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Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer

Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer

Titel: Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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Überreste seines Schutzschildes nachgaben, und mit einem zufriedenen Grinsen wechselte ich über unsichtbar zu unkörperlich, um in seinen Körper eindringen zu können.
    Mir wurde vorübergehend schwindelig, als ich mich in den kleineren Körper einfügte und den Druck der Schwerkraft auf meinen menschlichen Gliedern spürte. Oh-ho. Mein Kopf rauschte. Von jemandem Besitz zu ergreifen fühlte sich so an, als würde man durch gerinnendes Blut schwimmen. Und es schmeckte genauso süß. Ich genoss die Eindrücke, die Gerüche, die Texturen, die für diesen Sterblichen so selbstverständlich waren: das Gefühl des heißen Kunststoffbechers in seiner (meiner) Hand, das gerade noch erträglich war; den Geschmack von Schlaf auf seiner/meiner Zunge; die beißende Kälte an meinen Wangen und das Pochen meines Herzens, wenn ich tief einatmete und den eisigen Wind in mich aufsaugte. Ich warf meinen Kopf in den Nacken und lachte, begeistert von dem Gefühl, wie das Geräusch aus meiner Kehle sprudelte. Teufel noch mal, nichts fühlte sich so real an, wie in einem menschlichen Körper zu stecken. Außer natürlich mit einem gewissen Körperteil in einem menschlichen Körper zu stecken. Aber selbst dieser Akt wirkte manchmal ein wenig schal, verglichen mit dem Gefühl, menschliches Fleisch zu stehlen. Besessenheit war ein Zustand von ungetrübter Lust – ein Orgasmus in der Außensicht. Pure, geile Glückseligkeit.
    Ich lehnte mich zurück und ließ die menschliche Marionette – … Joe mein Name ist Joe …
    – an die Oberfläche dringen und seinen Körper zurückerobern. Teilweise zumindest. Tief in seinem Innern beeinflusste ich immer noch seine Gedanken, seine Bewegungen. Befahl ihm, zum Straßenverkehrsamt zu fahren. Er runzelte die Stirn, als wir gemeinsam ins Auto stiegen –
    … ich muss doch überhaupt nicht zum Straßenverkehrsamt warum fahre ich da hin …?
    – aber er sträubte sich nicht im Geringsten, als wir den Motor anließen und losfuhren. Zehn Minuten später hielten wir vor einem großen Einkaufszentrum. Ich erinnerte ihn daran, dass wir zum Straßenverkehrsamt wollten und nicht seine Urlaubseinkäufe erledigen.
    … das Straßenverkehrsamt ist da drin …
    Na schön. Dann los.
    Wir marschierten hinein, gingen zu der großen Übersichtstafel und überflogen die Liste. Er zeigte auf eine Zeile ziemlich weit unten: DMV Saratoga Springs.
    Sicher?
    … Department of Motor Vehicles, das ist das Straßenverkehrsamt …
    Perfekt.
    Wir durchquerten das Gebäude und kamen an zahlreichen Geschäften vorbei, die verschiedene Dienstleistungen und Waren feilboten, von Kleidung und Schuhen bis hin zu Essen und Unterhaltung. Aber es war längst nicht zu vergleichen mit den labyrinthischen Gängen des Pandämoniums, deren nackte Wände so sehr nach Ammoniak stanken, dass selbst der intensive Geruch von feuchter Erde mühelos überlagert wurde. Wie lange es beim Straßenverkehrsamt auch dauern mochte, ich war mir sicher, es würde den Wartezeiten im Höllenschlund nicht im Ansatz den Schwefel reichen können; die Zeit, die man regelmäßig damit zubrachte, Berge von detaillierten Formularen auszufüllen, reichte aus, um einen geringeren Dämon vor schierer Langeweile zu töten. Die Menschen langweilten sich nicht gern (zugegeben, wir Dämonen eigentlich auch nicht, aber im Gegensatz zu uns konnten die Menschen wenigstens etwas gegen die Langeweile tun), daher setzten sie auf allerlei Zerstreuungen, die sie von ihrem Entschluss, erforderliche Formulare auszufüllen, wirkungsvoll ablenkten und sie stattdessen dazu verlockten, ihr hart verdientes Geld für Dinge auszugeben, die sie nicht brauchten. Ganz schön hinterlistig. Echt beeindruckend. Kein Wunder, dass das Namenlose Böse sein Auge lieber auf die irdischen Sphären richtete als in die Tiefen des Höllenschlunds. Diese Menschen waren einfach Meister darin, sich von unbequemen Tatsachen abzulenken.
    Im Straßenverkehrsamt hätten wir brav warten können, bis wir an der Reihe gewesen wären. Warum auch nicht? Stattdessen gingen wir schnurstracks an den Schalter, wo ein Walross von einer Frau wütend auf ihrer Computertastatur herumhämmerte. Ohne aufzublicken, donnerte sie: »Warten Sie, bis Sie dran sind.«
    Ich liebte es, wenn sie die Unnahbare spielten.
    Während ich dem Karrieretypen seine Sonnenbrille abnahm, fragte ich lächelnd: »Haben Sie das gesehen?«
    Sie blickte auf, ihr breites Gesicht zu einer wütenden Grimasse verzogen.

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