Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset
Höschen-Typ‹. Ich glaube, sie wollte noch weitererzählen, mir erklären, wie das alles so ablief, aber ich hatte schon kapiert. Hab mehr kapiert, als mir lieb war. ›Klar ist er ein Höschen-Typ‹, hab ich gesagt, ›muss ja als junger Typ über dem Playboy abgespritzt haben, verdammt noch mal, er ist sechzig .‹«
Sie kamen am Schild nach Fairfield vorbei. Grün, durch die Windschutzscheibe nur verwischt zu erkennen. Eine nasse Krähe hockte darauf.
»Und noch dazu alles gute Sachen«, sagte Monette. »Vieles von Victoria’s Secret aus dem Einkaufszentrum, aber auch einiges aus einer teuren Boutique namens Sweets. In Boston. Ich wusste noch nicht mal, dass es Unterwäsche-Boutiquen gibt. Hab ich jetzt dazugelernt. In diesem Schrank mussten sich einige Tausend Dollar stapeln. Und Schuhe. Zum größten Teil hochhackige Dinger. Das perfekte Heiße-Braut-Outfit. Allerdings stelle ich mir vor, dass sie ihre Bifokalbrille abgenommen hat, wenn sie sich in ihren neuesten Wonderbra und ihre Seidenhöschen geworfen hat. Aber...«
Ein Vierzigtonner überholte. Monette hatte die Scheinwerfer an und blendete unwillkürlich kurz das Fernlicht auf, als der Laster vorbei war. Der Fahrer antwortete mit den Hecklichtern. Zeichensprache der Straße.
»Aber das meiste davon war kein einziges Mal getragen worden. Das war das Beste. Es war einfach nur … einfach nur zusammengehamstert. Ich hab sie gefragt, warum sie so verdammt viel gekauft hat. Entweder wusste sie es nicht oder konnte es nicht erklären. ›War nur so eine Angewohnheit‹, hat sie gesagt. ›Irgendwie so ähnlich wie ein Vorspiel.‹ Wie gesagt, es war ihr nicht peinlich. Und sie hat sich überhaupt nicht geziert. Als würde sie sich denken: Das ist alles ein Traum, aus dem ich bald aufwachen werde. Wir haben vor dem Schrank gestanden und auf diesen Wust an Unterwäsche und Schuhen und weiß Gott noch alles gestarrt. Und dann hab ich gefragt, woher sie das Geld hatte – immerhin sehe ich am Monatsende ja die Kreditkartenabrechnungen, und da war von Sweets in Boston nichts aufgeführt -, und damit sind wir zum eigentlichen Problem gekommen. Der Veruntreuung.«
7
»Veruntreuung«, sagte der Priester. Monette fragte sich, ob das Wort hier im Beichtstuhl jemals gefallen war. Wahrscheinlich nicht. Diebstahl dagegen bestimmt.
»Sie hat für den Schulverwaltungsbezirk 19 in Maine gearbeitet«, sagte Monette. »Er ist einer der größeren, gleich südlich von Portland. Mit Sitz in Dowrie übrigens, wo auch das Range Riders liegt – die Line-Dance-Kaschemme – und das legendäre Grove Motel, nicht weit davon entfernt, in der gleichen Straße. Ziemlich bequem. Erst zum Tanzen, dann zum Fi… zum Beischlaf, alles an einem Ort. Man muss noch nicht mal mit dem Auto fahren, wenn man ein bisschen zu viel intus hat. Was bei den beiden meistens der Fall war. Tequila für sie, Whiskey für ihn. Jack Daniel’s, klar. Hat sie mir erzählt. Sie hat mir alles erzählt.«
»Ist sie Lehrerin?«
»Nein, nein – Lehrer haben keinen Zugriff auf solche Summen. Als Lehrerin hätte sie nie hundertzwanzigtausend Dollar unterschlagen können.Wir hatten den Schulinspektor und seine Frau häufig bei uns zum Abendessen, natürlich haben wir uns immer bei den Picknicks am Ende des Schuljahrs im Country Club in Dowrie getroffen.Victor McCrea. Absolvent der University of Maine. Hat mal Football gespielt. Sportlehrer. Bürstenhaarschnitt. Wurde aus Gefälligkeit wahrscheinlich so durchgereicht, aber ein netter Mann, einer von denen, die fünfzig verschiedene ›Kommt ein Mann in eine Kneipe‹-Witze erzählen können.Verantwortlich für ein Dutzend Schulen, von den fünf Grundschulen bis hin zur Muskie High. Sehr hohes Jahresbudget. Konnte im Notfall vielleicht noch vier und vier zusammenzählen. Barb war zwölf Jahre lang seine Chefsekretärin.«
Monette hielt inne.
»Barb war für das Scheckbuch zuständig.«
8
Der Regen wurde stärker. Es fehlte nicht mehr viel, und es goss in Strömen. Ganz automatisch reduzierte Monette die Geschwindigkeit auf fünfzig Meilen. Unbekümmert überholten andere Wagen auf der linken Spur, jeder zog eine Wasserwolke hinter sich her. Sollten sie doch rasen. Er hatte eine lange und unfallfreie Karriere, in der er immer das beste Herbstprogramm aller Zeiten verkauft hatte (ganz zu schweigen vom besten Frühjahrsprogramm aller Zeiten und einigen SommerÜberraschungsprogrammen, die hauptsächlich aus Kochbüchern, Ernährungsratgebern und Harry Potter
Weitere Kostenlose Bücher