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Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset

Titel: Sunset - King, S: Sunset - Just After Sunset Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Schriftsteller so etwas immer tun, wenn sie nicht gerade schreiben.
    Dykstras Handy steckte im Ladegerät im Auto. Er dachte daran, – leise! – zu seinem Jaguar zurückzulaufen und die Polizei anzurufen. Er musste nur *99 wählen. Das prangte auf den Schildern, die alle paar Meilen am Rand der Autobahn standen: BEI EINEM UNFALL BITTE *99 ANRUFEN. Aber natürlich war nie ein Bulle in der Nähe, wenn man einen brauchte. Der nächste Streifenwagen wäre irgendwo in Bradenton oder vielleicht in Ybor City unterwegs, und bis der Polizist hier war, hatte diese kleine Rodeo-Show längst ihr blutiges Ende gefunden.
    Aus der Damentoilette drang jetzt ein gedämpftes Hicksen und immer wieder ein leises Würgen. Eine der Kabinentüren knallte. Die Frau wusste ebenso gut wie Dykstra, dass Lee es ernst meinte. Es würde genügen, dass sie sich noch einmal übergab, und er würde wieder ausrasten. Dieses Mal würde er die Sache zu Ende bringen. Und wenn sie ihn fassten? Sein Anwalt würde auf Totschlag plädieren. Er habe nicht mit Vorsatz gehandelt. In fünfzehn Monaten wäre er vielleicht wieder draußen, um mit Ellens jüngerer Schwester auszugehen.
    Geh zu deinem Auto zurück, John. Geh zu deinem Auto zurück, setz dich hinter das Steuer und verschwinde von hier. Das Beste ist, du redest dir ein, dass das alles nicht passiert ist. Und achte darauf, dass du in den nächsten Tagen keine Zeitung liest oder Nachrichten schaust. Mach schon. Jetzt, sofort. Du bist Schriftsteller, kein Raufbold. Du bist eins fünfundsiebzig groß, wiegst achtzig Kilo, hast eine kaputte Schulter, und wahrscheinlich machst du sowieso alles nur noch schlimmer. Also steig in dein Auto, und schick ein Stoßgebet gen Himmel – vielleicht gibt es ja einen Gott, der auf Frauen wie Ellen achtgibt.
    Er wollte sich schon umdrehen, da kam ihm eine Idee.
    Der Hund war nicht real. Rick Hardin dagegen schon.
     
    Ellen Whitlow aus Nokomis war in eine der Toilettenkabinen gestolpert und mit gespreizten Beinen auf der Kloschüssel gelandet. Der Rock war ihr hochgerutscht, na klar, schließlich war sie ein Flüttchen, und Lee setzte ihr nach, um sie an den Ohren zu packen, damit er ihren Kopf gegen die Fliesen knallen konnte. Ihm reichte es. Er würde ihr eine Lektion erteilen, die sie so schnell nicht vergaß.
    Allerdings war er nicht mehr in der Lage, einen zusammenhängenden Gedanken zu fassen.Vor seinem geistigen Auge sah er nur noch rot. In seinem Kopf waberte ein Singsang – eine Stimme, die wie Steven Tyler von Aerosmith klang: Ain’t my baby anyway, ain’t mine, ain’t mine, you ain’t pinning it on me, you fuckin’ hoor.
    Das Kind ist nicht von mir, nicht von mir, nicht von mir, das hängst du mir nicht an, du mieses Flüttchen.
    Er ging drei Schritte, und in dem Moment fing irgendwo ganz in der Nähe eine Autohupe an zu blöken und brachte ihn aus dem Rhythmus, er konnte sich nicht mehr konzentrieren, plötzlich wusste er wieder, wo er war, und sah sich suchend um: Mööp! Mööp! Mööp! Mööp!
    Die Alarmanlage, dachte er, und sein Blick glitt vom Eingang der Damentoilette zu der Frau, die in der Kabine kauerte. Zur Fotze in der Kotze. Unschlüssig ballte er die Hände zu Fäusten. Dann deutete er unvermittelt mit dem rechten Zeigefinger auf sie, der Nagel lang und dreckig.
    »Eine Bewegung, und du bist tot, Schlampe«, sagte er und wandte sich dem Eingang zu.
    Der Parkplatz war fast ebenso hell erleuchtet wie das Scheißhaus, aber in der Nische zwischen den beiden Seitenflügeln war es dunkel. Für einen Moment konnte er nichts sehen, und da traf ihn etwas zwischen den Schulterblättern. Er taumelte zwei Schritte vorwärts, bevor er über etwas stolperte – ein Bein – und der Länge nach aufs Betonpflaster knallte.
    Keine Pause, kein Zögern. Jemand trat ihm mit einem Stiefel gegen den Oberschenkel, so dass sich der große Muskel dort verkrampfte, und dann weiter oben in den Hintern, fast schon ins Kreuz. Er wollte sich aufrappeln …
    »Nicht umdrehen, Lee«, sagte eine Stimme von oben. »Ich hab ein Montiereisen in der Hand. Bleiben Sie auf dem Bauch liegen, oder ich schlage Ihnen den Schädel ein.«
    Lee bewegte sich nicht, hielt nur die Hände weit ausgestreckt, bis sie einander fast berührten.
    »Kommen Sie da raus, Ellen«, sagte der Mann, der ihn niedergeschlagen hatte. »Wir haben keine Zeit, um herumzutrödeln. Kommen Sie, bitte.«
    Keine Reaktion. Dann die belegte, zitternde Stimme von dem Flüttchen: »Haben Sie ihm etwas getan?

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