Sukkubus - 03 - Kopfüber ins Fegefeuer
aufgefordert, sie zu McDoof zu begleiten. Aber ihr natürlicher Sinn für Gefahr, der in jedem Opfer steckte, schien plötzlich Alarm zu schlagen, denn Virginia schloss den Mund und blickte sich um. Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen spürte sie, dass etwas nicht stimmte. Ganz und gar nicht stimmte. Ihr Schritt wurde nicht langsamer, ebenso wenig wie meiner, aber ihre Abwehr baute sich instinktiv wieder auf, Schicht für Schicht. Ich konnte es daran erkennen, dass sie plötzlich aufrechter ging und ihr Blick verschlossen wirkte. Ihr Mund, eben noch absolut küssenswert, nahm einen verbissenen Ausdruck an, der bei jeder anderen Frau unattraktiv gewirkt hätte.
Wenn das hier nicht funktionierte, wäre die ganze letzte Stunde reine Zeitverschwendung gewesen. Mir blieb nur eine einzige Chance – zumindest in dieser Gestalt. Und ich hatte das Gefühl, dass Pan mir nicht mehr allzu viel Vorbereitungszeit einräumen würde. Ich musste sie mir angeln. Und zwar heute.
Jetzt.
Die menschliche Marionette, die ich herbeibeschworen hatte, stand etwa zehn Meter vor uns an einen Geschäftseingang gelehnt und rauchte eine Zigarette. Er war größer als ich – sowohl in der Höhe als auch in der Breite – und strahlte etwas absolut Bösartiges aus. Faszinierend, mit welcher Perfektion manche Menschen diese typische »Leg dich besser nicht mit mir an« -Haltung der Dämonen beherrschten. Oder vielleicht hatten wir sie sogar von den Menschen gelernt. Wer weiß? Wie die Grenzen von Land und Sünde schien manchmal alles ineinander zu verschwimmen. Er rauchte, während sein Drang nach Gewalt nur so aus ihm hervorquoll.
»Noch einen Block«, sagte Virginia mit angespannter Stimme.
Ich nickte, schwieg. Was nichts mit der einschüchternden Aura des Mannes zu tun hatte, der da am Gebäude lehnte; ich wollte Virginia jetzt nicht in ein Gespräch verwickeln. Schritt zwei würde deutlich wirkungsvoller ausfallen, wenn ich Virginia nicht ablenkte, wenn sie die Gefahr vom ersten Moment an registrierte und nicht erst, wenn alles vorbei war.
Wir gingen weiter. Der Typ rauchte. Und wartete.
Während ich ihn aus dem Augenwinkel heraus beobachtete, musste ich mir ein Lächeln verkneifen. Er war wirklich die perfekte Marionette für meine Zwecke – er sah aus, als würde er Kaninchenbabys zertrampeln, nur um das schmatzende Geräusch zu hören. Ich hätte genauso gut unsichtbar sein können; er starrte Virginia lüstern an, während er weiter an seiner Kippe zog. In Gedanken riss er ihr die Kleider vom Leib und warf sie vorwärts auf eine Motorhaube, um sie von hinten zu vögeln. In seinem Blick lag nichts von Leidenschaft; ihm ging es lediglich um die Macht. Er war ein Sexualtäter, ein Vergewaltiger, der nur auf das richtige Opfer wartete. Irdischer Abschaum. Genau die Art von Bösewicht, um dessentwegen sich die Dämonen gegenseitig an den Kragen gingen – gehörte seine Seele dem Zorn? der Gier? dem Stolz? Meinetwegen konnten sie ihn in drei Teile spalten und seine Seele unter sich aufteilen; die Lust hatte etwas Besseres verdient als ihn. Aber ich hatte ohnehin kein Interesse an derartigen Machtspielchen.
Virginia bemerkte ihn. Kein Wunder – er war ganz der harte Typ in Leder und Nieten und versprühte seinen Charme mit den Augen. Eine der Grundregeln, die selbst menschliche Verführer beherrschen: Augenkontakt ist absolut unerlässlich. Und jemandem tief in die Augen blicken ist nicht gleichbedeutend mit starren. Es ist deutlich intimer und deutlich wirkungsvoller. Wenn man es richtig machen will, darf man dabei nicht blinzeln. Man konzentriert sich auf ein Auge und saugt sich daran fest wie ein Blutegel. Man darf den Blick nicht unterbrechen. Und um nichts in der Hölle darf man die Begleitung der Zielperson ansehen. Damit der Charme auch wirkt, spielen noch einige andere Faktoren eine Rolle – kein Lächeln, kein Reden, ansonsten ist der Bann gebrochen. Und ich spreche hier nicht von infernalischer Magie, wie ich selbst sie verwende; ich spreche von der Macht der Lust. Augen sind die Fenster zur Seele – und die Seele ist reine Magie.
Aber der Typ hatte nicht vor, Virginia anzubaggern. Er hatte sie schon aus hundert Metern Entfernung begutachtet und sich längst überlegt, in welchen Stellungen er sie nehmen wollte, um sie dann aufzuschlitzen und dem Tod zu überlassen. Im Moment spielte er nur mit ihr, um herauszufinden, ob sie in irgendeiner Weise auf ihn reagierte.
Und das tat sie. Sie war gefangen wie ein Reh im
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