Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
sie. Sie starrte mich weiter unverwandt an. Das Weiß ihrer Augen war von geplatzten Äderchen durchzogen wie von kleinen roten Fäden.
An diesem Abend sah ich Cletes lindgrünes Cabrio die unbefestigte Straße zum Bootsanleger herunterkommen. Hinter dem Steuer saß Geraldine Holtzner, die mit Kopftuch und Sonnenbrille kaum zu erkennen war. Clete trabte in feuerroten Shorts, einem alten T-Shirt und Tennisschuhen, die an seinen Füßen wie Pfannkuchen aussahen, hinter dem Wagen her.
Geraldine Holtzner hielt vor der Bootsrampe an, und Clete öffnete die Tür zum Beifahrersitz, nahm eine Flasche Pepsi Light aus der Kühlbox und wischte mit der Handfläche das Eis ab. Er atmete durch den Mund. Schweiß floß aus seinem Haaransatz über die Brust.
»Arbeitest du auf einen Herzinfarkt hin?« fragte ich.
»Ich habe seit zwei Tagen keinen Alkohol getrunken und keine Zigarette geraucht. Ich fühl mich großartig. Willst du gebratenes Hähnchen?« sagte er.
»Haben sie deinen Führerschein endgültig eingezogen?« wollte ich wissen.
»Volltreffer.«
»Clete ...«, sagte ich.
»Jetzt kutschieren mich eben schöne Frauen durch die Gegend. Stimmtʼs, Geri?«
Sie blieb die Antwort schuldig. Statt dessen starrte sie mich durch ihre dunklen Brillengläser an, die Lippen leicht gekräuselt. »Warum setzen Sie meinem Vater so sehr zu?« fragte sie.
Ich sah Clete an, dann die Straße hinunter und zu dem Schatten der Bäume, wo ein Mann in einem gerippten Unterhemd eine Angel und eine Gerätekiste aus seinem Kofferraum lud.
»Ich muß arbeiten«, sagte ich.
»Ich dusche hinter dem Köderladen, und wir gehen ins Kino. Was hältst du davon, Geri?« fragte Clete.
»Warum nicht?« sagte sie.
»Ich passe lieber«, sagte ich.
»Ich habe heute einen Anfall von Katzenjammer. Also seien Sie kein Frosch«, sagte Geraldine.
»Kommt später wieder. Wir machen eine Bootsfahrt«, erwiderte ich.
»Ich begreife einfach nicht, was Megan an Ihnen findet«, sagte Geraldine.
Ich ging den Bootsanleger entlang zum Köderladen, drehte mich um und sah Clete nach, der hinter dem Cabrio hertrottete wie ein Tanzbär, Staubwolken unter den Sohlen seiner Tennisschuhe aufwirbelnd.
Wenige Minuten später ging ich zum Haus hinauf und aß mit Alafair und Bootsie in der Küche zu Abend. Das Telefon auf der Anrichte klingelte. Ich hob ab.
»Dave, es hat vermutlich nichts zu bedeuten, aber kurz nachdem du zum Essen raufgegangen bist, hat sich ein Mann bei mir nach Clete erkundigt«, sagte Batist.
»Welcher Mann?«
»Er hat am Ufer geangelt. Dann ist er in den Laden gekommen, hat einen Schokoriegel gekauft und angefangen, französisch zu quatschen. Dann fragte er auf englisch, wem der Kombi gehört, der gerade die Straße runtergefahren is. Ich sag ihm, das einzige Cabrio, was ich gesehen habe, ist das von Clete Purcel gewesen. Dann fragte er, ob die Frau am Steuer was mit dem Film zu schaffen hat. Hab ihm gesagt, ich sei kein Hellseher, hätte also keine Ahnung, werʼs gefahren hat. Hat mir einen Dollar Trinkgeld gegeben, ist rausgegangen und in einem blauen Wagen weggefahren.«
»Was für ein Französisch hat er geredet?« fragte ich.
»Hab nich drauf geachtet. Klang wie das bei uns.«
»Ich sag es Clete. Mach dir keine Sorgen.«
»Noch was. Er hatte nur ein Unterhemd an, der Typ. Hatte eine rot-grüne Tätowierung an der Schulter. Sah aus wie ... na, wie nennt man die Dinger, die sie drunten in Mexico haben ... ist kein Krebs... ist ein...«
»Skorpion?« sagte ich.
Ich rief Clete in seinem Cottage außerhalb von Jeanerette an. »Der Scarlotti-Schütze ist vermutlich hinter dir her. Paß auf einen blonden Kerl auf, ist vielleicht Frankokanadier ...«, sagte ich.
»Meinst du einen Typ mit einer Tätowierung auf der Schulter in einem blauen Ford?« unterbrach mich Clete.
»Das ist er.«
»Geri und ich haben an einem Lebensmittelladen gehalten, und ich hab gesehen, wie er hinter uns gewendet und unter den Bäumen angehalten hat. Ich bin zu einer Telefonzelle geschlendert, aber er wußte, daß ich ihn entdeckt hatte.«
»Hast du sein Kennzeichen?«
»Nein, war schmutzverschmiert.«
»Kriegst du irgendwie Holtzner zu fassen?« fragte ich.
»Wennʼs sein muß, ja. Das Nervenkostüm des Herren wird dünn. Ich hab heute Crack in seinem Wohnwagen gerochen.«
»Wo ist Geraldine?«
»Wo soll sie schon sein? In ihrem eigenen Universum. Dieses Mädchen ist verrückt, Dave. Nachdem ich ihr gesagt hatte, daß uns der Bursche mit der Tätowierung
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