Summer Westin: Todesruf (German Edition)
ganz eindeutig mal ihre Stempelmaschine reinigen. Das Wort Port war völlig verschmiert. Auf einem Umschlag konnte er gerade noch geles , auf einem anderen Angel entziffern. Ein Poststempel aus Port Angeles konnte leicht mit einem aus Los Angeles verwechselt werden.
»Außerdem … glaubst du wirklich, der alte Craig schaut sich den Stempel so genau an?«
Ernest Craig würde sich auf eine Postkarte von Allie stürzen, wie ein Ertrinkender nach einem Rettungsring griff. Jack sah hoch und starrte King an, der ihn breit angrinste. Dafür, dass der Typ nicht sonderlich helle war, hatte er manchmal ziemlich clevere Ideen.
Chase Perez seufzte verzweifelt, als er auf Sams Mailbox weitergeleitet wurde. Er war froh, dass sie endlich ein Handy besaß. Aber das machte es auch nicht unbedingt leichter, sie zu erreichen. Die meiste Zeit hatte sie keinen Empfang oder das verdammte Ding ausgestellt, damit der Akku sich nicht so schnell entlud. Und wie er sie kannte, hatte sie vermutlich einen Vertrag mit dem billigsten Anbieter mit dem schlechtesten Netz abgeschlossen.
Gähnend wandte er den Rücken dem Fenster des Starbucks zu und betrachtete den bewölkten Himmel. Nicole und er hatten die halbe Nacht den Tatortspezialisten beim Auseinandernehmen des von den Möchtegernräubern zurückgelassenen Ford Explorer zugesehen, um sicherzugehen, dass Fingerabdrücke und Haare in New York vorrangig untersucht wurden. Danach hatte es noch für ein paar Stunden Schlaf gereicht, die aber kaum ausreichten, um sich jetzt konzentriert über den Berg von Unterlagen herzumachen, die im Auto gefunden worden waren.
Nach dem Piepton sagte er: »Summer, hier spricht Chase. Ich denke auch an dich. Ich bin noch in Washington State und versuche auf alle Fälle, noch mal vorbeizukommen. Ich studiere eifrig die Anleitung, und glaub mir, bei nächster Gelegenheit zeige ich dir wirklich meine speziellen FBI-Tricks.«
»Die würde ich auch gerne mal sehen.« Nicole tauchte plötzlich neben ihm auf.
Er klappte das Handy zu und steckte es in die Jackentasche. »Du sollst dich nicht immer so an mich ranschleichen.«
»Wer schleicht sich denn hier an?« Sie hielt ihm einen Latte macchiato hin. »Ich liefere nur den Kaffee.« Sie deutete mit dem Kopf auf den Wagen. »Du bist dran mit Fahren. Ich will mir mal diese Anleitung anschauen, die du erwähnt hast.«
Er tat so, als würde er ihr freches Grinsen nicht bemerken, und folgte ihr zum Auto.
Die Eingangshalle der Nationalparkzentrale war menschenleer. Als Sam am Büro des stellvertretenden Leiters vorbeikam, sah sie Hoyle über die Tastatur seines Computer gebeugt dasitzen und in den Bildschirm starren.
Sie blieb vor dem Büro der Leiterin des Nationalparks stehen. Es war leer, kein Licht brannte, der Schreibtisch picobello aufgeräumt – das Zimmer sah aus, als wäre Tracey Carsen seit mehreren Tagen nicht mehr hier gewesen.
»Westin.« Peter Hoyle war hinter ihr in den Flur getreten. Er deutete auf sein Büro, als würde er einem Hund befehlen, sich hinzulegen. Widerwillig gehorchte Sam. Sie setzten sich gleichzeitig auf ihren jeweiligen Stuhl.
»Wenn Sie mit der Geschäftsleitung sprechen möchten, müssen Sie mit mir vorliebnehmen. Superintendent Carsen fällt längere Zeit aus. Sie hatte eine Knieoperation und ist für sechs Wochen krankgeschrieben.« Er kniff die Augen zusammen.
»Okay.« Das erklärte einiges. Sam war von Tracey Carsen eingestellt worden. Und jetzt musste Peter Hoyle sich mit einem Projekt und einer Person herumschlagen, die er beide vermutlich nie gutgeheißen hätte.
»Was wollten Sie von Superintendent Carsen?«
Sam legte ihren Tourenrucksack auf den zweiten Besucherstuhl und holte das Bild heraus, das Lisa gezeichnet hatte. »Ich wollte mit ihr über diese Zeichnung sprechen.« Sie legte sie auf den Schreibtisch. Mit nur wenigen Strichen war es dem Mädchen gelungen, die Gesichtszüge eines Mannes mit Adlernase einzufangen. Er hatte einen durchdringenden Blick, zurückgekämmte Haare, einen Fu-Manchu-Schnurrbart und ein spitzes Ziegenbärtchen. Man bräuchte nur noch Hörner hinzufügen, dachte Sam, dann hätte man den Teufel.
Hoyles Augenbrauen bildeten ein missbilligendes V, als Sam ihm von ihrem Gespräch mit Lisa berichtete. Mit jeder weiteren Information wurde dieses V steiler.
»Sie hätten mich anrufen sollen, das hatte ich Ihnen bereits gestern eingeschärft. Sie hätte von einem Polizeiranger befragt werden müssen.«
»Ich hatte Angst, es würde keiner
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