SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
arbeitet morgen Abend im Garden Palace, einem Fünfstern-Designerhotel hier in der Nähe. Ich treff’ ihn da bevor er seinen Dienst antritt. Er wurde von der Hotelleitung engagiert, um in der Lobby für eine Extraportion Übersicht zu sorgen. Die erwarten wohl wichtige Gäste, wer weiß. Hab den LJ gefragt, ob er noch Kontakt zur Phy hätte und ob immer noch die alte Garde am Drücker sitze. Und jetzt kommt der beste Teil: Jacob Marson verkehrt ab und zu in dem Palace-Edelschuppen. Marson. Die linke Hand des Teufels. Dieser verdammte Schakal von einem triefenden hinterhältigen...»
«Schon gut, schon gut, ich habe verstanden dass du ihn nicht magst. Was ist jetzt mit dem Typen?»
«Sorry. Ja. Hab LJ erzählt, dass ich ein paar Probleme gehabt hab mit den Phy-Bossen und dass ich was unternehmen wolle deswegen. Er sagte, ich sei verrückt gegen diese Blutwölfe was ausrichten zu wollen. Er habe die Schnauze voll von dem Laden, wollte es mir gleich ausreden. Aber er meinte er sei gerne bereit auf einen kleinen Erfahrungsaustausch und einen Drink auf alte Zeiten vorbeizuschauen. Hab ihm nichts von dir gesagt. Du kannst dich also in Ruhe umsehen und die Lage im Auge behalten, während wir quatschen. Das kann nie schaden.»
«Sehr gut. Es sieht aus, als kämen wir voran. Dann würd ich vorschlagen, dass wir umziehen. Wie wär’s mit einem entspannten Nachmittag im Spa des Garden Palace?» Tony schmunzelte. Nach den Strapazen der letzten Tage war schon die Vorstellung davon eine Wohltat.
«Nicht im Ernst, oder? Chef, das ist mal ’n Wort! Ich brauch dringend jemand nettes, der mir meinen Nacken massiert.»
«Ich denke, das wird sich einrichten lassen.»
7
Etwa zur gleichen Zeit entstieg am Hauptbahnhof Zürich ein Mann dem Zug. Er reiste mit leichtem Gepäck. Sein Hut war tief ins Gesicht gezogen, eine Pilotenbrille bedeckte seine Augen. Die Passanten beachteten ihn nicht sonderlich, sonst hätten sie die vielen kleinen Schnittwunden in seinem Gesicht bemerkt, die allmählich wieder verheilten, aber noch deutlich sichtbar waren.
Ryan Havering ging raschen Schrittes den Bahnsteig entlang in Richtung Bahnhofhalle.
Ich muss mir so schnell wie möglich ein Prepaid-Mobiltelefon besorgen. Sonst komm ich mit meiner Informationsbeschaffung kein Stück vorwärts.
Seinen Reisepass und seine Brieftasche hatte er glücklicherweise während seines Aufenthalts im Fluss bei sich behalten.
Mein Dienst-Mobiltelefon hat zwar wie durch ein Wunder noch funktioniert nach dem Ausflug im Fluss, aber es wäre viel zu riskant gewesen, es bei mir zu behalten. Hab’s zerstört und entsorgt. Brauche ’nen Ersatz. Muss so schnell wie möglich wieder online sein. Dann schauen wir weiter. Aber wie kann ich mich ausweisen? Ich kann nicht riskieren, meinen Diplomatenpass vorzuzeigen. Ich werde international gesucht, meine Tarnidentität ist dem Interpol mit Sicherheit schon bekannt. Und damit auch den Schweizer Behörden.
Auch sein FBI-Ausweis hätte ihm nicht weitergeholfen, mal abgesehen davon dass dieser zu Hause in seiner Wohnung in Washington D.C. im Safe lag. Undercover-Einsätze verlangten nach besonderen Restriktionen. Nicht ideal, wenn bei einer Routinekontrolle eines vermeintlichen einfachen Geschäftsmanns ein Ermittler-Ausweis der US-Behörden gefunden würde. Wär ja noch schöner!
Havering erinnerte sich daran, wie er das letzte Mal etwas Ähnliches in der Art gedacht hatte und die Realität noch um Längen unangenehmer ausgefallen war als die Vorstellung.
Ich muss meine Bankkarte benutzen. An verschiedenen Bankomaten soviel Geld abheben, wie ich kann. Die wissen so oder so, dass ich den Angriff überlebt habe. Eins und eins zusammengezählt, und sie suchen nach mir hier in dieser Stadt. Aber so einfach kriegen die mich nicht.
Nach dem fünften Bezug an unterschiedlichen Orten vermeldete das Display, dass momentan leider keine Geldausgabe möglich sei. Havering hatte genug Bargeld beisammen. Erst ein Telefon besorgen, dann muss ich mich um Nachschub an Pillen kümmern. Meine Hände zittern schon wieder.
Er stellte sich in die Nähe eines Elektronik-Geschäftes am Bahnhof und wartete auf eine geeignete Person, welche ihm bei der Beschaffung eines Mobiltelefons weiterhelfen konnte. Eine Stunde sichtete er vergebens die Umgebung. Endlich schnappte er ein flüchtiges Gespräch eines älteren vorbeigehenden Ehepaars auf, bei welchem es sich offensichtlich um amerikanische Touristen handelte. Havering sprach die
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