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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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über ein paar andere Dinge. Hardin drängte ihn zurück. Ein College-Dozent hatte hier und jetzt nichts verloren.
    »Tja, was mache ich nur mit Ihnen?«, fragte er ehrlich verwirrt.
    »Tun Sie mir nicht weh, Mister«, sagte der Mann auf dem Boden. Er trug eine Brille.Wirklich eine Überraschung – dieses Bild hatte weder Hardin noch Dykstra vor Augen gehabt. »Tun Sie mir bitte nicht weh.«
    »Ich hab da’ne Idee.« Dykstra hätte Mir ist da gerade etwas eingefallen gesagt. »Nehmen Sie die Brille ab, und legen Sie sie neben sich auf den Boden.«
    »Warum …«
    »Schnauze! Machen Sie schon!«
    Lee, der ausgeblichene Jeans und ein Westernhemd trug (das ihm hinten aus der Hose gerutscht war und nun über den Hintern hing), griff mit der rechten Hand nach der Brille.
    »Nein, mit der anderen.«
    »Warum?«
    »Stellen Sie keine dummen Fragen. Machen Sie einfach, was ich sage. Nehmen Sie sie mit der Linken ab.«
    Lee griff mit der linken Hand nach der sonderbar zierlichen Brille und legte sie auf den Boden. Sofort trat Hardin mit dem Stiefelabsatz darauf. Etwas brach, und dann war das herrliche Knirschen von splitterndem Glas zu hören.
    »Warum haben Sie das getan?«, rief Lee.
    »Warum wohl? Haben Sie eine Pistole oder so was?«
    »Nein! Himmel, nein!«
    Hardin glaubte ihm. Wenn er denn eine Schusswaffe hatte, dann ein großkalibriges Gewehr im Kofferraum des PT Cruiser. Aber wahrscheinlich nicht einmal das. Als er vor der Damentoilette stand, hatte er sich einen Koloss von einem Bauarbeiter ausgemalt. Dieser Kerl sah eher wie ein Buchhalter aus, der dreimal die Woche in einem Fitnessstudio trainierte.
    »Ich werde jetzt mal zu meinem Auto zurückgehen«, sagte Hardin. »Den Alarm ausschalten und davonfahren.«
    »Ja. Ja, das ist eine gute I…«
    Hardin rammte dem Kerl noch einmal den Absatz ins Kreuz. Und dieses Mal legte er etwas mehr Gewicht hinein.
    »Warum halten Sie nicht einfach die Klappe? Was zum Teufel haben Sie da drin überhaupt gemacht?«
    »Ich habe ihr eine Lek…«
    Hardin trat ihm gegen die Hüfte, so fest er konnte. Erst im letzten Moment hielt er sich ein wenig zurück. Aber nur ein wenig.Vor Schmerzen und Angst stieß Lee einen lauten Schrei aus. Hardin war entsetzt über das, was er gerade getan hatte. Er hatte nicht gezögert, nicht nachgedacht. Noch mehr war er entsetzt darüber, dass er ein zweites Mal zutreten wollte, noch kräftiger. Der Schrei hatte ihm gefallen, den wollte er ein weiteres Mal hören.
    Wie sehr unterschied er sich jetzt noch von dem Lee im Scheißhaus – jetzt, da Lee vor ihm auf dem Boden lag und das Licht aus der Toilette einen Schatten diagonal über dessen Rücken warf? Allem Anschein nach nicht besonders. Und wenn schon! Die Frage war müßig – dergleichen taugte höchstens als Pointe in einem Fernsehspiel. Eine weit interessantere Frage ging ihm durch den Kopf. Er fragte sich, wie fest er den guten Lee-Lee gegen die linke Schläfe treten konnte, ohne dass die Treffgenauigkeit auf Kosten seines Schwungs ging.Voll aufs Ohr – ka-wumm! Er fragte sich auch, wie sich das anhören würde. Außerordentlich befriedigend, wahrscheinlich. Natürlich könnte es sein, dass der Kerl dabei draufging, aber das wäre nun wirklich kein Verlust, oder? Und wer würde jemals davon erfahren? Ellen? Die konnte ihn mal.
    »Du hältst jetzt lieber das Maul, Freundchen«, sagte Hardin. »Wenn ich dir einen guten Rat geben darf: Halt einfach die Klappe! Und wenn der Autobahnbulle hier aufkreuzt, kannst du ihm erzählen, wozu du Lust hast.«
    »Warum gehen Sie nicht einfach? Und lassen mich in Ruhe. Sie haben meine Brille kaputt gemacht – reicht das nicht?«
    »Nein«, sagte Hardin wahrheitsgetreu. Er überlegte kurz. »Wissen Sie was?«
    Lee ging nicht auf die Frage ein.
    »Ich werde jetzt in aller Ruhe zu meinem Wagen rüberlaufen. Wenn Sie wollen, können Sie mir folgen. Dann machen wir die Sache unter uns aus.Von Angesicht zu Angesicht.«
    »Ja, klar doch!« Lee lachte, und dabei liefen ihm Tränen über die Wangen. »Ohne Brille seh ich’nen Scheiß!«
    Hardin schob sich seine Brille nach oben. Er musste nicht mehr pinkeln. Wirklich merkwürdig, das. »Schauen Sie sich doch mal an«, sagte er. »Schauen Sie sich doch nur mal an.«
    Etwas an seinem Tonfall musste Lee in die Glieder gefahren sein, Hardin konnte in dem silbernen Mondlicht nämlich sehen, wie der Mann zu zittern anfing. Aber er sagte nichts, was unter den Umständen vermutlich äußerst klug war. Und der Mensch, der

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