Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
Vom Netzwerk:
was es zu tun gilt. Also geh!‹
    Phylakos strich mir aber über den Kopf, als er sah, daß ich nicht gehen wollte. Dann kehrte er ins Zimmer zurück meines Herrn.
    Ich aber stand davor und dachte: Warum läßt mich gehen mein Herr und sendet nicht ihn, Phylakos, dem es leichter fiele? Und ich dachte: Es ist, weil ich schwanger bin, und niemand soll’s sehen.
    Da nahm ich meine Sachen und verließ das Haus meines Herrn. Und mit Aufgang der Sonne stieg ich hinauf zu den Markthallen am Gennattor.«
    So sprach Neith zu uns, als Balthazar unterbrach:
    »Wie ist es nun? Den Traum selbst hat er dir nicht mitgeteilt, dein Herr?«
    Da antwortete ihm Neith:
    »Daß du fragst nach dem Traum meines Herrn und nicht darüber hinweggehst, als ginge er dich nichts an, läßt mich hoffen. Ihr habt nämlich, meine ich, achten gelernt auf Träume. Und wohl lernt ihr noch, aufzunehmen die euren: wie Joseph aufnahm den seinen, in Antwort auszutragen Gott Seinen Traum.«
    Und Balthazar sprach:
    »Ich will nur wissen, woran dein Herr träumend erkannte, die Krankheit sei ihm zum Tode.
    Denn wer würde so ein Zeichen nicht rechtzeitig erkennen wollen, noch nächtens im Traum, um bei Tag dann zu opfern und abzuwenden das Prophezeite.
    Sag also, hat er’s dir erzählt?«
    Da sprach Neith:
    »Den Traum hat er mir erzählt. Denn auch ich fragte danach. Und den Rest der Nacht und den Morgen hindurch, auf dem Weg noch zum Markt, ließ mich sein trauriges Bild nicht mehr los. Und ich weinte allein in der Nacht. Und weinte, kaum war ich allein, auf dem Weg am Morgen zum Markt.
    Vorüberziehende aber, die mich hinaufsteigen sahen zu den Hallen, glaubten, die ägyptische Sklavin sei gerade geschlagen worden, daß sie weint so.
    Und man rief mir zu, auf den Weg zu achten, oder stieß mich zurück und schlug mich, wenn ich weinend in andere lief, achtlos in meiner Verzweiflung. Denn ich trat immer wieder, tränenblind, an die Waren, die auslagen längs der Wege.
    So aber hatte es geträumt meinem Herrn, hört her!
    Hier, er hebt im Traum auf seine Augen:
    Da steht er vor einem Felshügel, der ihn dreifach, wohl vierfach überragt.
    Oben, wo der Fels zuläuft wie eine Mandel, standen nah am Felsrand drei Männer. Und stand links bei ihnen ein vierter.
    Da trat jener vierte vorwärts. Trat mit dem Schritt über den Rand ins Leere hinaus. So aber, als setze er zu einer natürlichen Bewegung an: wie du und ich einen Raum betreten oder den Schritt ans Herdfeuer tun, uns davor in die Hocke setzen.
    So betrat der vierte die Tiefe, die Leere vor ihm.
    Und fiel aufrecht aus der Höhe in die Hocke herab.
    Und saß, in die Hocke gefallen, mit dem Rücken am Felsen.
    Sein Gesicht aber, erkennt nun mein Herr, ist gezeichnet von Trauer und Qual.
    Da folgt mein Herr dem Blick dieses Trauernden – und wendet entsprechend den Kopf – nur wenige Schritte nach rechts.
    Da stehen die drei Männer. Stehen zu ebener Erde nun, nahe am mandelförmigen Felsen.
    Und diese drei greifen und halten fest die vier Enden beschwerten Tuchs, tief durchhängenden Linnens.
    Jetzt, auf Brusthöhe heben sie’s an.
    Da schlägt der Wind an das Tuch und öffnet’s:
    Ein Leichnam liegt darunter.
    Und da – mein Herr erkennt ihn.
    Der Tote nämlich ist der, der noch eben herabsprang vom Felsen. Derselbe, der – zitternd am Leib – dort noch hockte, das eigene Begräbnis betrachtend.
    Da stemmten die drei seinen Leichnam hinein in ein Loch, wie in den Mund eines Ofens, der war in den Felsen getrieben.
    Dann aber zogen sie mühsam das Tuch unterm Toten hervor. Und sie zogen’s, indem zwei von der Seite der Öffnung sich stemmten gegen die Sohlen des Toten. Denn das Zerren am Tuch brachte die Sohlen des Leichnams mehrmals zum Vorschein.
    Schließlich verriegelten sie die Öffnung mit Klappe und eisernem Keil und gingen davon.
    Da verströmte das Grab warmen Geruch.
    Und den roch und nach dem griff die Hand meines Herrn, ihn zu riechen an mir, als er erwacht war.
    Denn zu Neith sprach er und hielt fest mich am Arm und sagte: ›Neith, du riechst nach Brot.‹«
    Kapitel 96. Die Arbeiter
    Da antwortete Balthazar der Neith auf den Bericht vom Traum ihres Herrn:
    »Sein Traum ist rätselhaft. Aber wie schloß dein Herr daraus, sein Tod stünde bevor? Oder hältst du uns etwas zurück?«
    Und Neith sprach:
    »Ich enthalte euch vor, was er auch mir zunächst vorenthielt.
    Denn auch ich sprach zu ihm, als ich hörte den Traum, und sagte: ›Von einem anderen hat meinem Herrn geträumt. Aber

Weitere Kostenlose Bücher