SUMMER DAWN (Sommerdämmerung) (German Edition)
darauf, und begann die 80’000 Euro aus dem Safe hervorzustapeln. Der Barbestand im Gehäuse belief sich auf ungefähr das Doppelte.
Tony schnappte sich den Aktenkoffer neben dem Schreibtisch und steckte die Bündel mit 500-Euro-Scheinen hinein. Er holte weitere zwölf Scheine derselben Sorte aus dem Safe und winkte damit Vince zu.
«Was meinst du? Zwei davon für jedes Mädchen dürfte reichen für eine Zugfahrt zurück in die Heimat.»
«Wie du meinst, Boss.»
Schawalder war außerstande, dem Ganzen noch länger zu folgen. Sein Kopf sank auf sein Schlüsselbein, er kippte zur Seite und fiel in sich zusammen.
Tony wies Vince an nach unten zu gehen und den Frauen ihr «Rückfahrticket» zu übergeben. «Hey Vince, und nimm die Knarre aus dem Koffer. Leg sie unter Schawalders Wagen! Nur zur Sicherheit.» Vince nickte und machte sich von dannen.
Tony packte den bewusstlosen Schawalder unter den Achseln, schleifte ihn zum Zimmer zuhinterst im Gang und legte ihn auf die versiffte Couch. Schawalder’s Mobiltelefon platzierte er in Griffweite auf dem Boden. Vor dem Morgen würde der Mann wohl nicht erwachen.
7
Es war kurz nach halb 1 Uhr nachts, als sich Havering, Takeda, Vince und Tony beim Ölhafen trafen. Sie entledigten sich der Waffen, wie aufgetragen, im Fluss und fuhren gemeinsam zur Monaco-Bar .
Takeda und Havering warteten im Wagen, während Tony und Vince sich um die Übergabe kümmerten.
Die Bar war ein Rotlichtabsteige der düsteren Sorte. Alle in diesem Lokal – von den wenigen dubiosen Gästen über die gelangweilten Stripperinnen bis hin zum mürrisch dreinblickenden Barkeeper – hatten in grossen Lettern «Draußen bleiben!» auf der Stirn stehen.
So kam es Tony zumindest vor als er wie ein Nachtwandler zur Theke schritt. Vince folgte ihm mit zwei Schritten Abstand und hielt ihm den Rücken frei.
«Wo ist Nick?» Tony beugte sich zum Barkeeper rüber und murmelte ihm die Losung zu.
Ein paar Sekunden später stand wie aus dem Nichts ein Mann Ende fünfzig neben Tony. Er nickte ihm zu und nahm ihm den Koffer aus der Hand. Er deutete mit dem Kopf zum Ausgang.
Tony und Vince machten rechtsum kehrt und schlenderten in Richtung Ausgang, wo sich ein alter Schalter befand. Es hatte offenbar Zeiten gegeben, als hier noch Eintritt verlangt worden war.
Als sie an dem bulligen Türsteher mit Verbrechergesicht vorbei nach draußen gehen wollten, packte dieser Tony am Arm.
Vince wollte sogleich eingreifen, aber der Gorilla hob seine andere Pranke und blickte Vince tief in die Augen, ohne ein Wort zu sagen. Sein Blick sagte in etwa so viel wie «Immer mit der Ruhe!».
Das Tier von einem Mann mit dem Oberkörper eines Ochsen, eingepfercht in eine schwarze Lederjacke, holte ein Bündel hinter dem Tresen des Ticketschalters hervor und drückte es Tony an die Brust. Dann ließ er dessen Kragen los und grinste.
«Euer Anteil. Goodbye.»
Tony blickte Vince an, dann wieder den Gorilla und wollte auf einmal nichts wie weg.
8
Das zusammengewürfelte Team versammelte sich vor dem Mittag des nächsten Tages in Tonys Zimmer.
Das Bündel mit ihrem Lohn lag offen auf dem breiten Bett. 8’000 Euro in Hunderter-Scheinen befanden sich darin.
«Und was nun? Vielleicht könntet ihr mich über diese Heaven’s Gate-Geschichte auf den neusten Stand bringen.» Natalia legte die für ihre Berufsgattung typische Neugier an den Tag.
Das Klingeln des Hoteltelefons unterbrach die Unterhaltung.
Tony hob ab und lauschte. Der Anruf war von kurzer Dauer.
«Keine Zeit! Unten ist etwas für mich abgegeben worden. Ich werd’s holen.»
Er verließ das Zimmer und kehrte wenige Minuten später zurück.
Havering schaute auf, als Tony das Zimmer wieder betrat, und kniff die Augen zusammen.
«Aha! Ein gelber Umschlag. Schaut aus wie aus den Filmen, wo irgend ein Erpresser seinem Opfer die verhängnisvollen Bilder der heimlichen Affäre zukommen lässt. Was ist drin?»
«Ihr werdet staunen. Kranyek schickt uns an die Côte d’Azur. Im Umschlag befindet sich eine weitere Nachricht, die ich sofort zerstören soll nach dem Lesen.»
«Was steht denn drin?» Natalia war ungeduldig.
Tony holte den Zettel hervor und las laut vor:
«Gratulation. Sie haben mir einen wertvollen Dienst erwiesen, Ihre Fähigkeiten sind durchaus respektabel. Sie haben sich mein Vertrauen verdient, ich werde sie nicht mehr länger beschatten.
Wie ich höre, haben Sie Ihre Belohnung erhalten. Davon können Sie Ihre Spesen bezahlen.
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