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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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nach dem Riegel. Es gab keinen Riegel. Gehetzt sah sie sich um und erspähte den schlichten Holzstuhl vor dem Schreibtisch.Während Pickering sich in schlurfendem Trab an der Waschküche und dem Arbeitszimmer vorbei näherte – hatte er das Fleischermesser in der Hand?, na sicher doch -, schnappte sie sich den Stuhl und klemmte ihn unter den Türknauf. Nur eine Sekunde später rammte er die Tür mit beiden Händen.
    Hätte der Boden aus nackten Dielen bestanden, wäre der Stuhl wie eine Shuffleboard-Scheibe weggeschlittert.Vielleicht hätte sie ihn dann gepackt und Pickering damit abgewehrt: Em die furchtlose Löwenbändigerin. Sie glaubte es nicht. Auf jeden Fall war ja der Teppich da. Billiger Nylonvelours, aber dick – wenigstens das. Die gekippten Stuhlbeine gruben sich hinein und hielten, obwohl sie eine Welle durch den Teppich laufen sah.
    Pickering brüllte auf und schlug mit den Fäusten gegen die Tür. Sie hoffte, dass er dabei noch das Messer hielt; vielleicht würde er sich aus Versehen die eigene Kehle aufschlitzen.
    »Mach die Tür auf!«, brüllte er. »Mach sofort auf! Du machst alles nur noch schlimmer für dich!«
    Als ob das möglich wäre, dachte Emily, während sie zurückwich und sich umsah.Was nun? Das Fenster? Was sonst? Es gab nur die eine Tür, also musste es das Fenster sein.
    »Du machst mich noch wahnsinnig, Lady Jane!«
    Nein, du bist schon total bekloppt.
    Sie konnte sehen, dass das Fenster eines von der typischen Florida-Sorte war, nur zum Hinausschauen, nicht zum Öffnen. Wegen der Klimaanlage. Also was nun? Einfach durchhechten wie Clint Eastwood in diesen alten Italowestern? Es schien machbar zu sein; als Kind hatte sie so etwas immer begeistert, aber sie konnte sich denken, dass sie sich die Haut zerfetzen würde, falls sie es in die Tat umsetzte. Clint Eastwood und The Rock und Steven Seagal hatten Stuntmen, die für sie einsprangen, wenn die guten alten Saloonfenster-Szenen gedreht wurden. Und die Stuntmen hatten Spezialglas zur Verfügung.
    Sie hörte schnelle Schritte vor der Tür, als er Anlauf nahm und sich mit voller Wucht dagegenwarf. Es war eine schwere Tür, aber Pickering scherzte nicht, und sie bebte im Rahmen. Diesmal ruckte der Stuhl ein paar Zentimeter vor, ehe er hielt. Schlimmer noch, wieder ging die Welle durch den Teppich, und sie hörte ein Reißen, nicht unähnlich dem des sich lösenden Klebebands. Pickering war für jemanden, dem mit einem dicken Ahornprügel über den Schädel geschlagen worden war, erstaunlich lebhaft, aber natürlich war er zugleich verrückt und gerade noch genug bei Verstand, um zu wissen, dass er geliefert wäre, falls sie davonkam. Was vermutlich ein starker Ansporn war.
    Ich hätte ihm den ganzen verdammten Stuhl aufs Hirn dreschen sollen, dachte sie.
    »Du willst spielen?«, keuchte er. »Ich spiel mit. Klar doch. Da kannst du deinen Arsch drauf verwetten. Aber du befindest dich auf meinem Spielplatz. Und hier … komme ich!« Abermals donnerte er gegen die Tür. Sie bog sich im Rahmen, nun schon locker in den Angeln, und der Stuhl ruckte wieder ein paar Zentimeter vor. Em sah dunkle Tränenformen zwischen den gekippten Beinen und der Tür: Risse im billigen Teppich.
    Also raus aus dem Fenster. Wenn sie schon, aus Gott weiß wie vielen Wunden blutend, sterben sollte, dann wollte sie sie sich lieber selbst zufügen. Vielleicht... wenn sie sich in die Bettdecke wickelte …
    Dann fiel ihr Blick auf den Schreibtisch.
    »Mr. Pickering!«, rief sie, während sie den Tisch bei den Seiten packte. »Warten Sie! Ich möchte ein Abkommen mit Ihnen treffen!«
    »Keine Abkommen mit Schlampen, okay?«, sagte er gereizt, aber er hatte einen Moment innegehalten – vielleicht, um wieder zu Atem zu kommen -, und das gab ihr Zeit. Zeit war alles, was sie wollte. Zeit war alles, was sie überhaupt von ihm bekommen konnte; er brauchte ihr nicht erst zu sagen, dass er keine Abkommen mit Schlampen traf. »Was hast du denn Feines vor? Sag’s Daddy Jim.«
    Im Moment hatte sie vor, sich den Schreibtisch zunutze zu machen. Sie stemmte ihn hoch, halb in der Erwartung, dass ihre überstrapazierten Lendenwirbel einfach wie ein Ballon zerplatzen würden. Aber der Tisch war leicht, und er wurde noch leichter, als etliche mit Gummiband zusammengezurrte Packen blauer Kolleghefte herausfielen.
    »Was machst du da?«, fragte er scharf, und dann: »Lass das!«
    Sie rannte zum Fenster, bremste kurz davor ab und warf den Tisch durch die Scheibe. Der Krach des

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