SunQuest - die Komplettausgabe 2800 Seiten zum Sonderpreis: Dies Cygni und Quinterna (German Edition)
Shanija leise und küsste ihre Stirn. »Du hast das getan, was ein einsames Mädchen deines Alters macht, das über eine solche Macht verfügt, und in seinem nutzlosen Körper gefangen ist.«
»Hättest du mich gemocht?«
»Natürlich. Du wärst mir wie eine Tochter geworden. Vielleicht hätten wir eines Tages gemeinsam nach meiner Tochter … deiner Stiefschwester gesucht.«
Katha seufzte ergeben und lächelte ein letztes Mal. »Stimmt es, dass ich in der Engelssphäre weiterlebe, wenn jemand nach meinem Tod an mich denkt?«
»Ja, Katha, das stimmt.« Shanijas Tränen rannen ununterbrochen. »Und daher werde
ich
an dich denken, und Pong auch.«
»Danke, Shanija. Dan…ke.« Kathas Stimme verstummte. Ihr Atem strich noch einmal über Shanijas Hals, dann verwehte er. Kathas Körper sackte kraftlos zusammen.
Shanija wiegte Katha immer noch in den Armen, als die Gefährten eintrafen.
Epilog
Shanija stützte sich mit den Armen auf die Fensteröffnung des durch den Wind angetriebenen Surfbuggys, den Darren aus ein paar Wrackteilen innerhalb eines Tages zusammengeschustert hatte. Den Zug hätten sie nicht mehr erreichen können. Shanija hatte für Katha einen würdigen Ruheplatz gefunden. As’mala und Mun trieben irgendwo Waffen, Essbares und Wasser auf, während Darren schraubte und hämmerte. Lirs ehemalige Kumpane ließen sich nicht mehr blicken, vermutlich hatten sie sich in alle Winde verstreut. Pong hielt von der Luft aus Wache, aber alles blieb ruhig.
Der Fahrtwind blähte das Segel auf und ließ den Buggy über die trostlose Ebene rasen, seit drei Tagen nahezu ununterbrochen ostwärts. Nur nachts ruhten sie ein paar Stunden und teilten sich die dahinschwindenden Rationen. Der Wind schlug Shanija ins Gesicht und zerrte an ihren Haaren. Erst heute Morgen hatten sie einen stählernen Vogel gesichtet und den Kurs nach ihm ausgerichtet, in der Hoffnung, dass er nach Hause flog. Das Land wurde immer dunkler, je tiefer sie kamen.
»Es ist nicht deine Schuld.« Behutsam legte As’mala die Hand auf ihre Schulter. Nach Kathas Tod hatten sie alle lange miteinander gesprochen und Shanija Trost und Freundschaft gespendet.
Doch so leicht konnte sie nicht vergessen. Shanija antwortete nicht, sondern starrte weiter auf das Land. Karge Sträucher flitzten an ihr vorbei, die kaum lebendig wirkten.
»Das Leben geht weiter«, hatte Darren zu ihr gesagt, während er sie in seinen Armen aufzurichten versucht hatte.
Natürlich ging das Leben weiter. Und natürlich würde sie all ihre Kraft aufwenden, zuerst Seiya und dann die Urmutter zu finden. Aber der Preis, den sie für ihren Kampf bezahlte, wurde immer höher.
Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte Shanija Ran, dass sie der Schwelle, an der dieser Preis vielleicht zu hoch wurde, näher rückte.
Sechster Teil
Wolfgang Oberleithner
In der Tiefe
1.
Dworn prüfte den Wind. Er wollte nicht vorschnell von den Eindringlingen entdeckt werden. Keiner durfte dem Schlachtfest entkommen.
Die schuppige Haut des Jambani Kuntar war vom hellbraunen Staub der Steppe kaum zu unterscheiden. Die Krallen an seinen Beinen drangen leicht in den ausgetrockneten Boden, und das dürre Gras schabte rau an der Haut, die sich zwischen seinen Zehen spannte.
Dworn bellte heiser. Neben ihm bogen sich Sträucher zur Seite. Vier sandbraune Echsen, ebenfalls Jambani, schlossen zu ihm auf. Der Rest der Truppe folgte in zwanzig Metern Abstand.
Stolz erfüllte ihn, als er feststellte, wie gut sich die zwölf Kriggets im Gelände bewegten, wie perfekt sie sich verbargen. Der flüchtige Blick eines Unwissenden würde sie nicht zu entdecken vermögen. Bis auf Krigget Nummer zwölf. Die hagere Gestalt, die das Schlusslicht bildete, war ähnlich gebaut wie ein Jambani Kuntar, aber sie erregte Dworns Unmut.
Dreckige Menschenbrut!
Der Jambani beobachtete Narbengesicht, wie er diese Made nannte, argwöhnisch. Was sollte er mit einem Menschen? In seiner Gruppe duldete er dieses Gezücht normalerweise nicht. Zumindest nicht lange.
Narbengesicht sprach zu den Gefährten. Immerzu von Ehre, und wie wenig ehrenhaft sich Dworn als ihr Gruppenführer verhielt. Dabei war Ehre nichts anderes als die lähmende Kälte des Morgens: Ballast für einen Krigget.
Narbengesicht redete zu viel. Menschen hörten sich zu gerne reden, und sie vermehrten sich wie die Reuben. Sollten sie auch sterben wie die Reuben. Was das zu bedeuten hatte, würde Narbengesicht noch heute erfahren.
Der Wind trug den Geruch von Säugern mit
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