Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
meine Maniküre.
Es ist mir ein Rätsel, wie man als Frau jemals das Interesse an Bernard verlieren kann.
11
Als ich am nächsten Morgen aufwache, hat mich endlich die Muse geküsst.
Ich weiß nicht, woran es liegt, aber der Knoten ist geplatzt. Möglicherweise hat es ja etwas damit zu tun, dass ich so viel Zeit mit Bernard verbracht habe. Jedenfalls weiß ich plötzlich genau, was ich schreiben möchte: ein Theaterstück.
Die Freude über diesen Geistesblitz währt jedoch nur ganze drei Sekunden, dann fallen mir ungefähr eine Million Gründe ein, die dagegensprechen. Zum Beispiel, dass Bernard denken könnte, ich würde ihn nachahmen. Dass es vermessen ist, mich als Erstes sofort an ein Theaterstück zu wagen, weshalb ich bestimmt kläglich scheitern werde. Oder dass Viktor Greene bestimmt nicht einverstanden sein wird, schließlich hat er ausdrücklich gesagt, wir sollen Kurzgeschichten oder Gedichte schreiben.
Ich richte mich in Samanthas breitem Bett auf und schneide verzweifelte Grimassen. Wenn ich in New York bleiben will, muss ich beweisen, dass ich es hier schafen kann. Das Problem ist nur, dass ich keine Ahnung habe, wie ich das anstellen soll. Vielleicht habe ich ja Glück und werde zufällig entdeckt. Oder es stellt sich heraus, dass ich irgendwelche versteckten Talente habe, von denen nicht einmal ich etwas wusste. Ich klammere mich an die Seidenbettdecke als wäre sie meine Rettungsleine. Verdammt, ich will nicht von hier weg! Trotz all meiner Ängste und Unsicherheiten, habe ich das deutliche Gefühl, dass diese Stadt meine große Chance ist – aber in weniger als sieben Wochen
beginnt mein Studium an der Brown University und das heißt, wenn etwas geschehen soll, muss es bald geschehen.
Ich ziehe einen losen Faden aus der Decke und wickle ihn mir nachdenklich um den Zeigefinger. Den Platz an der Brown habe ich schon sicher in der Tasche, aber wenn New York eine Universität wäre, würde ich jetzt noch mitten im Bewerbungsverfahren stecken. Trotzdem. Andere haben es schließlich auch geschafft, hier Karriere zu machen – warum sollte mir das nicht genauso gelingen?
Entschlossen springe ich aus dem Bett, ziehe mich an und tippe im Stehen drei Sätze in die Schreibmaschine. Ich will es schafen. Ich werde es schafen. Zur Hölle mit den anderen! Dann greife ich nach meiner Carrie-Tasche und stürme die fünf Stockwerke nach unten.
Ich bin so voller Tatendrang, dass ich das Gefühl habe, über den Asphalt zu schweben, während ich mich routiniert durch das morgendliche Gedränge auf der 14. Straße schlängle und schließlich nach rechts in den Broadway abbiege. Mein Ziel ist das Antiquariat »The Strand«, wo es zu unschlagbar günstigen Preisen jedes nur erdenkliche Buch gibt. Obwohl der Laden an sich einen ziemlich schäbigen Eindruck macht, benehmen sich die Angestellten, als wären sie die Hohepriester der Weltliteratur. Das wäre nicht weiter problematisch, wenn man ihnen aus dem Weg gehen könnte, aber sobald man in dem Durcheinander ein bestimmtes Buch sucht, ist man auf sie angewiesen. Ich wende mich an einen Verkäufer mittleren Alters, der ein Tweedjackett mit Lederflicken auf den Ellbogen trägt.
»Haben Sie den ›Tod eines Handlungsreisenden ‹ da?«
»Das will ich doch schwer hofen«, brummt er und mustert mich geringschätzig.
»Großartig. Das hätte ich nämlich gern. Und dann noch die gesammelten Theaterstücke von Oscar Wilde, ›Die kleinen Füchse‹, ›Die Frauen‹ und ›Unsere kleine Stadt‹.«
»Langsam, langsam. Sehe ich etwa aus wie ein Schuhverkäufer? «
»Nein, natürlich nicht«, murmle ich kleinlaut und folge ihm ergeben durch das Regallabyrinth der Buchhandlung.
Als er mir nach einer viertelstündigen Suche das letzte der Bücher auf meiner Liste in die Hand drückt, entdecke ich am Ende der Regalreihe Ryan, der völlig in die Lektüre von »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« versunken ist, sich dabei selbstvergessen am Kopf kratzt und gleichzeitig mit dem Fuß wackelt.
Ich tippe ihm auf die Schulter. »Hey.«
»Oh, hey.« Er klappt das Buch zu. »Was machst du denn hier?«
»Ich habe vor, ein Theaterstück zu schreiben«, ich zeige ihm meinen kleinen Bücherstapel, »und dachte, es wäre vielleicht ganz gut, vorher ein paar Klassiker zu lesen.«
Ryan lacht. »Lesen ist immer noch die beste Methode, um sich vor dem Schreiben zu drücken. Da kann man sich zumindest vormachen, man würde arbeiten.«
Ich mag Ryan. Im Gegensatz zu seinem Freund
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