Sumpffieber
verschwunden. Im Gotteshaus brannten Kerzen über Kerzen, und von der Tür sah es aus, als flimmerten zahllose Sterne an einem dunklen Himmel.
Tonet – wahrlich, der verstand so etwas zu arrangieren! – hatte sich sogar um die Auswahl der Gesänge gekümmert. Nur nichts von diesen berühmten Messen, bei denen die Leute einschliefen! Die mochten die Städter sich anhören ... Palmar liebte die Mercadante-Messe!
Und während die Tenore die Herzen der Frauen rührten mit neapolitanischen Barkarolen zu Ehren des Jesuskindes, bewegten die Fischer den Kopf im Takte zu Orchesterweisen, weich und sinnlich wie Walzermelodien.
»So etwas erfreut das Herz«, meinte Neleta später, »ist mehr wert als eine Theatervorstellung und kommt obendrein noch der Seele zustatten!«
Draußen aber, auf der Plaza, donnerte es hier und donnerte es da! Lange Reihen von Masclets explodierten und erschütterten die Wände der Kirche, für Sekunden Gesang und die Worte des Predigers unterbrechend.
Nach Beendigung des Gottesdienstes promenierte man auf dem Kirchplatz, wo die durch die Pracht der Messe ein wenig ins Hintertreffen geratene Kapelle von Catarroja bis zum Mittag aufspielte. Und glücklich, Myrtenduft und Pulverdampf einzuatmen, dachte jeder an den Kochtopf zu Hause, der mit dem besten Federwild der Albufera gefüllt war.
Das Elend ihres bisherigen Lebens schien ihnen einer fernen Welt anzugehören, in die sie niemals zurückkehren sollten, und fast dünkte es sie, als sei für immer eine Ära von Glückseligkeit und Überfluß angebrochen.
Sie wurden nicht müde, über die erhabenen Worte des berühmten Kanzelredners zu Ehren der Fischer zu plappern, über die halbe Unze Gold, die er für seine Predigt, und über den Haufen Geld, den das Orchester einheimsen würde, über das Pulver, über die goldbefransten Vorhänge am Kirchenportal und schließlich auch über diese Kapelle, die sie mit ihrem kriegerischen Lärm betäubte.
Jeder gratulierte dem Kubaner – ganz steif in seinem schwarzen Anzug – sowie dem alten Paloma, der sich heute als Herr von Palmar fühlte. Neleta, die Augen von einer kostbaren Mantilla beschattet, spreizte sich inmitten der Weiblichkeit und ließ vor den bewundernden Blicken den Rosenkranz von Perlmutt und das mit Elfenbein ausgelegte Gebetbuch ihres Hochzeitstages leuchten. Um Cañamel kümmerte sich hingegen niemand trotz seiner wichtigen Miene und der dicken goldenen Uhrkette, die in seinen Schmerbauch einschnitt. Nicht einer dachte daran, daß es sein Geld war, mit dem ein großer Teil der Festunkosten bestritten wurde – Palmar zollte nur den Mitgliedern der Fischereigenossenschaft Hochachtung! Und der Schankwirtfühlte in seinem Innern den Haß gegen den Kubaner wachsen, der ihm allmählich alles nahm.
Seine üble Laune hielt den ganzen Tag an, so daß Neleta, seinen Seelenzustand ahnend, sich Mühe gab, doppelt liebenswürdig zu sein bei dem großen Essen, das zu Ehren des Predigers und der Orchestermitglieder im oberen Stockwerk der Taverne gegeben wurde. Sie sprach von der Krankheit ihres armen Pacos, die den Guten oft nörgelig machte, und bat, ihm sein mürrisches Wesen zu verzeihen.
Als am Spätnachmittag die Postbarke die fremden Gäste wieder abholte und Cañamel sich mit seiner Frau allein sah, kam sein aufgespeicherter Grimm zur Entladung.
»Nein, ich ertrage den Kubaner nicht länger! Mit dem Alten verstehe ich mich gut, weil er ein Mann der Arbeit ist und unsere Vereinbarungen innehält ... Aber dieser Bengel? ... Immer ein Herrenleben auf meine Kosten! Wer erntete bei diesem Fest den ganzen Dank? ... Er! Als ob ich, der ich so viel Geld hergab, überhaupt nicht existierte! Hinausschmeißen werde ich den Faulpelz ... und wenn die ganze Geschäftsverbindung darüber zum Teufel gehen sollte!«
Neleta, über diese Drohung bestürzt, redete ihm gütlich zu.
»Vergiß nicht, daß du es warst, der ihn gesucht hat, und daß sie für mich gesorgt haben, als es mir schlecht ging.«
Aber Cañamel beharrte starrköpfig bei seiner Meinung, und die Diskussion zwischen den Ehegatten wurde so heftig, daß Neleta weinte und dem Ball fernblieb, der abends auf der Plaza stattfand.
Riesenwachskerzen, wie sie in der Kirche bei Begräbnissen verwendet werden, erleuchteten den Platz, in dessen Mitte Dimoni auf seiner Hirtenflöte die alten valencianischen Kontertänze spielte. Zu den Weisen der Cháquera vella bewegten sich die jungen Mädchen Palmars mit einem Zeremoniell, als wenn sich Damen in
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