Summer and the City - Carries Leben vor Sex and the City: Band 2 (German Edition)
aus dem heruntergekurbelten Fenster. »Und viel Spaß heute Abend!«
Ich sehe ihm hinterher, als er davonfährt, und beneide ihn unglaublich um seine Freiheit.
»So!«, sagt Wendy strahlend, als wir im Auto sitzen. »Wann soll es denn losgehen mit dem Studium an der Brown?«
Ich zucke nur mit den Achseln.
»Du bist bestimmt froh, wenn dein Kurs in New York vorbei ist, was?«, plappert sie munter weiter. »Ich finde es dort immer unglaublich laut, eng und dreckig.« Sie legt meinem Vater lächelnd eine Hand auf den Unterarm.
Das Boyles ist ein winziges Restaurant in einer Seitenstraße der Main Street, wo ein kleines Bächlein plätschert, das den fast schon anmaßenden Namen »Roaring Brook« trägt. Das Lokal selbst hat sich für ein Nest wie Castlebury viel vorgenommen: die Nudeln heißen hier nicht Nudeln, sondern Pasta, und die Tische sind mit Stofservietten und schlanken Vasen eingedeckt, in denen jeweils eine einzelne Rose steckt.
»Sehr romantisch«, sagt mein Vater anerkennend, als er Wendy an ihren Platz geleitet und ihr den Stuhl zurechtrückt.
»Dein Vater ist ein wahrer Gentleman«, raunt Wendy mir zu.
»Ach, tatsächlich? Das ist mir bisher noch nie aufgefallen.« Mir läuft es kalt über den Rücken. Er und Wendy sind mir unheimlich. Ich frage mich, ob sie miteinander schlafen, und hoffe
inständig, dass sie es nicht tun. Mein Vater ist schon viel zu alt für so etwas.
Dad greift, ohne auf meine Bemerkung einzugehen, nach der Karte. »Oh, heute gibt es wieder Fisch«, sagt er und erläutert an mich gewandt. »Wendy liebt Fisch.«
»Ich habe fünf Jahre in Los Angeles gelebt. Die Leute dort leben viel gesundheitsbewusster als hier«, erklärt Wendy.
»Meine Mitbewohnerin ist gerade in Los Angeles«, erzähle ich, weil die Unterhaltung für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr um Wendy kreist. »Sie wohnt im Beverly Hills Hotel.«
»Oh, dort habe ich mal zu Mittag gegessen«, quietscht Wendy mit unerschütterlicher Fröhlichkeit. »Gott, war das aufregend. Wir saßen direkt neben Tom Selleck.«
»Das hast du mir gar nicht erzählt«, ruft mein Vater beeindruckt, als würde die Tatsache, dass sie einmal in der Nähe eines Fernsehschauspielers gesessen hat, sie in seinen Augen noch begehrenswerter machen.
»Ich habe kürzlich Margie Shephard kennengelernt«, halte ich dagegen.
»Wer ist Margie Shephard?«, fragt mein Vater stirnrunzelnd.
Wendy zwinkert mir verschwörerisch zu, als wären wir heimliche Komplizinnen, die gnädig über die Unwissenheit meines Vaters in Bezug auf Popkultur hinwegsehen. »Eine Schauspielerin, über die gerade sehr viel gesprochen wird. Alle schwärmen von ihrer Schönheit, aber ich finde sie ehrlich gesagt ziemlich gewöhnlich.«
»Wahrscheinlich liegt das daran, dass Sie ihr nie persönlich begegnet sind. Sie ist wirklich wunderschön«, entgegne ich. »Sie funkelt geradezu von innen heraus.«
»Das tust du auch, Carrie«, sagt Wendy plötzlich.
Ich bin so überrascht von dem Kompliment, dass es mich für einen Moment außer Gefecht setzt. »Und …«, ich greife nach der Karte, »… was haben Sie in Los Angeles gemacht?«
»Wendy war Mitglied einer …« Mein Vater blickt hilfesuchend zu seiner Freundin.
»Einer Improvisationsgruppe. Wir haben Improvisationstheater gemacht.«
»Wendy ist sehr kreativ.« Mein Vater nickt strahlend.
»Ach, ist das nicht das, was dieser Marcel Marceau macht?«, frage ich unschuldig, obwohl ich genau weiß, dass Improvisationstheater etwas anderes ist. »Haben Sie sich das Gesicht weiß geschminkt und Handschuhe getragen?«
Wendy kichert, ofensichtlich amüsiert von meiner Unwissenheit. »Ich habe während meines Studiums zwar auch Pantomime gelernt, aber mit der Truppe aus L.A. haben wir hauptsächlich ein Comedyprogramm gemacht.«
Jetzt bin ich völlig verblüfft. Wendy ist Schauspielerin und hat noch dazu Comedy gemacht? Dabei wirkt sie auf mich alles andere als witzig.
»Wendy hat sogar mal in einem Werbespot für Kartofelchips mitgespielt«, wirft mein Vater mit wichtiger Miene ein.
»Das interessiert doch niemanden«, rügt Wendy ihn liebevoll. »Er lief bloß im Regionalfernsehen und das Ganze ist auch schon sieben Jahre her. Mein großer Durchbruch.« Sie verdreht ironisch die Augen.
Immerhin kann Wendy über sich selbst lachen, also bekommt sie von mir doch ein Häkchen in der »Pro«-Spalte. Aber vielleicht ist das auch nur Show, um Punkte bei mir zu sammeln. »Dann muss Ihnen Castlebury aber
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