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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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Tür klappern, dann sagte Lily: »Lass mich rein, Boyd. Ich verspreche auch, dich nirgends anzufassen.«
    Shreave hielt die Sprechmuschel des Hörers mit der Hand zu und teilte seiner Frau mit, er käme gleich raus.
    »Eine Frage«, sagte er zu der Frau. »Gibt es da wirklich zehntausend Inseln, oder haben die das bloß erfunden, um die Touristen reinzulegen?«
     
    Honey Santana hatte Boyd Shreaves Nummer ganz allein ausfindig gemacht. Fry hatte sich geweigert, ihr zu helfen, und dann war ihr Bruder mit irgendeiner lahmen Ausrede angekommen und hatte behauptet, er könne nichts über Shreaves Klage herausfinden, weil die Computer im Gerichtsgebäude abgestürzt seien.
    Also fand Honey, nachdem sie Fry überredet hatte, sie online zu lassen, einen Personensuchdienst, der eine eintägige Kennenlernfrist anbot, angeblich umsonst, obgleich sie eine Kreditkartennummer angehen musste. Als sie schließlich auf der Website war, tippte sie »Shreave« ein und bekam 27 Treffer, einschließlich etlicher Mehrfachnennungen. Es gab drei Boyds, viermal B. S. und zwei Lilys mit derselben Telefonnummer und Adresse in der South Willow Street in Fort Worth.
    Honey richtete es so ein, dass es in Texas Viertel vor sieben war, als sie anrief. Sie hoffte, Boyd und seine Frau wären gerade beim Abendessen.
    Hier ist Mr.  Shreave.
    Honey wusste, dass er es war. Diese Stimme, die vor Selbstvertrauen und Freundlichkeit nur so triefte, war unvergesslich.
    Sie kam erst ins Trudeln, als er ihren Vortrag unterbrach, ließ sich dann jedoch darauf ein, ließ ihn den weisen, erfahrenen Profi spielen. Dass er ihre Telefonstimme als »sahnig« bezeichnete, war erheiternd, da sie mit Absicht in sanfterem Tonfall gesprochen hatte, um sich anders anzuhören als bei ihrem letzten Gespräch.
    Sobald er sich nach den Reisekosten erkundigte, wusste Honey, dass er den Köder geschluckt hatte. Es war ein absolutes High; fast schämte sie sich dafür, wie sehr sie sich freute. Jetzt brauchte sie bloß noch ihrem Exmann die Flugtickets aus dem Kreuz zu leiern.
    Im Auto griff Honey nach unten, um das Radio auszuschalten, nur um festzustellen, dass es gar nicht an war. Die Musik, die sie hörte, kam aus dem Innern ihres Schädels, eines der üblichen Symptome. Heute waren es zwei Oldies – eine furchtbare Disco-Nummer und das peppige »Marrakesh Express« von Crobsy, Stills and Nash. Das statische Rauschen, über das Honey keinerlei Kontrolle hatte, war schlimmer als auf den kubanischen Sendern aus Miami.
    Ihr Mund war trocken, als sie in Perry Skinners Einfahrt einbog. Das Haus stand am Baron River, flussaufwärts und um die Biegung vom Rod and Gun Club. Es war nicht groß, doch sein altes, gemütliches Aussehen gefiel ihr. Böden und Gebälk waren aus echtem Dade-County-Kiefernholz, das man heutzutage praktisch nicht mehr bekommen konnte. Perry Skinner hatte das Haus kurz nach der Scheidung gekauft; Honey argwöhnte, dass die Anzahlung noch ein Überbleibsel aus seinen Schmugglerzeiten war. Drei Häuser weiter wohnte ein berühmter Fischer, der Angeltouren leitete und Fry beigebracht hatte, wie man Tarpune angelt.
    Skinner saß allein mit einem Drink auf der Veranda.
    »Wo ist der Junge?«, fragte er, als Honey aus dem Auto stieg.
    »Lauftraining. Er kommt so gegen neun nach Hause«, antwortete sie, um Perry wissen zu lassen, dass sie nicht herumstehen und plaudern konnte – sie hatte einen dicht gedrängten Zeitplan einzuhalten.
    Er deutete mit einem Kopfnicken auf einen Rattanschaukelstuhl. Honey setzte sich, schaukelte jedoch demonstrativ nicht. Es ging hier schließlich um ein geschäftliches Treffen.
    »Fry sagt, du hast Probleme mit den Flugtickets.«
    »Keine Probleme«, erwiderte Skinner. »Nur Fragen.«
    »Alles, was ich brauche, sind zwei Economy-Plätze. Ich weiß noch, dass du tonnenweise Bonusmeilen hattest, weil du Paul an der Westküste besucht hast.«
    Paul war Perrys älterer Bruder und ehemaliger Partner im Marihuanageschäft. Dank seinem arroganten Anwalt aus Tampa hatte Paul eine schwere Strafe aufgebrummt bekommen, und aus reiner Gehässigkeit hatten die Bundesbehörden ihn in ein Gefängnislager weit draußen in Oregon gesteckt.
    »Ich kann dir die verdammten Tickets auch kaufen, Honey«, sagte Skinner. »Darum geht’s gar nicht.«
    »Und um was geht’s dann?«
    »Fährst du mit Fry irgendwohin? Ich habe das Recht, das zu wissen – so steht’s in der Sorgerechtsvereinbarung.«
    Honey blies die Backen auf und stieß die Luft aus.

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