Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
Bernard ist, der es irgendwie geschafft hat, mich hier bei Kleinfeld Bridal aufzustöbern.
Manchmal zweifle ich an meiner eigenen Zurechnungsfähigkeit. Natürlich ist es Samantha.
»Wo steckst du denn?«, flüstere ich aufgebracht. »Es sind schon alle da. Glenn und Erica und …«
»Carrie«, unterbricht sie mich. »Ich werde es leider nicht schafen.«
»Wie bitte?«
»Mir ist ein wichtiges Meeting dazwischengekommen. Könntest du Glenn bitte sagen, dass …«
Plötzlich bin ich es leid, immer die Drecksarbeit für sie zu erledigen. »Warum sagst du es ihr nicht einfach selbst«, antworte ich und reiche den Hörer an Glenn weiter.
Während Glenn mit Samantha spricht, kommt eine der Verkäuferinnen herein und zieht strahlend einen mit Hochzeitskleidern beladenen Ständer hinter sich her. Donna und ihre Mutter brechen umgehend in entzücktes Kreischen aus, stürzen sich auf die Kleider und betasten und liebkosen sie, als wären sie süße kleine Tierbabys in einem Streichelzoo.
Es reicht, denke ich, und stehle mich still und heimlich zur Tür hinaus.
Hochzeiten sind wie Züge. Ist man erst einmal eingestiegen, kommt man nicht mehr so ohne Weiteres raus.
Ganz ähnlich verhält es sich mit der U-Bahn, in der ich gerade sitze.
Sie steckt jetzt bereits seit zwanzig Minuten irgendwo in den dunklen Katakomben zwischen der 42. und der 59. Straße fest, und selbst die Ureinwohner fangen allmählich an, unruhig zu werden.
Irgendwann reiße ich die Tür am Ende des Abteils auf, trete auf die schmale Plattform zwischen den Waggons hinaus, beuge mich über das Geländer und versuche zu erkennen, was der Grund für den Stillstand ist. Aber natürlich ist das vollkommen zwecklos. Das ist es immer. Ich sehe nichts als die Tunnelwände, die in der Ferne in der Dunkelheit verschwinden.
Plötzlich macht die Bahn einen unerwarteten Satz nach vorn, der mich beinahe aufs Gleis schleudert. Erschrocken klammere ich mich an der Tür fest, flüchte schleunigst ins Abteil zurück und nehme mir fest vor, in Zukunft vorsichtiger zu sein. Allerdings ist es schwierig, vorsichtig zu sein, wenn man sich gerade für unbesiegbar hält.
Die Vorfreude lässt mein Herz schneller schlagen.
Bernard hat mein Stück gelesen.
Nach meiner gelungenen Flucht aus dem Hochzeitstempel habe ich sofort die nächste Telefonzelle angesteuert und ihn endlich erreicht. Er erklärte mir, er habe den ganzen Tag Vorsprechen gehabt, müsse gleich wieder ins Theater und sei ziemlich müde. Seinem Tonfall war anzuhören, dass er sich am liebsten erst einmal ausruhen wollte, aber ich ließ nicht locker, bis ich ihn schließlich weichgeklopft hatte. Wahrscheinlich merkte er meiner Stimme an, dass ich entschlossen war, mich von nichts aufhalten zu lassen.
Noch nicht einmal von einer U-Bahn.
Die jetzt gerade kurz vor der Haltestelle 59. Straße erneut kreischend im Tunnel zum Stehen kommt.
Entschlossen eile ich durch die Waggons, bis zur Spitze des Zugs und schieße meinen eben erst gefassten Vorsatz, in Zukunft vorsichtiger zu sein, in den Wind, indem ich auf den kleinen Steg neben dem Gleis springe und die restlichen Meter zur Haltestelle zu Fuß zurücklege. Dort angekommen stürme ich die Rolltreppe hinauf, schiebe mich durch das Gewusel bei Bloomingdale’s und sprinte dann schweißgebadet in meinem weißen Lack-Jumpsuit Richtung Sutton Place.
Ich erwische Bernard vor dem Haus, wo er gerade nach einem Taxi winkt.
»Du bist spät dran«, sagt er und klimpert mit seinen Schlüsseln. »Und ich komme gleich auch zu spät.«
»Ich fahre mit dir zum Theater, dann kannst du mir unterwegs erzählen, wie großartig du mein Stück findest.«
»Das ist ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt, Carrie. Ich bin mit den Gedanken gerade ganz woanders«, entgegnet er in geschäftsmäßigem Tonfall. Ich kann es nicht leiden, wenn er so ist.
»Aber ich habe den ganzen Tag darauf gewartet«, flehe ich. »Ich drehe durch, wenn du mir nicht endlich sagst, was du davon hältst.«
Ich weiß nicht, warum ich so aufgelöst bin. Vielleicht, weil ich gerade aus einem Geschäft für Brautmoden komme. Vielleicht, weil Samantha nicht aufgetaucht ist. Oder weil ich niemals in die Situation kommen möchte, einen Mann wie Charlie mit einer Mutter wie Glenn heiraten zu müssen. Was bedeutet, dass ich selbst erfolgreich werden muss.
Bernard verzieht das Gesicht.
»Oh Gott. Es hat dir nicht gefallen.« Ich spüre, wie meine Knie weich werden.
»Immer mit der Ruhe, Kätzchen«, sagt er
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