SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
Schweiß und Urin.
Die sechs Richterinnen hatten nicht lange gefackelt. Kaum hatte Vince das Buffet angerichtet, stürzte sich die Erste drauflos.
Tony hatte die Szene mit einigem Abscheu beobachtet, brachte aber Verständnis auf für den Zorn der Frauen.
Vorangegangen waren klare Instruktionen seitens des Hauptprügelmeisters. Vince hatte den Frauen klargemacht, dass Schawalder auf keinen Fall sterben dürfe. Also keine Schläge mit Absätzen gegen seinen Kopf, keine spitzen Gegenstände.
Nach einer Weile hatte es Tony nicht mehr ausgehalten. Er hatte die mitgebrachten Lederhandschuhe übergezogen, Schawalders Schlüsselbund aus seiner am Boden liegenden Hose genommen, hatte die Tür zum Treppenaufgang aufgeschlossen und war nach oben gegangen.
Der Wohnbereich des Hauses war seltsam steril. Die Einrichtung war offensichtlich nur zur Tarnung hergebracht worden. Es gab keinerlei Anzeichen auf Leben in den Räumen. Außer dem Wohnzimmer stand das Haus leer.
Im ersten Stock entdeckte Tony einen Raum mit einem Schreibtisch, darauf ein Aktenkoffer, ein Waffenkoffer mit einer Pistole und einige Kartons Munition. In der Ecke stand ein Safe.
Das hinterste Zimmer auf demselben Stock war verschlossen. Ein separater Schlüssel am Bund passte. Tony stiess die Tür auf.
Dieses Zimmer war ebenfalls spartanisch eingerichtet. Tony stockte der Atem, als er es betrat. Das Licht war sehr schwach. Neben der Tür stand ein Stativ mit einer Video-Kamera darauf. Die Fenster waren von dicken Gardinen verhüllt. Mitten im Raum stand ein altes Sofa, von den Decken hingen diverse mittelalterlich anmutende Folterinstrumente. Auf einem Sideboard lagen alle möglichen Sexspielzeuge und eine ganze Sammlung von Handschellen, Reißpeitschen, kleine Plastiktütchen mit weißem Pulver und Pillen.
Die Wände waren volltapeziert mit Schwarzweiß-Aufnahmen von Schawalder mit irgendwelchen Frauen. Beim Sex. Gewaltsamem Sex. Sehr junge Frauen, teilweise kaum 18 Jahre alt. Gefesselt, oft auch geknebelt, die Haut übersät mit Blutergüssen und Fesselmahlen, die Augen schmerzverzerrt. Um Gnade flehend. Bevor die Frauen in irgendwelche schmuddeligen Bordelle verfrachtet wurden, verging sich der Wiener Aristokrat offenbar an jeder einzelnen.
Schawalder! Dieses Schwein! Und ich hätte hin um ein Haar aus den Fängen von Vince befreit, damit ihm nicht am Ende etwas geschieht. Gott! Ich habe wirklich keine Ahnung von diesem Metier. Ach, ich habe keine Ahnung von dieser Welt.
Tony wurde schlecht. Er ging zurück auf den Gang und konnte gerade noch sein mageres Abendessen daran hindern, aus seinem Magen zu springen und auf dem Flur zu landen. Als er wieder einigermaßen beisammen war, lief er zurück in die Garage.
Vince hatte die Frauen wieder in den Van beordert. «Boss! Da bist du ja. Was machen wir nun?»
«Ich habe mich oben umgeschaut. Es gibt einen Safe, da ist sicher ein bisschen Bares drin. Wir sollten Schawalder zwingen, das Ding zu öffnen und uns die Kohle für Kranyek mitzugeben.»
«Und was gibt’s da oben sonst noch? Du siehst bleich aus, als hättest du ein Monster gesehen oder so was.» Vince klopfte Tony auf die Schulter.
«Ja, ein Monster. Kann man so sagen. Willst du nicht wissen.»
«Okay, wie auch immer. Und was machen wir mit den Frauen?»
«Wir dürfen es uns mit Kranyek nicht verscherzen, aber eigentlich gehören sie Schawalder, so wie die Dinge liegen. Ich schlage vor, wir lassen sie frei.»
«Find ich eine gute Idee. Die haben zwar wohl keine Pässe, aber viel Schaden können sie auch nicht anrichten.»
«Vielleicht finden wir im Safe ja noch ein bisschen Kleingeld für sie.»
6
Vince und Tony schleppten den halbwegs komatösen Wiener Aristokraten-Gangster Schawalder nach oben in den ersten Stock. Die Kleider hatten sie ihm behelfsmäßig wieder übergezogen.
Er hatte einiges abbekommen, schien aber nicht sehr schwer verletzt. Der Abrieb hatte deutliche Spuren hinterlassen. Im Raum mit dem Safe befahl ihm Vince, die geschuldete Summe für Kranyek hervorzuholen.
Mit einem sabbernden Murren beugte sich Schawalder seinem Schicksal und kritzelte die Kombination auf ein Blatt Papier auf dem Schreibtisch.
Tony öffnete den Safe und blickte ins Innere.
«Wieviel schuldest du Kranyek?»
Schawalder kritzelte eine weitere Zahl auf den Zettel.
«Verdammt! Nicht übel. Lieber du als ich!» Vince staunte nicht schlecht und hielt den Zettel hoch, um ihn Tony zeigen.
Dieser warf einen Blick
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