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Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Da bin ich sicher. Kann mich nur nicht erinnern, wo.«
    »Hier in der Gegend?«
    »Nein. Nicht hier. Er hat einen Schädel wie ein Eierkuchen. Eine Nervensäge von einer FBI-Agentin hat mir gesagt, er sei ein Freund von Cisco Flynn.«
    »Ein Kopf wie ein Eierkuchen? Ein hartgesottener Soziopath? Freund von Cisco Flynn?«
    »Yeah.«
    »Na wunderbar.«
    In jener Nacht träumte ich von Swede Boxleiter. Er hockte in Kauerstellung in einem dunklen Gefängnishof, rauchte eine Zigarette, seine Nickelbrille glitzerte im feuchten Schein der Lichter auf den Wachtürmen. Die frühen Morgenstunden waren kühl und erfüllt vom Duft nach Salbei, vom plätschernden Wasser eines Wildbachs, von einem Waldteppich aus Kiefernnadeln. Die Luft war durchsetzt von nassem, rotem Staub, und inmitten von alldem schien der Mond über dem Saum der Berge aufzugehen, wie von einem roten Fadennetz überzogenes Elfenbein.
    Doch der Mann namens Swede Boxleiter war nicht der Typ, der sich in den Details jener Gebirgslandschaft verlor, in der er sich plötzlich wiedergefunden hatte. Das Maß seines Lebens und seiner selbst war das Spiegelbild, das er in den Augen der anderen sah, die Angst, die ihre Gesichter verzerrte, die unerträgliche Spannung, die er in einer Zelle oder an einem Eßtisch entstehen lassen konnte, indem er einfach nichts sagte.
    Er brauchte weder einen Handlanger noch Hofschranzen oder auch nur das narzißtische Vergnügen von Kettengerassel im Hof oder die Masturbation, um Energien freizusetzen, die, unbefriedigt geblieben, ihn veranlassen konnten, mitten in der Nacht aufzuwachen und sich in einen Flecken Mondlicht zu setzen, wie in einen luftleeren Raum, der von den Schreien der Tieren widerhallte. Gelegentlich lächelte er in sich hinein und stellte sich vor, wie er dem Gefängnispsychologen erzählte, wie er sich tief im Inneren tatsächlich fühlte, von jener genußvollen Euphorie, die durch die Sehnen seines Arms strömte, wenn er eine stilettartige Waffe umklammert hielt, die aus einem Stück Winkeleisen auf einer Schleifscheibe in der Gefängniswerkstatt scharf gemacht worden war, von dem intimen Glücksgefühl jenes letzten Moments, wenn er in die Augen des Opfers sah, von dem Damm der Gefühle, der in seinen Lenden brach, wie Wasser, das durch den Boden einer Papiertüte platzt.
    Aber die Gefängnisseelenklempner waren keine vertrauensvollen Leute, zumindest nicht, wenn man wie Swede Boxleiter veranlagt war und unbedingt wieder freikommen wollte.
    In meinem Traum erhob er sich aus seiner Kauerstellung, griff hoch und berührte den Mond, als wolle er ihn rauben, doch statt dessen wischte er nur das rote Fadengespinst mit der Fingerspitze von einer Ecke und förderte einen gleißenden weißen Lichtfleck zu Tage.
    Ich setzte mich im Bett auf, der Ventilator über dem Fenster sandte flackernde Schatten über meine Haut, und dann erinnerte ich mich plötzlich, wo ich ihn schon einmal gesehen hatte.
    Früh am nächsten Morgen ging ich in die Stadtbibliothek an der East Main Street und grub die alte Ausgabe vom Life -Magazin aus, in der Megans Fotos vom Tod des schwarzen Vergewaltigers vor der Mündung eines Straßenentwässerungsrohrs ihre Karriere begründet hatte. Gegenüber dem ganzseitigen Foto mit dem Schwarzen, der vergeblich nach der Sonne gegriffen hatte, war das Gruppenfoto von fünf Polizisten in Uniform abgedruckt, die auf seine Leiche herabstarrten. Im Vordergrund stand Swede Boxleiter, einen roten Delicious-Apfel in der Hand, das Gesicht erstarrt in einem Lächeln intimster Freude.
    Ich will mich weder mit den Problemen der Flynns auseinandersetzen, redete ich mir ein, noch mir über eine genetische Mißgeburt aus dem Knast von Colorado Gedanken machen.
    Ich sagte mir das noch immer, als spät in jener Nacht Moutʼ Broussard, New Iberias legendärer Schuhputzer und Cool Breezes Vater, im Köderladen anrief und mir offenbarte, sein Sohn sei gerade aus dem Bezirksgefängnis entflohen.

3
    Die Cajuns haben häufig mit dem th im Englischen Schwierigkeiten. Infolgedessen lassen sie das h einfach aus oder sprechen das t als d . Also wurde der kollektiv vereinnahmte Schuhputzer der Stadt, Mouth Broussard, allgemein Moutʼ genannt. Seit Jahrzehnten unterhielt er seinen Schuhputzstand unter der Kolonnade vor dem alten Frederic-Hotel, einem schönen, zweigeschossigen, stuckverzierten Gebäude mit italienischen Marmorsäulen im Inneren, einem Ballsaal, einer Bar mit messingbeschlagener Mahagonitheke, Palmen in Töpfen und

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