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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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vorsichtig aber, daß er, ein Stück weit, doch enger hinging, wie verzaubert vom Anblick des heimlichen Zeichens.
    Da fiel auch sein Auge auf eines der Tiere, eine Eselin, die stand nicht weit hinterm Schlafenden, den Pferden zur Seite.
    Und Joseph sah, daß es die Eselin war, mit der er und Jesus aufgebrochen waren zum Berg, die war von berittenen Räubern weggeführt worden. Da schlich Joseph hin, sie loszubinden.
    Die Eselin aber witterte ihn. Schon hergewandt war ihr Haupt, schon ihm zublickend, soweit es zuließ der Strick, der sie band.
    Da, sacht, legte Joseph seine Hand auf die Nüstern des Tiers. Und strich bis hinauf zu den Ohren ihr, sie zu beruhigen, und tat, wie er gewohnt war einst.
    Durch die Nähe des Tiers aber war ihm, als müsse er im Dunkel nur die Augen aufheben: Dort lägen sie schon, denen er zugehörte, dort schliefen Maria und Sohn am vertrauten Ort.
    Und er band das Tier los, zog es leise davon.
    Da – jemandes Hand!
    Schnellt herbei – ihn ergreifend.
    Und Joseph – halb reißt er sich los. Würde ganz sich losreißen und hält doch schon – wie gebannt vom ihn Haltenden.
    Anstarrend ihn, der da zugegriffen.
    Denn nicht nur war’s, als risse sie ihn, diese Hand – die erste Hand eines Menschen, die ihn seit der Opfernacht angerührt –, aus der Unsichtbarkeit der Geister zurück unter die Lebenden.
    Sondern im ersten Augenblick schien es Joseph, als stünde Jesus selbst, kaum zehn Jahre älter, im Dunkeln vor ihm.
    Der aber vor ihm stand, zugreifend, war der Wächter, der eben noch hatte geschlafen oder sich schlafend gestellt.
    Und Augen und Stirn des Wächters ähnelten Augen und Stirn Jesu.
    So daß Joseph, der die Kraft dazu wohl gehabt hätte, vollends vergaß, sich loszureißen vom Wächter. Und gebannt war von ihm, ihn anstarrte nur.
    Und still und willenlos, erschrocken die Augen auf ihn geheftet, stand Joseph noch, als jener die Seinen herbeirief, die anderen Räuber, die er geweckt hatte mit Rufen.
    Kapitel 67. Die Befragung
    Und einige kamen und rings hielten Fackeln über den, der berauben wollte die Räuber.
    Aber Joseph sah nicht auf die andern, sondern im wechselnden Flammenschein hingebannt aufs Gesicht des Wächters, dessen Ähnlichkeit ihn ergriffen. Und ließ sich gefangen führen von ihr, dieser Ähnlichkeit, die ihn band an den Sohn.
    Da ruft einer: ›Wen hast du da, Jesus?‹
    Denn den Wächter, der Joseph erfaßt hatte, den hört Joseph mit Namen gerufen: Jesus.
    Und dieser Jesus, der Wachposten, der Joseph festhielt, antwortet dem Anführer der Bande:
    ›Eselin und Pferde wollt er uns wegführen, der Dreckskerl. Ich aber dachte, Jakobus sei es. Und daß mein Bruder, wider dein Befürchten, zurückgekehrt sei zum Vater.‹
    Da tritt der Anführer der Bande, dem Jesus geantwortet hatte, an den Wächter und seinen Gefangenen heran und spricht:
    ›In der Tat. Als hätt er seinen totgeglaubten Bruder wiedergefunden, so starrt er dich an. Seht ihr? Mein Sohn hat ihn verhext!‹
    Und willig lachen die andern. Da greift der Anführer Joseph am Schopf und wendet ihn her.
    ›Sprich! Woher kommst du? Wie hast du unser Versteck gefunden? In wessen Auftrag?‹
    Und Jesus tritt Joseph ins Knie, daß er hinkniet vor dem Führer der Bande.
    ›Sprich!‹ befiehlt ihm auch Jesus.
    Da öffnet Joseph den Mund. Und die Kiefer bewegt er, blickt verzweifelt empor zu dem, der ihn anherrscht.
    Kein Wort bringt er heraus.
    ›Bist du stumm?‹ ruft der Anführer.
    Aber Jesus, mit Gewalt zwingt er Josephs Kopf genickabwärts am Schopf, greift zerrend am Bart um das Kinn und dringt mit der Hand in den klaffenden Mund. Da ruft er, Josephs Zunge im Griff:
    ›Hab sie, die er vorgibt verloren zu haben!‹
    Nochmals tritt der Anführer der Bande, der hieß Dymas mit Namen, näher an Joseph heran. Und Dymas spricht ruhig zu Joseph:
    ›Antworte, oder man reißt dir die Zunge heraus.‹
    Und Dymas nickt zu Jesus, daß der loslasse den Griff um die Zunge.
    Und Jesus läßt Joseph, der zitternd kniet. Anblickt den Anführer und nun öffnet den Mund zum Schrei.
    Da schwillt das Geäder am Hals und bebt die Ader querhin der Stirn. Kein Laut aber entkommt Josephs Kehle.
    Jesus ruft Dymas zu: ›Er lügt uns was vor. Siehst du nicht, Vater!‹
    Und Jesus greift nach dem Messer, will dem Knienden durch die Zunge damit.
    ›Woher, sagst du, kam er?‹ unterbricht Dymas, der Anführer der Bande, Jesus, den Sohn.
    Da deutet Jesus bergabwärts.
    Und Dymas, sofort befiehlt er dem Jüngeren neben

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