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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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heißes Date lauschte. Sie konnte sich nicht entscheiden, welcher Anblick komischer war, der nackte, zeternde Sacco oder Boyd Shreave, angezogen wie einer der Beach Boys und im Begriff, sich den Arsch abzufrieren.
    »Genie, mach mal die Augen zu und halt die Hand auf.«
    »Ach, um Himmels willen.«
    »Bitte«, drängte Shreave.
    Eugenie tat, worum er sie bat. Wenn er mir einen Ring schenkt, erwürge ich ihn, dachte sie.
    »So. Jetzt kannst du gucken«, sagte er.
    Auf ihrer Hand lag ein Ticketumschlag mit dem rot-blauen Logo von American Airlines.
    »Wohin?«, fragte sie misstrauisch.
    »Florida. Du und ich, wir fahren mit dem Kajak durch die Ten Thousand Islands«, verkündete Shreave mit seiner Platinstimme, »wo heute dreiundzwanzig Grad herrschen, bei wolkenlosem Himmel und Sonnenschein.«
    Eugenie Fonda fühlte, wie ihr Herz heftig zu pochen begann. Sie schauderte und blinzelte die kalten Regentropfen von ihren Wimpern. In ihrer Wohnung lauerte Sacco wie ein lüsterner, unterernährter Affe, und Eugenie war entsetzt, dass sie so nahe daran gewesen war, ihn zu verführen. Boyd Shreave war ein Klotz und verheiratet obendrein, aber wenigstens war er kein paranoider Technikfreak.
    Und Florida war Florida, besonders mitten im Winter.
    »Wann fahren wir?«, wollte sie wissen.
    Shreave strahlte triumphierend. »Übermorgen«, antwortete er und küsste sie so heftig, dass es ihr einige, wenn nicht gar alle Zehen krümmte.
     
    Fry wartete, bis sie fast an der Stadtgrenze von Naples waren, bis er es seiner Mutter erzählte. Sonst hätte sie eine 180-Grad-Wen-dung hingelegt, wäre nach Everglades City zurückgefahren und hätte eine Szene gemacht.
    »Jemand hat was echt Gemeines mit Mr. Piejack gemacht«, sagte er.
    »Wie ›was gemacht‹?« Honey Santana drehte sich auf dem Fahrersitz herum.
    »Schau auf die Straße, Mom.«
    »Sag mir, was passiert ist.«
    »Die haben seine eine Hand in eine Steinkrabbenreuse gesteckt«, berichtete Fry, »als sie voller Steinkrabben war.«
    Honey verzog das Gesicht. »Aua. Mittlere oder große?«
    »Jumbos«, antwortete der Junge.
    »Oh-oh.«
    »Drei von seinen Fingern sind abgekniffen worden, und die beiden anderen sind gebrochen. Das war gestern Nachmittag.«
    Honey nickte. »Ich dachte mir doch, dass ich einen Krankenwagen über den Damm habe fahren hören.«
    »Und jetzt wird’s richtig eklig«, fuhr Fry fort. »Die Rettungshelfer haben die Reuse aufgemacht und die Krabbenscheren alle abgemacht, mit den Fingern noch drin. Sie haben sie in ’ner Kühlbox auf Eis gelegt, aber sie haben wohl vergessen, zu kennzeichnen, welcher Finger wohin gehört …«
    »Oh, hör auf!«
    »Im Ernst. Schließlich haben sie Mr. Piejack in den OP gebracht, aber die Krankenschwestern haben angefangen, sich mit den Ärzten darum zu zoffen, wer die Scheren zum Abendessen behalten kann«, berichtete Fry weiter, »und dann ist mitten in der Operation das Licht ausgegangen – na, jedenfalls war’s ein Riesendurcheinander. Irgendwie hat Mr. Piejack am Ende den kleinen Finger an den Stumpf von seinem rechten Daumen genäht gekriegt und den Daumen an den Stummel von seinem rechten Zeigefinger, und ich weiß nicht mehr, was noch alles …«
    Honey stieß einen leisen Pfiff aus. »Dann wird er wohl sein Klavier verkaufen müssen.«
    »Mom, was machst du denn? Warum hältst du hier an?«
    »Ich halte nicht an. Ich warte, dass die anderen Autofahrer vorbeifahren, damit ich wenden kann«, erklärte sie. »Ich muss mit deinem Exvater reden.«
    Fry zog den Schlüssel aus dem Zündschloss.
    »Gib mir die Schlüssel«, verlangte seine Mutter.
    »Nein, Mom.«
    »Willst du uns beide umbringen? Wir stehen mitten auf der Route 41, oder ist dir das nicht aufgefallen?«
    Da war was dran, dachte Fry. Das war eine gute Methode, sich von einem Riesenlaster plattmachen zu lassen.
    »Dad ist in Miami«, sagte er, »es bringt also nichts, nach Hause zu rasen.«
    »Haben sie denjenigen geschnappt, der das getan hat? Haben sie irgendjemanden verhaftet?«
    »Nein, aber Mr. Piejack hat den Cops erzählt, es wären drei Typen gewesen, die Spanisch gesprochen haben und die er noch nie gesehen hätte. Also geh nicht automatisch davon aus, dass Dad was damit zu tun hat«, beharrte Fry, obgleich er selbst genau davon ausging.
    Seine Mutter lachte. »Wer denn sonst? Ein normaler Mensch hätte Louis zusammenschlagen oder erschießen lassen. Das ist typisch Perry, sich hinreißen zu lassen und eine Bande sadistischer Gangster anzuheuern.

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