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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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er auch stand, ob er sich hierhin bewegte, ob dorthin.
    Und gleich versuchte er’s wieder, aus Furcht noch, er träume. Und schritt hin ein Stück und wandte sich rückwärts.
    Und da: Sah sie hersehen zu ihm, die Augen.
    Und schritt her, am Tier vorbei, und sah im Vorbeigehen folgen Nacken und Kopf.
    Und wieder stand still und wandte sich rückwärts. Und wieder sah hersehen die ruhigen, die Augen, die beharrten auf ihm.
    Da kehrte er um und kniete hin vor sie, ihr bestreichend den Kopf und den Nacken und die Stelle über den Augen.
    Und sein Herz zitterte, da hersahen auf ihn die Augen des Tiers. Und sein Herz pochte zitternd, da er sich hinsehen sah in ihnen, den Augen des Tiers. Und er sah sich gesehen und sah sich kniend gewölbt im Weiß ihrer Augen.
    Und sie beharrte ruhig auf Joseph.
    Da, als er, sehend Gesehener, sie bestrich, öffnete sie ihr Maul. Und Joseph fühlte ihre trockene Zunge, daß sie dürstete, wie ihn dürstete.
    Und er sprach zu ihr und nochmals ging ein Stück hin abseits, sah zurück, ob sie wäre.
    Und abermals – wie zum ersten Mal – sah, daß sie hersah zu ihm, daß er war.
    Da ging er los und suchte im Graben, ob er Nahrung fände für sie und für sich. Und als er fand zwischen Knochen dürftiges Gras, aber kein Wasser, da hob er die Augen und furchtsam blickte zurück.
    Und sah sie nicht mehr.
    Und sah nicht, daß er um eine Biegung im Graben gelaufen war, und wußte nicht, warum er sie nicht mehr sah.
    Und stürzte zurück, um die Biegung zurück, bis er sie vor sich sah wieder, viele Schritte zwar noch entfernt, aber da:
    Herwendend zu ihm Nacken und Kopf und Augen.
    Und Joseph fraß von dürftigem Gras wie das Rind, bei dem er lagerte und zu dem er sprach und dessen Augen ihm folgten.
    Kapitel 64. Der Blutbogen
    Da träumte dem Joseph zur Nacht, er stehe noch auf dem Berg, auf den er mit Jesus gestiegen.
    Und da er sich wandte im Traum, sieht er vor sich den Steinaltar und sieht:
    das Opfer, nochmals in der Schwebe.
    Denn quer über Holzscheite hin liegt obenauf rücklings gefesselt der Sohn.
    Und es dröhnt Gottes Stimme: ›Ihn opfere mir!‹
    Und Joseph, wie Abraham tritt er heran, wider Willen Abraham gleich, wider Willen eines Willens mit IHM.
    Schlachtmesserhand.
    Da bricht, den Altarstein berührend, das Knie, bricht zusammen die ganze Gestalt, der abrahamitische Joseph.
    Und er fällt, kauert kraftlos zerschlagen rücklings am Opferstein.
    Und Joseph kann nicht. Nicht schlachten den Sohn. Er vermag es IHM nicht.
    Sondern jetzt: Sammelt zerschlagenen Willen nochmals, und heftet und klebt und fügt dürftig zusammen, was er willentlich findet. Und Joseph umgreift das Messer erneut, noch im Sitzen, lehnend noch am Altar:
    zieht den eigenen Kopf tief in den Nacken, reckt die Kehle hinauf und will nachziehen das Messer, spricht:
    ›Ich schneide mich auf!‹
    Da öffnet, öffnet über ihm sich der Sohn, der liegt über Joseph, rücklings auf Scheiten gebunden.
    Denn der Kopf des Sohnes, abwärts hängt er, überragend den Scheiterrand.
    Und abwärtshin öffnet sein Mund sich, jetzt strömt herab Blut, quillt abwärtshin auf gebogener Bahn, trifft hin an die Lippen Josephs, dessen Mund sich eröffnet, es aufwärts gereckt zu empfangen.
    Daß es strömt einwärts in Joseph hinein, ihn tränkend, ihn stillend, ihn zur Gänze im Bogen erfüllend, das Blut.
    Kapitel 65. Joseph, der Sohn
    Da erwacht Joseph vom Traum, aufgerissenen Munds, in den das Naß sich ergießt. Und Nachtregen schüttet, einwärts gebeugt vom Felsvorsprung her, abwärts im Bogen, und es füllt ihm den Mund.
    Und erschrocken, im Bad noch des Traums, trinkt er’s und stillt seinen Durst.
    Und sieht auch das Tier, wie es säuft aus steinerner Traufe.
    Und Joseph steht zitternd am Felsen im Regen, beströmt, und erinnernd das schrecklich stärkende Traumbild.
    Denn es stand vor ihm, und er stand in ihm, daß er nichts anderes mehr sehen konnte.
    Schrecklich aber war, daß sie Kraft gab, die Bilderflut einstürzenden Bluts. Daß der Strom lebendig brannte in ihm und er eintrank im Traum das Blut seines Sohns ohne Zögern. Es hinabtrank in sich ohne Furcht. Sich öffnend dem Aufgetanen ohne Schrecken darüber, wer’s ihm gegeben und von wem er’s genommen, das Blut.
    Einem Berauschten gleich stand er im Regen. Wie einer, der stünde ebenso ruhig im Feuerofen der Töpfer.
    Als aber der Regen nachließ, dachte Joseph: Wie soll ich deuten den Traum, das mir eingezeugt brennend Erfahrene, von dem ich

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