Summer Westin: Verhängnisvolle Spuren (German Edition)
Nebel füllte die unten liegende Kammer und schuf eine Atmosphäre, die nicht von dieser Welt schien.
»Dungeons and Dragons«, bellte Perez ihr ins Ohr. »Durch das Schlüsselloch in die nächste Dimension!«
Tote Kinder brachten Perez nicht aus der Fassung. Die Gefahr zu ertrinken oder von Steinen erschlagen zu werden, bremste ihn nicht. Sie griff nach seiner Jacke. »Das ist die Wirklichkeit. Wir könnten hier sterben.«
Sie musste es ihm deutlich machen. »Halten Sie sich an der Wand fest, wenn Sie durch die Öffnung gehen«, schrie sie. »Rechts ist ein Absatz – versuchen Sie, dorthin zu gelangen.«
Er nickte. Ein Wassertropfen fiel von seiner Nasenspitze in ihr Auge. Blinzelnd wandte sie sich wieder dem Strom zu. Atmete tief ein, tauchte einen Fuß in die reißenden Fluten und duckte sich durch die Öffnung.
Das Wasser reichte ihr fast bis zur Taille. Die Strömung war enorm. Sie musste sämtliche Kraft aufbieten, um auf den Füßen zu bleiben und hakte den einen Fuß zwischen zwei Steinen fest. Ein Fehler. Als sie sich hinter der Wand nach rechts wenden wollte, bekam sie den Fuß nicht mehr los. Na, fabelhaft, sie würde sich noch den Knöchel brechen. Das Wasser schob sie vorwärts, und sie wartete nur auf das Geräusch der berstenden Knochen.
Plötzlich kam der Fuß doch frei. Ihre Schienbeine stießen gegen unter Wasser gelegene Felsen. Schmerz flammte auf. Beinahe fiel sie auf die Knie. Doch das wäre Selbstmord. Nur mit Mühe hielt sie sich auf den Beinen und fasste nach einem rauen Vorsprung im Fels. Ein lebensrettender Griff.
Sie atmete schwer, konnte sich aber auf einen Absatz ziehen, der nur wenige Zentimeter unter Wasser lag. Sie schob sich dicht an die Wand und hangelte sich auf dem Absatz nach vorn, um dort auf Perez zu warten.
Sein Gesicht war ihr zugewandt, als er durch die Öffnung kam und versuchte, die Wand zu erreichen. Das Wasser reichte ihm nur bis zu den Oberschenkeln, aber er hatte den Nachteil, dass sein Schwerpunkt höher lag. Mit ausgestreckten Armen suchte er nach einem Halt.
Plötzlich rutschte er aus und landete auf Knien und Händen. Wasser rauschte um Schultern und Brust. Die Strömung kippte ihn um. Sams Herz raste wie ein Güterzug. Der durchnässte Rucksack würde Perez unter Wasser ziehen.
»Chase!« Sie hielt ihm die Hand hin. Er war mindestens noch einen Meter weg. Und er sah sie nicht an. Die Muskeln an seinem Hals traten hervor, als er im Wasser Halt suchte. Seine Lippen bewegten sich. Sie konnte bei dem Getöse nicht hören, was er sagte. Wahrscheinlich fluchte er. Das hätte sie in dieser Situation jedenfalls getan.
Er griff nach einem Felsen, der nahe der Wand aus dem Wasser ragte. Die weißen Fingerspitzen schlossen sich um den rauen Stein. Das Wasser schoss wie eine Fontäne vor Perez’ Brust auf und spritzte ihm ins Gesicht. Seine Hand glitt vom Felsen, die Fluten rissen ihn zurück und er tauchte unter.
Hölle und Teufel. Sam tauchte einen Fuß wieder in die Strömung und streckte die Hand aus. Ihre Finger bekamen den harten Oberarmmuskel unter der Nylonjacke zu fassen. Eiskalt umspülte das Wasser ihren Unterleib. Sie lehnte sich nach hinten und zog mit aller Macht, streckte sich beinahe der Länge nach auf dem Absatz aus. Ihr Rucksack schepperte gegen die Wand, und sie betete, dass es weder das Telefon noch die Kamera erwischt hatte. Sofort fragte sie sich, wie sie in diesem Augenblick an ihre Ausrüstung denken konnte.
Perez glitt nur wenige Zentimeter in ihre Richtung, aber das reichte. Er fand festen Halt am Felsen und kam wieder auf die Füße. Sie ließ seinen Arm los und stellte sich auf den Absatz.
Wasser strömte aus dem Rucksack auf seine Beine. Er hob die Hand, die Knöchel blutig von den scharfen Felskanten.
»Danke, Wildnis!«, japste er.
Sie seufzte erleichtert. »Willkommen im Spielzimmer, Starchaser. Einen Moment dachte ich, Sie wären dem Tod geweiht.«
»Ich hätte doch nie erfahren, wie die Geschichte ausgeht, wenn ich in einer Schlucht in Utah ertrunken wäre. FBI-Beamte werden von Kriminellen erschossen oder sterben nie.« Mit tropfenden Fingern strich er das Wasser aus dem Haar.
Sie lächelte schwach, ihr Gesicht war ganz steif. Kälte und Nässe setzten ihr zu. Im Curtain waren es nie mehr als fünfzehn Grad, und das Wasser war noch kälter. Bald würden sie beide unterkühlt sein. Sie mussten in Bewegung bleiben, damit das Blut in ihren Körpern zirkulierte. Zum Ausgang war es nicht mehr weit.
Erstaunlicherweise
Weitere Kostenlose Bücher