Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)
sich entzog das erste Mal und niemand ihn finden konnte, ging er hinaus, zu suchen den Berg, den Gott ihm weisen würde zur Opferstätte.
Und wie er suchte, heftete er die Augen vor sich auf den Weg, den er ging, Schritt für Schritt.
Denn darin lag seine Hoffnung: Daß, wie bei Abraham, Gott es nicht werde kommen lassen zum letzten Schritt. Nicht zur Schlachtung des Sohnes.
Denn heimlich dachte Joseph, daß mit jedem Schritt, den er suchend hinausging, nachzukommen dem Traumgeheiß, Gott ihm doch Einhalt gebieten könne: ›Joseph, kehr um!‹
Denn mit jedem Schritt hinaus, den Joseph ging, die Opferstätte zu suchen, sähe doch Gott in sein Herz, wie sein Knecht sich quält, im Hinausgehen nachzukommen Seinem Geheiß, den Sohn IHM zu opfern.
›Mit jedem Schritt, den ich vorwärts gehe, sieht Er mich doch‹, sprach Joseph bei sich. ›Denn ich verschließe mich nicht.‹
Da, es war Mittag, und er rastete am Weg im Schatten des Felsens und wollte nicht aufheben die Augen. Denn er fürchtete, den Berg zu erspähen, den Gott ihm wiese.
Und Joseph umkreiste in Gedanken, was er anzugehen im Begriff war. Und dachte:
Wie weit läßt ER es kommen? Wie weit läßt Er mich kommen, bevor Er mir Einhalt gebietet, meine Hand mir zurückhält und verwandelt das Opfer, weil Er Einsehen hat?
Weiß Er doch, daß ich den Ausgang weiß, den es bei Abraham genommen. Wie würde Er mich da nochmals prüfen wollen?
Also kann es die Prüfung nicht sein, die jetzt ansteht, die ER will. Kann nicht sein die alte, nicht Abrahams Prüfung.
Und also darf ich nicht vertrauen darauf, daß ER auch mir Einhalt gebieten wird, wie Er Abraham im Letzten Einhalt geboten.
Sondern ER will den Sohn. Will, daß ich ihn wirklich schlachte. Und wirklich ihn in Flammen setze zum Brandopfer IHM.
Dieses Grauen wär Seine Absicht?
Denn weil ich Vorwissen habe und ER weiß, daß ich’s habe und daher glaube, im Vorwissen sicher zu sein, mir werde Einhalt geboten von IHM, das Messer zurückgehalten, wenn ich’s auf die Kehle setzte dem Sohn: eben deshalb ist jetzt nichts sicher mehr.
Nicht prüft ER mich nur, daß ich bestätigt sähe das Vorgewußte.
Sondern will prüfen mich um ein Neues. Das will Er prüfen in mir und am Sohn, den Er mir damals verhieß.
Für sich aber prüft Er’s in mir, für sich.
Denn ich bin Sein Tiegel, den Er zerschmettern läßt, um sich das Neue neu zusammengesetzt zu erprüfen.
Und niemand, weder Gott, der mir sandte den Traum, noch ich, keiner von uns: soll sicher sein, wie sie ausgeht, die Probe.
Nicht sicher soll ich sein, weil ER sich’s nicht wäre?
Überm Kreisen in solchen Gedanken wuchs Josephs Angst, zerrissen in ihnen verlorenzugehen. Und zerrissen zu werden von der Prüfung, die keine wäre.
Da erhob er sich und ging weiter den Weg.
Und den Weg gehend, die Augen auf den Boden geheftet, dachte er:
Wenn ich mich weigerte Seinem Geheiß, was wäre es IHM? Bin ich doch niemand. Was will Er mit mir? Sondern, wenn ich mich weigerte, nähm ER den Sohn sich nicht doch? Jederzeit? Denn den Sohn kann Er nehmen, kann auch mich überkommen im Nu. Daß wir nicht wissen, wie uns geschieht. Kann bewußtlos uns schlagen oder uns bewußtlos, ohne Gewissen, im Zorn oder Wahn schlagen lassen auf andere.
Das kann ER. Denn wir wären gezwungen auszuführen, was Ihm und wie’s Ihm gefiele.
So aber nicht jetzt. Denn warum also käm ER zu mir im Traum und spräche im Bild und hieße mich: ›Geh hin und opfere mir den Sohn?‹
Denn ER könnte doch über mich kommen jederzeit. Mich vollständig überkommen, daß ich täte die Tat. Ausführte das Opfer – wie es Wahnsinnige tun, die, besessen von Gott, opfern ihr Opfer IHM.
Aber solches Opfern, von mir will Er’s nicht.
Sondern bei vollem Bewußtsein will Er’s von mir. Nur dann ist’s Ihm Opfer.
Nicht über mich kommt Er, überkommt mich nicht, sondern kommt zu mir, tritt heran und spricht her zu mir, Ihm gegenüber.
Also kommt Er wie einer, der rechnen würde damit, daß der andere sich weigern, ja Ihm Einhalt gebieten könnte?
Und was dann? Was droht dem, der sich weigert?
Auslöschung droht ihm, immerwährend Vernichtung dem, der so handelt.
Auskratzen würde Er meinen Namen aus Seinem Buch, und getilgt würde die Stelle, die mich, Joseph, erinnert. Die mich einschließt in Gottsicherheit als im Wort Bewahrten.
Nicht den Tod stürb ich, Joseph, nicht einen . Sondern alle Tode auf immer.
Denn die Stelle des Namens, der mich ruft: ausgekratzt leer läg
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