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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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hatte im Traum.
    Und es will nicht, weicht nicht das Gesehen-Gehörte. Als brüte es noch und niste in ihm. Das Bildwort aber des Herrn war Einriß in Joseph, raubvogelgleich griff es zu, hielt den Menschen in Krallen sich flügelunter.
    Nochmals reißt Joseph sich los, rennt an und redet für sich und redet sich zu und kommt so zu Wort. Da geht er einsamen Weg.
    Niemand noch in der Nacht war gegangen den Weg, den Joseph da ging, als er sagte bei sich:
    ›Will ER sich neu brennen den Menschen aus Stein? Denn ins Herz reißt ER mir sein Geritz und schreibt nicht außen auf steinerne Tafeln, sondern ins innerste Herz mir, daß es zu Stein werde am Schrecken Seines Geheißes. Der Tiegel aber wird IHM zerspringen, ist schon zerschlagen.‹
    Und weiter spricht Joseph zum Herrn: ›Denn wie könnte ich fassen das von Dir Befohlene, ohne daß es mich sprengt?‹
    Und Joseph stieg hügelan, zu sich redend, zuredend sich und zu Gott redend zugleich. Und atemlos fand er – er ging noch im Dunkeln –, daß er bis an den Ort der Zisterne gelangt war. Die Stelle, an der er Maria einst fand – ihr blaues Tuch lag gebreitet, wie Wasser gekräuselt vom Winde –, und das Versteck, darin der Sklave versteckt lag am Grunde.
    Und hinknien wollte Joseph. Fiel aber wie zerschlagen zu Boden und hielt schützend die Hände über den Kopf.
    Denn es war, als bräche immer von neuem in ihn Befehl Gottes:
    ›Jesus brandopfern, schlachten den Sohn, MIR auf dem Berg. Hinaus, Joseph, tu’s!‹
    Und Joseph spricht, die Hände über den Kopf gehalten, in sich gekrümmt:
    ›Abraham erkenne ich, der Dir den Isaak, den geliebten Sohn, den Erstling der Sarah, geführt hat hinaus. Ihn Dir zu opfern auf dem Berge Morija, den Du Abraham wiest.
    Denn aus Jerusalem kommen wir, Jesus und ich und Maria, haben geopfert Dir im Heiligtum auf dem Berge Morija, wo einst opferte Abraham, der Stammvater, Dir.
    Was also war Dir nicht recht am Opfer des Übersprungs, das wir opferten Dir vor Tagen, daß Du den Erstling, den eigenen, nicht überspringst? Sondern jetzt forderst: „Schlachte ihn mir!“ Sagst: „Joseph, du, opfere mir den Sohn, den du liebst!“
    Bedenke doch: Ich bin nicht Abraham, daß ich’s wert wäre. Nämlich weder, daß Du tust an mir wie an Abraham, noch, daß Du einforderst von mir, was Abraham Dir bereits gab.
    Denn Du hast es ersetzt, jenes Opfer. Und frei kam Isaak, und die Hand des Schlächters: die hieltst Du zurück überm Sohn. Denn eingebrochen war es, das Tier. Und also an Stelle Isaaks der Widder geopfert, Dir zum Zeichen und Abraham, dort auf Morija.‹
    Nach diesen Worten aber schwieg Joseph und wartete auf Antwort von IHM.
    Da kam keine Antwort.
    Und von neuem begann Joseph:
    ›Hast Du mir nicht versprochen den Sohn? Nicht ihn mit Namen benannt mir? Nicht ihn mir verheißen – im Leergrab am Ufer des Sees? Hast Du ihn mir nicht anheimgegeben im Auftrag des Traums, den Du mir gnädig sandtest zu Beit Re’evim, als ich floh? Und zu Nazaret eindringlich, als ich heimkehrte am Ende der Flucht?
    Und mir schien: zurückgegeben hast Du ihn mir, den Sohn, den ich im ersten Sohne verlor. Hast alles darangesetzt, daß der Verlorene würde mir wiedergefunden und daß ich’s verstünde: er ist von Dir.
    Und den sollt ich jetzt rauben der Mutter? Hinausführen, töten, im Brandopfer ihn Dir zu verbrennen?
    Warne mich, Herr, daß es ein Dämon war, der in mich riß bei der Nacht. Der mich entrückte auf den Berg Sinai. Der aufschlug sein Zelt in mir und mit seiner Stimme mich wies: „Opfere Jesus!“ Als sei es Gesetz, das Befohlene, so befahl es die Stimme, Gesetz, wie es Mose empfing.
    Warne mich, Herr, daß ich nicht verrückt werde an Dir. Dich nicht verfluche unterm Druck solcher Stimme. Wie es der Hinderer nämlich sich wünscht, dem Gott einst Erlaubnis gab, Hiob zu würgen.
    Herr, befiehl diesem Satan. Gib ihm keine Gewalt über mich!‹
    Nach solchen Worten schwieg Joseph und wartete auf Antwort von IHM.
    Da kam von IHM keine.
    Von neuem aber begann Joseph und sprach zum Herrn:
    »Nicht Abraham bin ich, nicht Stammvater im Anfang. Und bin nicht Jephta, der Richter.
    Habe nichts Dir und niemanden blind zum Opfer gelobt, wenn ich wiederfände den Sohn und zurückkehrte mit ihm aus Jerusalem, den Schatz siegreich an meiner Seite.
    Sondern bin Joseph, bedenk es! Nur Mensch.
    Der hatte geopfert Dir am vierzigsten Tag nach der Geburt des Sohnes: zwei Tauben. Zwei Tauben, Du erinnerst Dich, bebend und zitternd schlagender

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