Summer Westin: Todesruf (German Edition)
orangefarbenem Baumwollsweatshirt und Flipflops auch mehr wie sie selbst vor. Chase lehnte an dem blau gefliesten Küchentresen, trank ein Glas Rotwein und unterhielt Blake mit einer Geschichte von Dieben, die einen Geldautomaten an die Stoßstange ihres Pick-up gekettet hatten. Blake rührte in einem Topf mit Tomatensauce herum.
Sam trug die Zutaten für den Salat zum Tisch und fing an, sie klein zu schneiden. Chase brachte ihr ein Glas Wein, und Blake schob das Brot in den Ofen. Sam warf einen Blick auf die Weinflasche, die auf dem Küchentresen stand. Wie konnte es sein, dass Chase zufällig Chianti mitbrachte, wenn es bei ihnen Nudeln gab? Das musste irgendwie vorher abgesprochen gewesen sein. Vielleicht hatten sich die beiden Männer im Supermarkt getroffen?
»Blake«, sagte sie, »hast du Teenager schon mal ›Fünf‹ sagen hören?«
»Fünf was?« Blake ging in die Knie und holte aus einer der unteren Schubladen einen großen Topf.
»Nichts weiter, nur ›fünf‹. Wie eine gewitzte Antwort auf eine Frage.« Zumindest hatte Joe ihr das so erklärt, als sie beim Bezirksbüro vorbeigefahren war, um ihm von der Rose und den Scheinwerfern zu erzählen. »Du weißt schon: ›Was soll das werden, Kleines?‹ – ›Fünf.‹« Beim letzten Wort machte sie eine Teenagerstimme nach.
»Hm.« Blake überlegte, während er Wasser in den Topf füllte. »Hannah hat das noch nie gesagt, bisher jedenfalls noch nicht. Aber sie ist auch erst zwölf.« Er richtete den Blick auf Chase. »Hannah ist meine Tochter.«
Chase wirkte nicht im Geringsten verblüfft. Vielleicht kannte er reihenweise schwule Väter.
»Na ja, dieses Mädchen ist 13. Ranger Chois Tochter Lili.«
»Vielleicht ist das irgendein Teenager-Kürzel für den fünften Zusatzartikel.«
»Wie in: ›Ich verweigere die Aussage aufgrund des fünften Zusatzartikels‹?«
»Die meisten Leute kennen nur den Teil, den du gerade genannt hast.« Chase fing an zu zitieren: »Niemand darf wegen eines Kapitalverbrechens oder eines sonstigen schimpflichen Verbrechens zur Verantwortung gezogen werden, es sei denn aufgrund eines Antrags oder einer Anklage durch ein Großes Geschworenengericht. Hiervon ausgenommen sind Fälle, die sich bei den Land- oder Seestreitkräften oder bei der Miliz ereignen, wenn diese in Kriegszeiten oder bei öffentlichem Notstand im aktiven Dienst stehen. Niemand darf wegen derselben Straftat zweimal durch ein Verfahren in Gefahr des Leibes oder des Lebens gebracht werden. Niemand darf in einem Strafverfahren zur Aussage gegen sich selbst gezwungen noch des Lebens, der Freiheit oder des Eigentums ohne vorheriges ordentliches Gerichtsverfahren nach Recht und Gesetz beraubt werden. Privateigentum darf nicht ohne angemessene Entschädigung für öffentliche Zwecke eingezogen werden.« Er beendete sein Zitat mit einem Schluck Wein.
Blake sah ihn beeindruckt an. »Du liebe Zeit! Wer hätte gedacht, dass da noch so viel mehr drinsteht?«
Sam viertelte eine kleine Tomate und gab sie in die Salatschüssel. »Denkst du, eine 13-Jährige könnte den fünften Zusatzartikel kennen?«
»Oh, Mann«, erwiderte Blake. »Unterschätz nie, was die alles wissen. Hannah hat mir gestern erklärt, dass sich Pflanzen der Sonne zuneigen, weil die sonnenabgewandte Seite schneller wächst. Ich arbeite in einem Gewächshaus und wusste das nicht. Irgendwie beängstigend.«
Sam lachte. »Ich weiß, wovon du redest. Lili hat zu mir gesagt, ›Tante Sam‹ klinge wie der Name eines Transvestiten.«
Beide richteten den Blick auf Chase.
»Glaubt mir, von den kleinen Monstern, die mir so über den Weg gelaufen sind, wollt ihr keine Geschichten hören.« Er stellte sein Weinglas ab, schnappte sich einen Tomatenschnitz und steckte ihn sich in den Mund. »Fünf … hm.«
Sam wusste, dass er an die in die Bäume geritzten Nummern dachte. »Schon seltsam, dass auf einmal überall irgendwelche Zahlen auftauchen, nicht wahr?«
»Echt abartig.« Er grinste.
Sam räumte Messer und Schneidebrett vom Tisch ab.
»Besteck? Teller?«, fragte Chase.
Sam deutete auf eine Schublade und eine Küchenschranktür. »Und die Tischsets sind in der Schublade da drüben.«
Es kam ihr ganz normal vor, dass Chase da war. Wie schaffte er das bloß, dass er überall sofort dazugehörte? Voller Bewunderung beobachtete sie, wie er sich während des gesamten Essens mit Blake über das Thema Kochen unterhielt. Chase bevorzugte scharfes asiatisches oder mexikanisches Essen. Blake machte sich
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