Summer Westin: Verhängnisvolle Spuren (German Edition)
war.
Eine schrecklich traurige Art, den Tag zu verbringen. Sie sprang vom Abfallcontainer und landete unsanft auf dem Boden. Hinter ihr hupte es; sie gab den Weg frei für einen weißen Van mit ausfahrbarer Antenne auf dem Dach. KUTV NEWS 9 stand in großen Buchstaben auf der Seite. Als der Wagen an ihr vorbeifuhr, erkannte sie den Mann hinter dem Fahrer. Silbergraues Haar und sorgfältig getrimmter Schnurrbart. Die blassblauen Augen von Buck Ferguson waren ebenfalls auf sie gerichtet. Hätte er eins dieser modernen Gewehre zur Hand gehabt, wäre sicher ein roter Laserpunkt auf ihrer Stirn zu sehen gewesen.
Jeder Ranger im Park war schon einmal mit Buck Ferguson zusammengerasselt. Er stand ganz oben auf der Liste »Mögliche Schützen auf Leto«.
Der Van hielt vor dem Anschlagbrett. Eine Reporterin stieg aus, der Fahrer, ein junger Mann in T-Shirt und Jeans, folgte ihr und schulterte ein Aufnahmegerät. Ferguson gesellte sich zu den beiden. Auf dem Rücken seiner Windjacke prangte das Logo seiner Firma: Eagle Tours.
Seit sie mit Adam ausging, war in ihr der Wunsch entstanden, einmal einem Fernsehteam beim Drehen zuschauen. Aber bei diesen Leuten beschlich sie ein ungutes Gefühl. Der Kameramann stellte die Reporterin und Ferguson zu beiden Seiten der VERHALTENSREGELN BEI DER BEGEGNUNG MIT PUMAS auf. Die Reporterin sagte etwas und hielt dann Ferguson das Mikro unter die Nase. Mit gerunzelten Brauen sah er ernst in die Kamera und sprach ziemlich lange.
Verdammt noch mal! Das konnte einfach nicht wahr sein. Nicht jetzt schon. Sam schob sich gerade unter das inzwischen zusammengekommene Häufchen Zuschauer, als Ferguson sein Abschlussstatement loswurde. »Wie viele Kinder müssen denn noch sterben, ehe die Liberalen in ihrem Wolkenkuckucksheim endlich kapieren, dass Menschen ihren Schutz brauchen, nicht die Pumas?«
Eine grauhaarige Frau, die neben Sam stand, schnappte nach Luft. »Um Gottes Willen. Ein Puma war das!«
»Es gibt keinerlei Beweis, dass Zack von einem Puma getötet wurde«, sagte Sam laut.
Der Kameramann drehte sich zu ihr und richtete das Objektiv auf sie. Sam sah direkt in die Kamera. »Und auch keinen Beweis, dass der Junge überhaupt tot ist.«
Auf dem perfekt geschminkten Gesicht der Reporterin zeigte sich Abscheu. »Al, schalt das Ding aus. Wir sind hier fertig.« Sie stakste zum Van, die hohen Absätze klackerten auf dem Asphalt.
»Ach, wie schön. Der kleine Möchtegern-Ranger ist wieder da.« Ferguson legte den Finger an die Nase und schnüffelte hörbar. »Ojemine. Hier stinkt aber was gewaltig. Oder sollte ich besser sagen: jemand?«
Neben ihr ertönte nervöses Lachen, und alle rückten von ihr ab. Ferguson hatte recht. Nach ihrer Tour durch Büsche, Waschräume und Abfallbehälter brauchte sie sicher eine Dusche und frische Kleidung.
Sie ging zum Wagen. »Nach Zack Fischer wird immer noch gesucht! Darüber sollten Sie berichten!«
Ferguson stieg ein. Die Türen schlossen sich. Die Reporterin sah stur geradeaus, als der Wagen losfuhr, aber der Fahrer schaute Sam kurz an. Buck Ferguson winkte mit den Fingern fast so wie der mysteriöse Mann am Ende des Pfads. Sam hätte schreien können.
Drei Uhr. Zack wurde seit Sonnenuntergang vermisst. Mehr als zwanzig Stunden waren verstrichen, und der Lokalsender verbreitete Antworten, die nichts mit der Realität zu tun hatten. Eine heiße Woge der Frustration erfasste sie. Sie ging zur nächsten Toilette und spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht.
In ihrem Abschnitt war sie fertig und teilte ihre Ergebnisse der Zentrale mit. Wahrscheinlich um einer weiteren Tirade ihrerseits zuvorzukommen, sagte Ranger Gates mit müder Stimme, dass Wilson zwar noch nicht befragt worden war, aber auf jeden Fall auf der Liste stand.
Wie viele Personen standen da noch drauf? Und gab es irgendwelche Anhaltspunkte? Gates konnte oder wollte ihr nicht mehr sagen. Sam legte auf, bevor sie noch etwas von sich gab, das sie später bereuen würde. Irgendwo musste doch etwas zu finden sein, was sie zu Zack führen konnte. Wenn ihr Hirn bloß besser funktionieren würde. Essen könnte da helfen. Außer Tanners Teer hatte sie noch nichts im Magen. Sie würde noch einmal ganz von vorn anfangen. Sam setzte sich wieder ins Auto und fuhr zu Platz 44, wo die Fischers seit zwei Tagen zelteten.
Es war niemand mehr da, die Suche wurde jetzt von der Parkzentrale organisiert. Sam nahm Tuch und Armbinde ab und setzte sich auf den Picknicktisch, kaute fade Kräcker und sah sich
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