SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
der Typ.
Auf einmal starrte der Mann Tony direkt in die Augen, ihre Blicke kreuzten sich für einen Moment, eine hässliche Kälte jagte durch Tonys Glieder. Er gab sich alle Mühe, um nicht zusammenzuzucken, und wandte sich zur Bar hin ab.
Dem möchte ich nicht im Dunklen begegnen.
Als er sich wieder seinem Drink zuwenden wollte, stieß er mit dem Ellbogen an den Oberarm eines Mannes neben ihm. Er war etwas kleiner als Tony, um die 45 Jahre alt, graues kurzes Haar.
«Oh, entschuldigen Sie. Keine Absicht.» Tony erblasste.
«Keine Ursache, nichts passiert. Sie sind Amerikaner? Aus New York nehme ich an, dem Klang nach.»
«Richtig, ähem, gestatten Sie, Anthony L… Lester Grant. Sehr erfreut.»
Ich Idiot. Um ein Haar hätte ich mich mit meinem richtigen Namen vorgestellt. Agent spielen. Ha!
«Es ist immer gut, Landsleute zu treffen in fremden Gestaden. Sean Wynter, mein Name. Ich arbeite für den amerikanischen Botschafter in der Schweiz. Geht es Ihnen nicht gut? Sie sehen etwas blass aus, wenn Sie gestatten dass ich das sage.»
«Ja, das kann gut sein, Jetlag. Gestern Abend angekommen und anschließend etwas zu lange mit Geschäftspartnern gefeiert. Aber es geht, danke.» Tony lächelte etwas gezwungen.
«Na dann, geben Sie auf sich Acht! Einen schönen Abend und viel Erfolg bei Ihren Geschäften.»
«Ihnen auch, danke.»
Der freundliche Mann namens Sean Wynter nickte ihm zu und verließ die Bar. Er bewegte sich zu einer der abgelegeneren Sesselkombinationen in einer kleinen Nische an der Wand. Es war nicht zu erkennen, ob da noch jemand saß.
Als Tony wieder zu Vince hinübersah, erblickte er einen wahren Koloss von einem Menschen, der sich neben den südafrikanischen Ex-Söldner gestellt hatte. Schwarze Haut, schwarzer Anzug, schwarze Krawatte, Glatze, Hände wie Baggerschaufeln.
Die beiden lachten und umarmten sich. Vince wirkte neben dem Hünen wie ein Dreikäsehoch.
Die darauffolgenden zehn Minuten verbrachten die beiden in ein Gespräch vertieft, bis sie gingen. Offenbar wollte Vince die Unterhaltung in einem etwas privateren Rahmen fortführen.
Als der Riese und der Schmalhans eine Stunde später zurückkehrten, offenbar um sich zu verabschieden, machte Vince einen zufriedenen Eindruck. Der Riese schien nachdenklich.
Vince schüttelte die Pranke seines Freundes und wollte sich gerade abwenden, als sich sein Kopf ruckartig zum Eingang drehte.
An der Drehtür war ein Mann aufgetaucht, den Vince offensichtlich kannte, aber über dessen Anwesenheit er wenig erfreut war.
LJ blickte ebenfalls kurz über die Schulter und reagierte blitzschnell. Er schob Vince sanft vor sich her und verdeckte mit seinem massigen Körper die Sichtlinie zum Eingang hin. Er und Vince verschwanden mit raschen Schritten, aber ohne zu rennen in Richtung Aufzüge.
Kaum waren sie verschwunden, vibrierte Tonys Smartphone.
«Mein Zimmer. Herkommen! Neuigkeiten. V.»
9
Vince öffnete die Tür mit den goldenen Lettern 0503. Tony trat ein. Der Hüne namens LJ stand am Fenster und blickte hinunter auf die Straße. Er drehte sich um und brummte. «Vincy-Boy, das ist ’ne ganze schöne Numma, die du da abzieh’n willst. Verdammt, aber wat soll’s! Du hast was gut bei mia. Ich hab nisch vergess’n, was du für mia getan has’ damals. Aba willst uns nich’ mal bekanntmach’n?»
Die Stimme des großgewachsenen Afro-Amerikaners klang wie ein Donnergrollen, auch wenn er leise sprach.
Vince deutete auf Tony. «Das ist Tony, der Boss. Tony, das ist LJ, ein alter Freund.»
Tony schritt auf den Riesen zu. «Freut mich.»
«Ell Jay. Zu Diensten.»
Das «Jay» klang aus dem Mund des Schwarzen wie der tiefste Basston eines Cellos. Der über zwei Meter große Brocken zog die Oberlippe hoch und schüttelte Tonys Hand.
Hoffentlich kriege ich sie ganz wieder. Mit den Klauen könnte er als Schrottpresse arbeiten. Tief durchatmen!
«Also, ihr zwei Hübschen. Wo brennt’s?», hörte sich Tony sagen.
Vince lachte. «Hey Boss, endlich mal ein gerades Wort. So haben wir’s gern. Hahaa!»
Auch LJ gluckste und brummte sein Tiefengröhlen.
Vince wandte sich an Tony. «Also, Boss, es is’ alles in Butter. Ich hab LJ erzählt, was abgeht. Der Mann ist ein sicherer Wert. Sorry wegen des schnellen Abgangs vorhin, aber wie der Zufall es wollte, ist doch tatsächlich Jacob Marson mit zwei seiner Bluthundeam Eingang aufgetaucht. Wär gar nicht gut gewesen, wenn er mich entdeckt
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