber bislang habe ich Euch nichts für meine zusätzlichen Jahre zurückgegeben. Ich werde eine Oper für Euch schreiben.«
»Was sagst du da, Wolfgang?«
»Schenkt mir noch etwas mehr Leben, und ich werde Euch eine Oper schreiben, wie sie noch keiner gehört hat. Dunkel und leidenschaftlich, ja … und ohne jede Reue.« Seine Augen leuchteten, und ich konnte die Musik fast in seinem Kopf hören, als er sagte: »Ein Bass, vielleicht ein Bariton, aber auf gar keinen Fall ein Tenor, nicht für ihn. Natürlich ein Adliger. Ein Libertin, der nur für die Liebe lebt. Und der sich seiner Natur nicht widersetzt, auch wenn er deswegen in der Hölle endet.«
»Mein Wolfgang«, flüsterte ich. »Das würdest du für mich tun?«
Er blinzelte seine Visionen des Orchesters weg und konzentrierte sich auf mich. Lächelte, dolce. »Ich schäme mich, dass ich das nicht schon viel eher getan habe. Ja, mein Herr, ich werde Euch eine Oper komponieren.«
Niemand hatte mir je ein solches Geschenk gemacht. Opfergaben, das ja. Jungfräulichkeit, natürlich. Aber Musik? Für mich? Das war ein Kompliment sondergleichen.
Es war berauschend.
»Dann sollst du genug Zeit bekommen«, verkündete ich. »Mehr als genug.«
»Oh, mein Herr. Mein Herr«, rief er, während er mein Gesicht mit Küssen übersäte. »Habt Dank!«
Und dann, Leidenschaft. Unsere Körper, unsere Stimmen, verwandelt in Musik – in Melodie und Harmonie, verschlungen, verschmolzen, istesso tempo. Schneller, accelerando. Vivace, während er sich in den Sinneseindrücken dieser fleischlichen Sinfonie verlor. Dann ein triumphierendes sforzando.
Und schließlich fine .
Wie wir so beieinanderlagen, die Hände verschlungen, murmelte der Maestro: »Ich habe Euch noch nie nach Eurem Namen gefragt, Herr.«
Ich lächelte, während ich mich insgeheim bereits fragte, wie meine Oper wohl klingen würde. »Mein Name? Mein Name ist Don Juan.«
Kapitel 15
Wenn Sünden aufeinanderprallen
»Das war einfach fantastisch«, sagte Virginia; ihre Augen leuchteten vor Leidenschaft. Sie hielt meine Hand fest gepackt, während wir gemeinsam aus dem Zuschauerraum ins Foyer gingen. »So kraftvoll. Leidenschaftlich. Absolut atemberaubend.«
Genau wie sie. Virginia hatte sich für den Anlass in Schale geworfen und ihre leichensackartige Kleidung gegen ein figurbetontes Cocktailkleid getauscht. Mit einem Ausschnitt, der tief genug war, um ihre Zwillingshügel zu betonen, und einem Saum, der hoch genug lag, um ihre Oberschenkel mehr als nur erahnen zu lassen, schmiegte sich das schwarze Samtkleid verführerisch an ihren Körper. Verlockend. Schlicht, ohne belanglos zu wirken; elegant, aber nicht extravagant. Sie hatte ihre Haare zu einem strengen Knoten zurückgesteckt, aber einige ihrer Locken hatten sich bereits freigekämpft. Kohlschwarze Wimpern umrahmten ihre grünen Augen, die vor Freude funkelten; ihre weinfarbenen Lippen formten ein zufriedenes Lächeln.
Sie war die mit Abstand hinreißendste Frau im ganzen Theater.
»Mozart war zweifellos leidenschaftlich«, sagte ich. »Und produktiv. Und pragmatisch. Er komponierte sein dreiundzwanzigstes Klavierkonzert, nur vier Tage nachdem er eine Sonate vollendet hatte.«
»So schnell?«
»Wien war im späten achtzehnten Jahrhundert stark katholisch geprägt, daher blieben die Theater zwischen der Adventszeit und der Fastenzeit geschlossen. Die gelangweilten Wiener gingen stattdessen häufiger in Konzerte.«
»Das haben die Leute also gemacht, bevor das Fernsehen erfunden wurde …«
Hihi. »Komponisten wie Mozart schrieben so viele neue Werke wie möglich und mischten sie bei den Aufführungen unter ihre beliebtesten Stücke.«
»Du weißt so viel über ihn.«
»Wie gesagt, ich bin ein Fan von ihm. Das Stück war ein außerordentlicher Erfolg, fast vom ersten Tag an. Es sollte eigentlich ein Intermezzo
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