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Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Spielautomaten in der Lobby und einem Lift, der wie ein Vogelkäfig aus poliertem Messing aussah.
    Moutʼ war gebaut wie ein Heuschober und arbeitete nie ohne Zigarrenstummel im Mundwinkel. Er trug einen übergroßen grauen Kittel, die Taschen vollgestopft mit Bürsten und Polierlumpen voller schwarzer und ochsenblutfarbener Flecken und Striemen. In den Schubladen unter den beiden erhöhten Stühlen auf dem Podest steckten Flaschen mit flüssiger Schuhwichse, Wachsdosen und Sattelseife, Zahnbürsten und stählerne Zahnstocher, die Moutʼ benutzte, um die Nähte entlang der Sohlen zu reinigen. Er bewegte seine Polierlumpen mit einer Geschwindigkeit und einem Rhythmus, der unweigerlich jedem Beobachter stummen Respekt abverlangte.
    Moutʼ machte das Geschäft auf der ganzen Strecke vom Southern-Pacific-Bahnhof bis zum Hotel, putzte alle Schuhe, die nachts in die Korridore gestellt wurden, und garantierte, daß man sein Gesicht in den Spitzen der Schuhe oder Stiefel sehen konnte, anderenfalls bekam man sein Geld zurück. Er hatte die Schuhe der gesamten Filmcrew von Evangeline im Jahr 1929, die Schuhe vom Harry-James-Orchester und von U. S. Senator Huey Long poliert, kurz bevor Long einem Attentat zum Opfer gefallen war.
    »Wo ist Cool Breeze jetzt, Moutʼ?« fragte ich am Telefon.
    »Wofür halten Sie mich? Das sag ich Ihnen doch nich.«
    »Warum rufen Sie dann an?«
    »Cool Breeze sagt, daß sie ihn umbringen.«
    »Wer ›sie‹?«
    »Der Weiße, der im Gefängnis das Sagen hat. Er hat einen Nigger geschickt, der ihm einen Draht ins Ohr bohren wollte.«
    »Bin am Morgen bei euch.«
    »Am Morgen? Also … besten Dank.«
    »Breeze geht schon lange eigene Wege, Moutʼ.«
    Keine Antwort. Ich fühlte die Spätsommerhitze und die stickige Luft unter dem elektrischen Licht.
    »Moutʼ?« sagte ich.
    »Ham ja recht. Machtʼs auch nich leichter. Nee, wirklich nich.«
    Bei Sonnenaufgang am nächsten Morgen fuhr ich die East Main hinunter, unter dem Baldachin der immergrünen Eichen hindurch, der die Straße überspannte, an der City Hall, der Bibliothek und der Felsgrotte mit der Statue der Mutter Maria vorbei. Der Asphaltbelag der Bürgersteige war von Baumwurzeln aufgebrochen. Blaugrüne Rasenflächen voller Hortensien und Philodendron und dichte Bambussträucher säumten den Weg. Schließlich erreichte ich das Geschäftsviertel. Dann war ich auf der Westseite der Stadt, in Gassen mit offenen Abflußgräben, Bahnschienen, die Hinterhöfe und Asphalt durchschnitten, und schmalen Häusern aus rohem Holz, die wie eine Reihe schlechter Zähne dastanden und früher Puffs gewesen waren, in denen im neunzehnten Jahrhundert Eisenbahner Bier aus Eimern mit den Nutten getrunken hatten und ihre roten Laternen auf den Verandatreppen abstellten, bevor sie drinnen verschwanden.
    Moutʼ war hinter seinem Haus und streute Vogelfutter für die Tauben aus, die in Scharen von den Telefonleitungen auf seinen Hof herunterflatterten. Er hinkte, die Augen waren von tiefen Hautwulsten umgeben, eine Backe war rosa und weiß marmoriert von einer seltsamen Hautkrankheit, die speziell Farbige befällt. Aber seine hängenden Schultern waren noch breit wie bei einem Stier und seine Oberarme dick wie Abflußrohre.
    »War ein schlechter Zeitpunkt für Breeze, sich davonzumachen. Der Staatsanwalt hätte ihn vielleicht sowieso laufenlassen«, sagte ich.
    Moutʼ wischte sich mit einem blauen Tankstellenlappen übers Gesicht, nahm den Sack Vogelfutter von der Schulter und setzte sich schwerfällig auf einen alten Rasierstuhl, an dem ein aufgeklappter Schirm befestigt war. Er griff nach einem Marmeladenglas mit Milchkaffee und trank. Sein breiter Mund schien sich um die Glasöffnung zu legen wie das Maul eines Welses.
    »Is mit mir und seiner Mutter in die Kirche gegangen, als er noch ein Hosenscheißer war«, sagte er. »Hat Ball gespielt im Park, hat Zeitungen ausgetragen, hat Pins beim Bowling aufgestellt neben weißen Jungs und nie Schwierigkeiten gehabt. New Orleans hat das aus ihm gemacht. Hat mit seiner Mutter in den Projects gelebt. Hat beschlossen, kein Schuhputzer zu werden und sich nicht von den Weißen die Zigarrenasche auf den Kopf tippen zu lassen … hat er mir gesagt.«
    »Sie haben Ihr Bestes getan. Vielleicht ändert er sich eines Tages, wer weiß.«
    »Jetzt knallen sie ihn ab, was?« murmelte er.
    »Nein. Das will niemand, Moutʼ.«
    »Und dieser Beschließer, Alex Guidry? Ist hier verkehrt, als er im College war. Schwarze Mädels waren für

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