Summertime (Beachrats: Teil 4)
schwulen Chat ging. Ich hatte es schon lange vor, aber die Angst hielt mich davon ab. Ich hatte Schiss, dass mir jemand über die Schulter gucken und sehen könnte, was ich da tat. Ich hatte Schiss, dass jemand meine Online-Aktivitäten verfolgen und mich bloßstellen könnte. Ich hatte Angst vor den Folgen, die es mit sich bringen könnte, dass ich hoffnungslos schwul war und nichts dagegen tun konnte. Im Endeffekt war die Einsamkeit dann aber zu viel für mich.
In der High School war ich ziemlich beliebt und hatte viele Freunde. Aber das war an einer Schule, die weniger als 250 Schüler hatte und wo jeder mehr oder weniger akzeptiert wurde. Niemand wusste, dass ich schwul war und ich war fest entschlossen, dass es niemals jemand erfahren würde. Nach meinem Schulabschluss ging ich ein Jahr lang aufs Community College , aber ich hatte keine Lust mehr auf Schule. Zum einen war es 40 Meilen von Zuhause entfernt und die ständige Pendelei - vor allem im Winter - ging mir auf die Nerven. Zum anderen war ich nicht der Typ, der sich voller Eifer in den Unterricht stürzte und das Lernen fiel mir schwer. Die High School war keine wirkliche Herausforderung und ich bekam einigermaßen gute Noten - einfach nur durch das Zuhören im Unterricht. Im College war das anders und ich hatte weder die Selbstdisziplin noch die Motivation. Am Ende des Frühlingssemesters stieg ich aus.
Meine Eltern waren es, die mich ermunterten, zum Militär zu gehen. Sie dachten, dass es mir ein Ziel geben würde und dass ich dann etwas haben würde, auf das ich mich konzentrieren konnte. Außerdem waren sie der Meinung, dass ich davon profitieren würde, eine Weile von Zuhause weg zu sein. Ich entschied mich für die Küstenwache, was aber keinen besonderen Grund hatte. Es war genauso gut wie alle anderen Möglichkeiten, aber ich hatte den Eindruck, dass es ein bisschen interessanter klang.
Ich schätze, man kann mich eher als sanftmütige Person beschreiben, was allerdings nicht bedeutete, dass ich weich, tuntig oder schüchtern war. Während meiner Ausbildung bei der Küstenwache fand ich nicht eine Person, mit der ich irgendetwas anfangen konnte. Ich suchte nicht nach Sex oder Romantik, die Person musste nicht einmal schwul sein. Alles, was ich wollte, war ein Freund. Aber ich fand keinen. Anfangs war ich geschockt darüber, wie sich die meisten der Typen als Macho aufspielten und ihre groben Witze darüber, was sie mit jeder Frau, die uns über den Weg lief, anstellen würden, gingen mir auf den Keks. Es dauerte ein paar Jahre, bis ich darüber hinweg kam und ich ihren Unsinn einfach überhörte. Einen Freund hatte ich aber noch immer nicht gefunden. Deswegen probierte ich mein Glück online und ging in diesen Chat, der für Leute aus dem Südosten der USA gedacht war.
Als ich mich einloggte, fiel mir einer der Chatter auf, der den Namen ›NewportBFL‹ trug. Da ich in Newport Beach, Florida, war, entschied ich mich, ihn einfach anzusprechen. Wie sich herausstellte, war auch er in Newport Beach - wie bei seinem Benutzernamen zu erwarten war - und ich stellte fest, dass wir einiges gemeinsam hatten. Er beschrieb sich selbst und mir gefiel, was ich las. Er erzählte mir, dass er aufs College ging und auf den Campus in Newport Beach wechseln wollte. Ich wusste, dass es ein Community College gab, weil ich oft daran vorbei fuhr, aber dass es auch die FSU in der Stadt gab, war mir neu. Ich erfuhr von ihm, dass sein richtiger Name Jeff Martin war und dass er als Page in einem der Hotels am Strand arbeitete. Ich erzählte ihm, dass ich bei der Küstenwache war, einen Bruder hatte, der zehn Jahre älter war als ich und dass ich gerne las. Er sagte sofort, dass er auch gerne las und wir verbrachten eine lange Zeit damit, über unsere Lieblingsbücher zu reden. An unserem ersten Abend unterhielten wir uns über 4 Stunden lang und am Ende verabredeten wir uns für den nächsten Tag - natürlich online.
Am zweiten Tag erzählte mir Jeff eine Menge von sich. Er sagte, dass er jemanden namens Clay liebte, der aber gestorben war, nachdem ihm in einem Krankenhaus ein Medikament gegen Kopfschmerzen gegeben wurde. Er gestand mir, dass er eine lange Zeit ernsthaft deprimiert war, aber dass ein Medikament und Clays Bruder ihm dabei geholfen hatten, diese Depressionen zu überwinden. Außerdem erzählte er mir, dass seine Familie ihn nach seinem Outing verstoßen hatte, wie er mit Clay zusammen gezogen war und von der Familie, die ihn nach Clays Tod in Newport
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