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Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Sumpffieber (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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aus, erhob sich dann wie ein flammendes Kreuz an den Himmel, und das Wasser nahm die träge, dunkle Farbe von Blut an.
    Vielleicht waren die seltsamen Lichtverhältnisse im Morgengrauen nur Zufall und hatten nichts mit der Rückkehr von Megan Flynn nach New Iberia zu tun, die auf unserem Gewissen lastete wie eine im Beichtstuhl preisgegebene Sünde, oder schlimmer noch, die unseren Neid neu entfachte.
    Tief im Herzen allerdings wußte ich, daß es kein Zufall war – nicht mehr jedenfalls als die Tatsache, daß der Mann, den man an der Scheunenwand gekreuzigt hatte, Megans Vater gewesen war –, als Megan persönlich an meiner Bootsvermietung mit Köderladen, fünfzehn Meilen südlich von New Iberia, auf mich wartete. Ich hatte gerade den Motor meines Kabinenboots abgestellt und glitt, mit Clete Purcel an Bord, meinem alten Partner von der Mordkommission beim First District von New Orleans, durch die Wasserhyazinthenkissen, während grell gelbe Schlammwolken in unserem Kielwasser aufwirbelten.
    Mittlerweile hatte es zu nieseln begonnen. Sie trug ein orangerotes Seidenhemd, Khakihose und Sandalen, ihr lustiger Strohhut vom Regen mit einem Sprenkelmuster überzogen, ihr Haar rostrot gegen die düstere Kulisse des Tages, ihr Gesicht von einem Lächeln erhitzt, das wie ein Dorn im Herzen brannte.
    Clete stand am Schandeckel, sah sie an und schürzte die Lippen. »Wow!« sagte er atemlos.
    Sie gehörte zu jener raren Sorte von Frauen, die mit Augen gesegnet waren, deren Blick zu recht oder zu unrecht die verlockende Aufforderung vermittelte, in das Geheimnis ihres Lebens einzutauchen.
    »Die kenne ich doch von irgendwoher«, murmelte Clete, als er sich bereit machte, über den Bug an Land zu springen.
    »Letzte Ausgabe von Newsweek-Magazin «, sagte ich.
    »Genau. Sie hat den Pulitzer-Preis gewonnen oder so ähnlich. War ein Hochglanzfoto von ihr abgedruckt«, sagte er. Er kaute schmatzend auf seinem Kaugummi.
    Megan war auf dem Cover gewesen, in Tarnanzughose und T-Shirt, mit Erkennungsmarken um den Hals, das Haar zerzaust, die Kleider vom Luftsog des britischen Helikopters an den Leib gepreßt, das Lederband der Kamera um ein Handgelenk gewickelt, während unter ihr serbische Panzer in schwarzrote Rauchsäulen aufgingen.
    Ich allerdings hatte noch eine andere Megan in Erinnerung: die schwer erziehbare Waise von einst, die, zusammen mit ihrem Bruder, ständig aus Kinderheimen in Louisiana und Colorado weggelaufen war, bis beide das Alter erreicht hatten, um schließlich in jener Armee von Wanderarbeitern bei Obst- und Weizenernten unterzutauchen, die ihr Vater, ein unbelehrbarer radikaler Gewerkschaftler, ein Leben lang versucht hatte zu organisieren.
    Ich stieg vom Bug auf den Kai und ging auf meinen Pickup zu, den ich hinter dem Caravan am Ende der Anlegestelle geparkt hatte. Ich wollte nicht unhöflich sein. Ich bewunderte die Flynns. Aber man bezahlte einen Preis für ihre Freundschaft und ihre Hingabe an den sozialen Haß, der die Triebkraft ihres Lebens geworden war.
    »Gar nicht erfreut, mich zu sehen, Streak?« fragte sie.
    »Stets erfreut. Wie gehtʼs, Megan?«
    Sie sah über meine Schulter hinweg zu Clete Purcel, der das Boot längsseits an die Fender aus Gummireifen gelegt hatte und jetzt Kühlbox und Ruten aus dem Heck lud. Die Haut über Cletes muskulösen Armen und seinem kräftigen Nacken war flammend rot und schälte sich vom ersten Sonnenbrand. Als er sich über die Kühlbox beugte, platzte sein Tropenhemd entlang der Wirbelsäule über dem Rücken. Er sah grinsend zu uns herüber und zuckte mit den Schultern.
    »Der scheint ja direkt aus dem Irish Channel aufgetaucht zu sein«, bemerkte sie.
    »Mit Angeln hast du nichts am Hut, Meg. Bist du geschäftlich hier?«
    »Ist dir Cool Breeze Broussard ein Begriff?« fragte sie.
    »Der kleine Einbrecher und Dieb?«
    »Er sagt, dein Kittchen sei eine Kloake. Er sagt, dein Gefängnisverwalter sei ein Sadist.«
    »Unser ehemaliger Verwalter hat ins Gras gebissen. Da war ich gerade im Urlaub. Über den neuen weiß ich nicht viel.«
    »Cool Breeze sagt, es werden Gefangene geknebelt und an einen Anstaltsstuhl gefesselt. Sie lassen sie in ihrem eigenen Saft schmoren. Das Justizministerium glaubt ihm.«
    »Gefängnisse sind keine Luxushotels. Rede mit dem Sheriff, Megan. Bin gerade nicht im Dienst.«
    »Typisch New Iberia. Auf Menschlichkeit ist geschissen.«
    »Man sieht sich«, sagte ich und ging zu meinem Pickup. Regen prasselte in großen, kalten Tropfen auf das

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